Die Führung von Mitarbeitern braucht Methode: Denn hierbei kann viel gewonnen, aber auch viel verloren werden. Lernt jetzt moderne und traditionelle Führungsstile kennen.
Führungsstile: Infos, Vor- und Nachteile
Die erste wichtige Unterscheidung:
Führungsstile nach Kurt Lewin:
Führungsstile nach Max Weber:
Moderne Führungsstile: Von agil bis vernetzt:
Führungsstile anwenden und kombinieren:
Agil, kooperativ oder lieber distanziert-hierarchisch? Das Führungsverhalten sollte zu euch und eurer Unternehmenskultur, aber auch zu den aktuellen Zeiten passen. (Foto: Unsplash)
Bei Führungsstilen wird grundlegend zwischen dem personenorientierten und dem aufgabenorientierten Führungsstil unterschieden.
Die folgenden Führungsstile finden sich innerhalb dieses Spektrums entweder als Mischform beider Stile oder tendieren stärker in die eine oder andere Richtung.
Der Urvater der Führungsstile Kurt Lewin gilt als Vater der Führungsstil-Forschung. Bereits 1939 untersuchten er und sein Team, welche Führungsstile beim Menschen beliebt sind.
Beim autoritären Führungsstil treffen die Führungskräfte Entscheidungen und delegieren sie als Anweisungen an Mitarbeiter weiter. Diese haben wenig bis keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung.
Der autoritäre Führungsstil verlangt viel Disziplin und Gehorsam. Zeigt das Personal sich damit einverstanden, ist er sehr effektiv. Allerdings möchten viele Mitarbeiter in der heutigen Zeit keine reinen Befehlsempfänger mehr sein, sondern aktiv mitgestalten – insbesondere bei dynamischen Unternehmen wie Start-ups.
Dieser Führungsstil ist in vielen Start-ups beliebt, da er das Um-die-Ecke-Denken fördert und so das Teampotenzial für kreative Lösungsvorschläge nutzt. Denn beim kooperativen Führungsstil bezieht ihr eure Mitarbeiter in sämtliche Prozesse von der Ideenentwicklung bis zur Entscheidungsfindung und Umsetzung mit ein. Der Nachteil ist jedoch, dass die damit verbundenen flachen Hierarchien Entscheidungsprozesse hinauszögern oder beim Aufkommen von Konflikten blockieren können.
Entscheider geben bei diesem Führungsstil lediglich Ziele vor, die das Team bis zum Ende des Tages, der Woche oder des Quartals erledigen soll. Allerdings kann das auch nach hinten losgehen und zu einem heillosen Durcheinander führen, in dem niemand weiß, wer wofür verantwortlich ist. Der Laisser-faire-Führungsstil sollte daher nur angewendet werden, wenn ihr eure Mitarbeiter über ein hohes Maß an Selbstorganisation und -disziplin sowie Teamfähigkeit verfügen.
Max Weber war einer der bekanntesten Soziologen. Im Zuge seiner wissenschaftlichen Arbeit hat er sich auch mit Führungsstilen beschäftigt.
Der Patriarch ist der Entscheider, Mitarbeiter werden nicht eingebunden, sondern führen Anweisungen aus. Insofern ähnelt der patriarchalische Führungsstil dem autoritären Führungsstil – mit einem wesentlichen Unterschied: Der Patriarch übernimmt eine gewisse Fürsorge für die Mitarbeiter, anders als in großen Konzernen sind diese nicht nur austauschbare Arbeitskräfte. Dafür fordert er absolute Linientreue, Loyalität und Gehorsam. Der patriarchalische Führungsstil findet sich in traditionsreichen Familienunternehmen, auch in Form eines matriarchalischen Führungsstils, wenn eine Frau an der Spitze steht. Ob Patriarch oder Matriarch: Diese Form des Führungsstils vereint sich nach strenger Hierarchie in einer Person, in Ausnahmefällen auch in Form von Geschwistern.
Der autokratische Führungsstil ist dem Grunde nach gleichzusetzen mit dem autoritären Führungsstil: Einer hat das Sagen und wer nicht spurt, muss mit Sanktionen bis hin zur Kündigung rechnen. In westlichen Demokratien mit Arbeitsschutzgesetzen ist der autokratische Führungsstil Vergangenheit, zumindest in dieser offensiven Form. Doch ist sowohl in mittelständischen Unternehmen als auch in Start-ups eine subtilere Form des autokratischen Führungsstils hin und wieder zu beobachten.
Dass traditionelle Führungsstile nur nach dem Tow-Down-Prinzip funktionieren, stimmt nicht. Es gibt auch andere Wege. (Foto: Unsplash)
Grundlage hierfür ist die Ausstrahlung des Entscheiders. Wenn ihr euer Team inspirieren und motivieren, ja geradezu mitreißen könnt, pflegt ihr einen charismatischen Führungsstil.
Damit das gelingt, braucht es eine Leitfigur. Charismatische Führungskräfte zeichnen sich durch ausgeprägtes visionäres Denken sowie eine starke Rhetorik aus: Sie machen damit eine glänzende Figur u. a. bei Elevator Pitches oder Verkaufsgesprächen. Dieser Führungsstil birgt jedoch auch das Gefahrenpotenzial der Ver-führung, da emotional stark einnehmende Menschen nicht zwingend die besten Absichten verfolgen oder Entscheidungen treffen.
Homeoffice, flache Hierarchien, Achtsamkeit und Sinnstiftung: New Work verlangt nach neuen Führungsstilen. Die gibt es bereits – unter dem Begriff Agile Leadership.
Bei der agilen Führung werden Entscheidungen zügig und dynamisch getroffen. Wer agil führt, kann effizient und effektiv auf plötzliche Veränderungen am Markt reagieren, sich auf den Kundennutzen fokussieren und bei alldem die Mitarbeiter motivieren.
Möglich wird dies durch eine Aufgeschlossenheit sowohl gegenüber Veränderungen als auch über eine Fehler- und Feedbackkultur. Anstelle des Top-down-Prinzips gibt es einen Austausch zwischen Führung und Mitarbeitern zur Konsentfindung.
Agile Führung bedeutet nicht, dass es gar keine Führung gibt. Sie findet nur flexibler statt, indem sie stärker auf die Bedürfnisse von Mitarbeitern eingeht als klassische Führungsstile. Um das leisten zu können, sollte die Führungskraft selbst mit gutem Beispiel vorangehen und die Unternehmenswerte leben, anstatt deren Umsetzung lediglich vom Team einzufordern.
Ein weiterer wichtiger Faktor für agile Führung ist die Selbstorganisation in Teams: Die Mitarbeiter sind selbst gefragt, um mit Kreativtechniken und gemeinsam in der Gruppe Lösungen zu finden. Der Chef wird so zum Sparring-Partner, mit dem die Ideen konstruktiv diskutiert werden.
Adaptive Führungskräfte erkennen die Stärken, Potenziale, aber auch Grenzen ihrer Mitarbeiter sowie deren Unterschiedlichkeit. Sie koordinieren Projekte so, dass alle Teammitglieder die zu ihnen und der Situation passenden Aufgaben so erledigen können, dass sie dabei ihre Talente nutzen. Die Führungskraft ist bei diesem Führungsstil verständnisvoller Zuhörer und Koordinator in einem.
Ziel der innovativen Führungskraft ist es nicht, selbst Innovationen zu entwickeln, sondern eine Umgebung dafür zu schaffen, dass Mitarbeiter innovativ sein können. Dazu gehört sowohl die Zusammenstellung der Mitarbeiter zu passenden Teams als auch die massive Steigerung der Selbstverantwortung. Zwar bekommen die Mitarbeiter weniger Handlungsanweisungen, sondern Impulse. Allerdings sind die Erwartungen hoch, denn die kreativen Einfälle sollen von ihnen selbst kommen.
Der integrative Führungsstil konzentriert sich darauf, bei Mitarbeitern vorhandene Potenziale als solche zu erkennen und gezielt in die Unternehmensprozesse zu integrieren – auch und insbesondere dann, wenn es bislang noch keine entsprechenden Aufgabenfelder gab. So liegt kein Potenzial brach, stattdessen wird es genutzt und gefördert. Die Voraussetzung für ein Gelingen ist wie beim adaptiven Führungsstil, dass die Führungskraft die Mitarbeiter und deren Potenziale kennenlernt. Integrativ ist bei diesem Führungsstil auch, dass mehrere verschiedene Stile miteinander verschmelzen.
Hier hat jeder Mitarbeiter einen Anteil an der Führung. Für Kollegen mit guten Einfällen bieten sich so zahlreiche Chancen, um gestalterisch am Unternehmen mitzuwirken und einen erheblichen Beitrag an der Wertschöpfung zu leisten. Allerdings hat die Führungskraft das letzte Wort und entscheidet, ob Maßnahmen umgesetzt werden oder nicht.
Binnen weniger Wochen hat die Corona-Krise Millionen Menschen in das Homeoffice geschickt. Aber auch unabhängig von Corona gibt es immer mehr Remote-Jobs und Start-ups ohne Büro. Alte Führungsstile funktionierten unter den neuen Arbeitsbedingungen nicht mehr, denn es ist schwierig bis unmöglich, einen autoritären Führungsstil an den Tag zu legen, wenn die Mitarbeiter daheim sind.
So kam bei Führungskräften zwangsläufig die Frage auf:
Wie führt man ein Team virtuell bzw. digital?
Der wichtigste Punkt beim vernetzten Führungsstil ist Klarheit: Da der Austausch am Schreibtisch oder in der Kaffeeküche entfällt, braucht es einen glasklaren Plan, bei dem keine Zweifel aufkommen, wer was an jedem Arbeitstag zu tun hat. Unverzichtbar sind hierfür regelmäßige virtuelle Meetings, bei denen die Meeting-Agenda Punkt für Punkt durchgesprochen wird.
Die elektronische Kommunikation über Videokonferenzen, E-Mail sowie Telefon sollte fließend und störungsfrei ablaufen, damit eine Zusammenarbeit gelingt. Zu klären ist, wer über welche Wege mit wem kommuniziert und wann: Meetings müssen geplant werden und es braucht ein Kollaborationstool, mit dem das Team gut zurechtkommt. Digitale Apps für das Büro sollten von jedem genutzt werden können, hierfür braucht es je nach Kenntnisstand Weiterbildungen.
Eine besondere Herausforderung bei der virtuellen bzw. digitalen Führung stellt der Umgang mit Konflikten dar. Im Idealfall vermeidet ihr deren Entstehung von vornherein durch Transparenz: Bindet Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse ein, um das Engagement zu steigern und Abläufe im Unternehmen für alle nachvollziehbar zu kommunizieren.
Die Kombination verschiedenster Führungsstile ist nicht nur möglich, sondern häufig auch empfehlenswert. So kann ein zeitweise autoritär genutzter Führungsstil genau richtig sein, wenn sich euer Start-up in einer schwierigen Situation wie einer Unternehmenskrise befindet. Das strenge Regiment sollte aber nicht der Normalzustand sein. Besser ist es, eine Unternehmenskultur zu etablieren, in der ihr eure Mitarbeiter wertschätzt und mit ihnen regelmäßig in Dialog tretet.
Den richtigen Mix als Führungskraft zu finden, ist ein hoher Anspruch. Aus gutem Grund hat sich rund um dieses Thema eine große Coaching-Industrie aufgebaut. Wichtig ist vor allem, dass ihr nicht jeden Tag oder jede Woche zwischen den verschiedenen Stilen hin und her springt. Das macht euch unberechenbar und verunsichert eure Mitarbeiter. Praktiziert lieber die situative Führung: Welcher Führungsstil ist in der aktuellen Situation der richtige? Und welcher ist der maßgebliche, der im Alltag zum Einsatz kommt?
Es gibt drei Faktoren, die bei der Findung des vorherrschenden Führungsstils eine zentrale Rolle spielen:
Der Führungsstil muss mit allen drei Faktoren harmonieren. Nur dann ist Leadership glaubwürdig, überzeugend und auch langfristig erfolgreich. Die Suche nach dem passenden Führungsstil beginnt also immer beim Menschen: bei der Führungskraft sowie den Mitarbeitern. Je besser die Beteiligten sich selbst und einander kennen, desto eher gelingt die Führung und desto höher ist auch die Bereitschaft des Teams, sich führen zu lassen.