1550 gegründet Casimir Kast Insolvenz: Nach 475 Jahren vor dem Aus

Familienunternehmen meldet Insolvenz an
Die Casimir Kast Verpackung und Display GmbH, ein familiengeführter Traditionsbetrieb aus Gernsbach, hat am 3. September 2025 Insolvenz angemeldet — nach erstaunlichen 475 Jahren Unternehmensgeschichte. Das Amtsgericht Baden-Baden hat Dr. Dirk Pehl (Schultze & Braun) zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, der gemeinsam mit Dr. Jürgen Erbe derzeit die wirtschaftliche Lage des Traditionsunternehmens analysiert und mögliche Sanierungsoptionen prüft.
Dr. Pehl beschreibt das Ziel klar: "Casimir Kast ist ein wichtiger Arbeitgeber und fest in der Region verwurzelt. Unser Ziel ist, das Unternehmen wieder auf ein wirtschaftlich solides Fundament zu stellen und ihm eine dauerhafte Perspektive zu ermöglichen."
475 Jahre Firmengeschichte
Die Wurzeln von Casimir Kast reichen bis ins Jahr 1550 zurück, als Jacob Kast in Gernsbach mit Holzhandel und Flößerei begann. Sein Sohn baute das Geschäft weiter aus und machte die Firma zu einem der größten Privatunternehmen Südwestdeutschlands.
Doch Kriege wie der Dreißigjährige Krieg und der Pfälzische Erbfolgekrieg schwächten das Geschäftsmodell, sodass sich das Unternehmen auf den regionalen Holzhandel beschränkte.
Mit der Industrialisierung änderte sich das Bild. Aus dem Schifferbetrieb wurde ein modernes Sägewerk, das zunächst von Wasserrädern, später von Dampfmaschinen angetrieben wurde. 1869 gründete Heinrich-Adolf Casimir Kast die Casimir Kast KG, die sich in den folgenden Jahrzehnten stark entwickelte. Unter Adolf Kast entstanden Produkte aus Holzabfällen, darunter Zigarrenkisten und Wickelpappen. Der Durchbruch gelang 1910 mit der "Original Kast-Kiste", einer stabilen und stapelbaren Verpackung, die bis zum Zweiten Weltkrieg als Standard galt.
Nach 1945 erkannte das Unternehmen den neuen Zeitgeist: Verpackung war nun nicht nur Schutz, sondern auch Werbeträger. In den 1960er-Jahren investierte Casimir Kast in moderne Produktionslinien für Drucken, Stanzen und maschinelles Kleben. 1986 wurde die Verpackungssparte in die Casimir Kast Verpackung & Display GmbH ausgegliedert, die sich auf Versandkartonagen, Displays und Kaschierung spezialisierte.
In den 1990er-Jahren folgte die Gründung einer Tochterfirma für Displays. Unter der Führung von Christian Oetker-Kast, der 2002 in die Geschäftsführung eintrat, investierte der Betrieb Millionen in neue Maschinen, eigene Wellpappeproduktion und nachhaltige Technologien. Partnerschaften mit Spezialisten wie Rack & Schuck verbesserten die Prozesskette.
Auch Digitalisierung, Automatisierung und klimaneutrale Produktion hielten Einzug. Bis zuletzt galt Casimir Kast als innovativer Mittelständler mit langer Tradition und moderner Ausrichtung.

Steigende Kosten, verhaltene Konsumlaune: Der Weg in die Krise
Die Insolvenz von Casimir Kast ist die Folge einer langanhaltenden Belastung durch äußere Rahmenbedingungen. Bereits 2022 hatte das Unternehmen noch einmal kräftig investiert: Rund zehn Millionen Euro flossen in die Standortsicherung, unter anderem in eine moderne Druckmaschine und ein eigenes Stromkraftwerk mit Photovoltaikanlage.
Doch die konjunkturelle Flaute in Deutschland, die verhaltene Konsumlaune sowie drastisch gestiegene Kosten für Material und Energie führten zu einer immer angespannten Liquiditätslage. Zwar konnten Teile der Mehrkosten an Kunden weitergegeben oder durch Neugeschäft kompensiert werden, insgesamt reichte dies aber nicht aus, um die wachsende Belastung aufzufangen.
Am Ende blieb der Insolvenzantrag unumgänglich. Geschäftsführer Christian Oetker-Kast beschreibt offen: "Der Insolvenzantrag markiert einen Einschnitt in unserer jahrhundertelangen Unternehmensgeschichte."
5 Learnings für Unternehmer und Familienbetriebe
Aus der Insolvenz eines so traditionsreichen Unternehmens lassen sich mehrere Lehren ziehen.
1. Frühzeitig Risiken erkennen
Die Insolvenz zeigt, wie gefährlich es ist, steigende Kosten und sinkende Nachfrage zu unterschätzen. Unternehmer sollten laufend analysieren, wie sich externe Faktoren wie Energiepreise oder Konsumverhalten auf ihr Geschäftsmodell auswirken. Wer frühzeitig reagiert, kann Gegenmaßnahmen einleiten, bevor die Liquidität ins Wanken gerät.
2. Modernisierung allein reicht nicht
Casimir Kast hat massiv in Technik, Nachhaltigkeit und Produktion investiert. Trotzdem geriet die Firma in Schieflage. Das zeigt: Innovation ist notwendig, aber kein Garant für Stabilität.
3. Finanzielle Puffer schaffen
Liquiditätsreserven sind überlebenswichtig. Familienbetriebe neigen oft dazu, Gewinne direkt ins Geschäft zu reinvestieren. Ein Teil sollte aber bewusst als Sicherheit zurückgelegt werden, um Konjunkturflauten oder Kostenexplosionen abzufedern.
4. Proaktiv Investoren und Partner suchen
Ein starker Partner kann helfen, Wachstum zu finanzieren oder Krisen zu überbrücken. Wer erst in der Insolvenz nach Investoren sucht, hat oft schlechtere Karten. Unternehmer sollten sich frühzeitig um strategische Allianzen bemühen.
5. Kundenbedürfnisse ständig neu prüfen
Verbraucher kaufen anders als noch vor zehn Jahren. Nachhaltigkeit, Onlinehandel und veränderte Konsumgewohnheiten erfordern laufende Anpassungen. Familienunternehmen müssen die Märkte beobachten und notfalls neue Geschäftsfelder erschließen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
160 Mitarbeiter Betroffen: Wie geht es jetzt weiter?
Von der Insolvenz betroffen sind rund 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für sie bedeutet das Verfahren zunächst Sicherheit: Ihre Löhne und Gehälter sind über das Insolvenzgeld bis einschließlich November gedeckt. Der Geschäftsbetrieb läuft ohne Einschränkungen weiter: "Alle Aufträge werden wie vereinbart produziert und neue Aufträge werden angenommen", betont der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Dirk Pehl.
Das Ziel der Verantwortlichen: Das Traditionsunternehmen soll nicht verschwinden, sondern saniert werden. Sie haben bereits angekündigt, gezielt nach Investoren zu suchen, die einen Neustart ermöglichen könnten. Auch die Unternehmerfamilie selbst ist fest entschlossen, diesen Weg zu gehen. Geschäftsführer Christian Oetker-Kast sieht trotz der Insolvenz Chancen: "Wir wollen das Verfahren nutzen und gemeinsam mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter einen Sanierungsfahrplan entwickeln, um die aktuelle Situation zu überwinden und das Unternehmen zukunftsfest aufzustellen."
Damit ist klar: Die Zukunft von Casimir Kast hängt nun maßgeblich davon ab, ob sich ein Investor findet und die Sanierung gelingt.
Fazit: Was Gründer aus dem Fall Casimir Kast mitnehmen können
Die Insolvenz von Casimir Kast zeigt, wie selbst traditionsreiche und innovative Unternehmen durch äußere Faktoren in Schieflage geraten können. Steigende Energiekosten, unsichere Konsumlaune und globale Krisen sind Herausforderungen, die sich nicht allein durch gute Führung oder Investitionen vermeiden lassen. Entscheidend ist deshalb nicht, Schuldige zu suchen, sondern aus solchen Entwicklungen zu lernen: Wer flexibel bleibt, Risiken früh erkennt und sich Wissen sowie Werkzeuge aneignet, stärkt die eigene Widerstandskraft in unsicheren Zeiten.
Genau dabei unterstützen wir von Für-Gründer.de: In unseren kostenlosen Ratgebern und Webinaren vermitteln wir praxisnahes Wissen. Mit unseren Tools lassen sich Finanzen und Strategie besser planen. Im Besser gründen Podcast erscheinen regelmäßig inspirierende Gespräche mit Unternehmern. Auch auf YouTube gibt die Redaktion regelmäßig Tipps für Gründer und Selbstständige.
Auch spannend:
- Kathrein: Ex-Weltmarktführer ist insolvent
- Wirtschaftskrise: Können Unternehmen trotzdem wachsen?
- Handwerk in Gefahr: Leistungen durch Mindestlohn unbezahlbar?