Factoringvertrag: so vermeiden Sie Fallstricke

Rechte und Pflichten zwischen dem Factoringanbieter und dem Unternehmen regelt der Factoringvertrag. Manche Factoringgesellschaften tendieren dazu, die Kosten der Factoringdienstleistung in viele kleine Bestandteile zu zerlegen, so dass versteckte Kosten entstehen. Fallstricke dieser Art gilt es zu vermeiden. Daher ist es wichtig, dass Sie sich im Vorfeld intensiv mit dem Factoringvertrag auseinandersetzen.

Wir zeigen Ihnen die wichtigen Punkte und stellen ein Muster eines Factoringvertrags vor. Im Vergleich dazu regeln neue Start-ups im Bereich Factoring oftmals die Zusammenarbeit ohne Factoringvertrag, weil diese sich nicht zum Kauf sämtlicher Rechnungen verpflichten.

Von
Chefredakteur

Chefredakteur: René Klein
Für-Gründer.de Redaktion

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.

Wichtige Bestandteile für den Factoringvertrag

Das Instrument des Factoring als Form der Rechnungsvorfinanzierung ist gerade bei kleineren Unternehmen und bei Gründern bis dato eher unbekannt. Doch bietet es gerade den kleinen Unternehmen sehr viele Chancen. Damit Sie einen Factoringvertrag richtig einschätzen können, zeigen wir Ihnen, worauf es ankommt.

Nachfolgend haben wir für Sie die wichtigsten Bestandteile, die im Factoringvertrag enthalten sind, in einer Übersicht zusammengestellt:

Typische Regelungen im Factoringvertrag

  • Vertragsgegenstand: eine fällige Rechnung
  • Umfang des Vertrags: Verpflichtet der Factoringvertrag Sie, alle Rechnungen zu verkaufen oder oder können Sie wählen, welche Rechnungen welcher Kunden über Factoring abgewickelt werden sollen?
  • Regelung über das Ausfallrisiko: Ist das Factoring echt oder unecht?
  • Höhe der Abschlagszahlung, Höhe des Sicherheitseinbehaltes
  • Ermittlung der Factoringgebühr
  • Wie ist der Ablauf des Factorings geregelt?
  • Gibt es eine Ablehnungsklausel für einzelne Rechnungen?
  • Gibt es Klauseln für den Fall des Zahlungsausfalls?
  • Laufzeit und Kündigungsfrist

Vertragsgegenstand: eine fällige Rechnung

Gegenstand eines Factoringvertrages ist immer eine fällige Rechnung, für die Sie als Unternehmer die Leistung erbracht haben. Häufig verlangen Factoringgesellschaften daher Leistungsnachweise oder fragen den Wertbestand der Rechnung bei Ihrem Kunden ab.

Umfang des Factoringvertrages

Verpflichten Sie sich durch den Factoringvertrag, sämtliche Rechnungen an das Factoringunternehmen für die Dauer der Vertragslaufzeit zu verkaufen? Oder können Sie selektiv vorgehen? Eine wichtige Regelung, die entscheidet, wie flexibel Sie in der Zukunft agieren können.

Regelung des Ausfallrisikos

Handelt es sich gemäß Factoringvertrag um echtes oder unechtes Factoring? Diese Regelung entscheidet, wer das Zahlungsausfallrisiko trägt. Beim echten Factoring trägt die Factoringgesellschaft das Ausfallrisiko, beim unechten Factoring tragen Sie es. Lesen Sie dazu mehr im Abschnitt "Echtes versus Unechtes Factoring".

Höhe der Abschlagszahlung

Dieser Punkt ist wichtig für Ihre kurzfristige Liquidät. Wieviel zahlt Ihnen die Factoringgesellschaft aus? Gibt es feste Abschlagssätze oder wird das pro Rechnung entschieden. Nach welchem Zeitraum wird der Rest ausbezahlt?

Regelungen zum Ablauf

Auch diese Punkte sind wichtig im Factoringvertrag, damit Sie Ihre Prozesse im Backoffice entsprechend gestalten. Hier wird zum Beispiel geregelt, wer das Debitorenmanagement übernimmt, wie im Falle von Zahlungsstörungen verfahren wird, wie Inkasso und das Mahnwesen aussehen.

Ablehnungsklauseln

Bei zweifelhafter Bonität lehnen Factoringgesellschaften den Ankauf von Rechnungen ab. Was in einem solchen Fall passiert, sollte im Factoringvertrag ebenfalls geregelt sein.

Klauseln zum Fall des Zahlungsausfalls

Beim echten Factoring übernimmt die Factoringgesellschaft das Risiko des Zahlungsausfalls. Trotzdem finden sich in manchen Factoringverträgen Klauseln dazu, wenn dieser Extremfall eintritt. Vereinzelt gibt es Regelungen zu "Strafgebühren" für den Fall, dass die Rechnung platzt. Klären Sie auch diesen Punkt vor Vertragsabschluss ab.

Laufzeit und Kündigungsfrist

Häufig weist ein Factoringvertrag eine Vertragsdauer von 1 bis 3 Jahren auf. Die Kündigungsfristen betragen häufig 3 Monate. Beachten Sie genau, für welche Zeit Sie sich festlegen und legen Sie Termine in Ihrem Zeitplansystem an, falls Sie mit einem Anbieter nicht zufrieden sind.

Die Gebührensituation in Factoringverträgen ist häufig sehr kleinteilig. Daher widmen wir den nächsten Abschnitt diesem entscheidenden Thema.
 

Regelungen zu Factoringgebühren - häufig sehr unübersichtlich

Die Factoringgebühren können Sie in der Regel nicht exakt planen. Nach einiger Zeit der Zusammenarbeit liegen Ihnen aber Erfahrungswerte vor, die Sie als Schätzwerte in Ihre Planung einbauen können. Aber häufig herrscht ein sehr großes Gebührenwirrwarr. Daher hier eine Liste, mit welchen Gebühren Sie im Factoringvertrag konfrontiert werden können:

  • Eine Factoringgebühr pro Rechnung, abhängig von der Bonität Ihres Kunden
  • Factoringgebühr, die vom Jahresumsatz Ihres Unternehmens abhängt
  • Zinsen für die Dauer von Rechnungsankauf und Rechungsbezahlung
  • Prüfgebühr, die von der Anzahl der Debitoren abhängt
  • Implementierungsgebühren bei Beginn der Zusammenarbeit
  • Auditgebühren für die Prüfung Ihrer Buchhaltung durch die Factoringgesellschaft
  • Fixe Bearbeitungsgebühren pro Rechnung
  • Gebühren für die Anlage eines Debitors

Factoringgesellschaften können erfinderisch sein, was versteckte Kosten und Gebühren im Factoringvertrag angeht. Vergleichen Sie daher gründlich Ihre Anbieter und versuchen Sie, möglichst viele dieser versteckten Gebühren wegzuverhandeln.

Insbesondere vor einer Sache müssen Sie sich in Acht nehmen. Das sind Factoringvorverträge.

Vorsicht Factoringvorvertrag!

Warum sogenannte Factoringvorverträge problematisch sind, zeigen wir Ihnen an folgendem Beispiel.

Sie wollen Factoring im Unternehmen einführen und wenden sich an eine Factoringgesellschaft. Factoringgesellschaft A bietet zunächst einen Vorvertrag an, mit dem Sie sich zur Zusammenarbeit verpflichten. Der Vorvertrag sei notwendig, so die Factoringgesellschaft, um Bonitätsprüfungen vornehmen zu können. Der eigentliche Factoringvertrag, so die Gesellschaft A weiter, werde nach Prüfung zeitnah versendet. Drei Wochen vergehen. Sie wollen nicht länger warten und schließen mit der Gesellschaft B ab, die das Ganze schneller regelt. Factoringgesellschaft A reagiert prompt. Sie erhalten eine Rechnung über eine Strafgebühr, weil Sie gegen die Regelung des Factoringvorvertrages verstoßen haben, nicht mit anderen Gesellschaften abzuschließen.

Factoringvorverträge sind problematisch:

  • Sie binden sich einseitig an einen Anbieter, ohne dass dieser Leistungen erbringen muss.
  • Sie verlieren dadurch Zeit, die Sie bei angespannter Liquiditätssituation nicht haben.
  • Sie riskieren Strafgebühren, um aus dem Vorvertrag herauszukommen.

Daher Finger weg von Vorverträgen. Informieren Sie sich gründlich. Schalten Sie Ihren Steuerberater oder Rechtsanwalt ein, bevor Sie einen solchen Vertrag unterzeichnen. Informieren Sie sich auch bei sogenannten Factoringberatern, die damit werben, unabhängig von Factoringgesellschaften eine objektive Beratung durchzuführen.

Tipp

Welcher ist der beste Factoring-Anbieter? Wir haben 7 Anbieter in unserem großen Factoring-Vergleich unter die Lupe genommen.

Zum Factoring-Vergleich

Factoringrahmenvertrag versus Einzelvertrag pro Rechnung

Auf dem Factoringmarkt gibt es mittlerweile zwei grundsätzliche Varianten. Die einen Gesellschaften arbeiten mit Rahmenverträgen, bei denen Sie sich als Unternehmer an eine Gesellschaft binden. Trotz der Bindung an die Gesellschaft, hat die Gesellschaft das Recht, jede einzelne Rechnung gesondert zu betrachten und bei kritischer Bonitätslage den Ankauf der Rechnung verweigern.

Moderne, innovative Factoringanbieter gehen anders vor. Sie arbeiten ohne Rahmenverträge. Der Kunde registriert sich online und bietet anschließend seine Rechnungen zum Kauf an. Was wir hier haben, sind Ankaufsverträge pro Rechnung gemäß einheitlicher Bedingungen. Es existiert eine einzige Factoringgebühr.

Die folgende Übersicht vergleicht die unterschiedlichen Ansätze und Vertragsstrategien.

Strategien der Vertragsgestaltung bei Factoringanbietern
  klassische Factoringgesellschaften Online Factoringanbieter
Rahmenvertrag? Ja Nein
Kosten der Registrierung? Möglich, sogenannte Implementierungsgebühren

Nein, kostenlose Registrierung

Regelung der Gebühren? oft sehr kleinteilig, viele Gebührenbestandteile, 
Gefahr der verstecken Kosten
eine Gebühr pro Rechnung
Vertragslaufzeit? 1 bis 3 Jahre, häufig mit
dreimonatiger Kündigungsfrist
kurzfristig kündbar
echtes oder unechtes 
Factoring?
beides möglich
Ablehnungsklausel? In beiden Fällen kann der Ankauf einer Rechnung
abgelehnt werden, wenn der Rechnungsempfänger
nicht über die notwendige Bonität verfügt.

Muster für den Factoringvertrag

Nachfolgend finden Sie ein Vertragsmuster zum Download. Das Muster für den Factoringvertrag stammt aus einem Juraforum und wird regelmäßig aktualisiert. Es wird dort auch zum Download angeboten. Viele Factoringgesellschaften bieten Ihnen die Möglichkeiten, Musterverträge zur vorherigen Einsicht und Information einzusehen.

Tipp

Hier können Sie den Factoring-Mustervertrag herunterladen.

Jetzt herunterladen

Fazit: sind Punkte im Factoringvertrag verhandelbar?

Lassen Sie uns den Abschnitt zum Thema Factoringvertrag zusammenfassen. Klassische Factoringgesellschaften arbeiten mit Factoringrahmenverträgen. Diese binden Sie als Unternehmer mittelfristig mit Laufzeiten von 1 bis zu 3 Jahren. Die Gebührenregelung in diesen Rahmenverträgen ist häufig unübersichtlich. Wichtig zu wissen: Viele der Vertragsbedingungen sind verhandelbar. 

Vorsicht vor Factoringvorverträgen, bei denen Sie Zeit verlieren und die Zusatzkosten verursachen können. In jedem Fall sollten Sie Ihren Steuerberater oder Rechtsanwalt vor Vertragsunterzeichnung hinzuziehen. Vergleichsweise einfach dagegen regeln neuere Factoringanbieter die Zusammenarbeit. Sie registrieren sich online, die Zusammenarbeit erfolgt von Rechnung zu Rechnung, es gibt eine einzige Gebühr. Informieren Sie sich dazu näher im Abschnitt Factoringanbieter.

Chefredakteur: René Klein

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.