Der schwere Gang zum Insolvenzverwalter
Nur selten verläuft der Lebenszyklus eines Unternehmens steil bergauf von der Geschäftsidee zum Exit durch den Verkauf oder einen IPO. Vielmehr geraten viele junge Start-ups in die Unternehmenskrise und letztlich sogar in die Insolvenz. Innerhalb der ersten drei Geschäftsjahre müssen viele Existenzgründer ihre Tätigkeit wieder einstellen. Daher möchten wir allen Gründern und Gründungsinteressierten auch die relevanten Informationen über das unangenehme Thema der Insolvenz zugänglich machen. Darüber hinaus können Sie auch als Gläubiger mit dem Thema Insolvenz in Kontakt kommen.
Umfassende Informationen zum Insolvenzverfahren können unseres Erachtens nach auch eine präventive Wirkung haben. Im Insolvenzverfahren kommt dem Insolvenzverwalter eine wichtige Rolle zu und er übernimmt zahlreiche Aufgaben.
Den Insolvenzverwalter bestellen
In erster Linie müssen die Voraussetzungen für eine Eröffnung der Insolvenz bestimmt werden. Vorgaben hierzu gibt bspw. das Unternehmensrecht, denn nicht jedes Unternehmen ist nämlich insolvenzfähig. Außerdem werden natürlich auch der Insolvenzgrund sowie die Kostendeckung durch das noch vorhandene Vermögen geprüft. Sofern keine Eigenverwaltung beantragt wurde, wird der Insolvenzverwalter im Zuge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestellt.
Der Insolvenzverwalter wird vom Insolvenzgericht erst bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bestellt und auch beaufsichtigt. Allerdings kann der vom Insolvenzrichter bestellte Insolvenzverwalter in einer Gläubigerversammlung ausgetauscht werden. Nichtsdestotrotz muss der neu gewählte Insolvenzverwalter vom Insolvenzgericht bestätigt und sechs Wochen nach der Insolvenzeröffnung bestellt werden.
Wer kann als Insolvenzverwalter tätig sein?
Als Insolvenzverwalter werden überwiegend Rechtsanwälte aber auch Betriebswirte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer bestellt. Vertreter der genannten Berufszweige haben sich in der Regel eine Spezialisierung rund um das Thema Insolvenzberatung erarbeitet. Es besteht jedoch keine formale Möglichkeit, sich zum Insolvenzverwalter ausbilden zu lassen. Im Jurastudium gibt es aber bspw. die Fachrichtung Insolvenzrecht. Daher haben viele Insolvenzverwalter auch die Qualifikation zum Fachanwalt im Insolvenzrecht inne.
Um einen gewissen Standard beziehungsweise eine entsprechende Qualität der Insolvenzverwalter sicherzustellen, haben sich die Insolvenzverwalter in einem Verband organisiert. Um Mitglied im Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. zu werden, muss man allerdings nicht nur eine fachgerechte Ausbildung nachweisen, sondern auch eine mindestens fünfjährige Tätigkeit als Insolvenzverwalter. Als Mitglied im Verband kann jeder Insolvenzberater als Gütesiegel ein VID-CERT erhalten, sofern der Insolvenzberater über notwendigen Qualifikationen verfügt.
Die Wahl zum Insolvenzverwalter obliegt dem Insolvenzrichter und ist nicht eindeutig gesetzlich geregelt. Die rund 180 Insolvenzgerichte müssen aus über 2.000 Insolvenzverwaltern den geeigneten Insolvenzverwalter wählen. Die Insolvenzgerichte führen zwar Listen, aber es gibt kein standardisiertes Auswahlverfahren.
1. Schritt: der vorläufige Insolvenzverwalter
Ein Insolvenzverfahren kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet werden. Damit während der Prüfung zur Zulassung zum Insolvenzverfahren die Gefahr der weiteren Verschlechterung des bereits geschwächten Unternehmens minimiert wird, setzt das Insolvenzgericht vorsorglich einen sogenannten vorläufigen Insolvenzverwalter ein.
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat nur eingeschränkte Rechte und Pflichten, die ebenfalls vom Insolvenzgericht festgelegt werden. Beim vorläufigen Insolvenzverwalter gibt es zwei unterschiedliche Ausprägungen. So besteht auch die Möglichkeit der Bestellung eines sogenannten „starken" vorläufigen Insolvenzverwalters. Dieser Insolvenzverwalter wird dem „endgültigen" Insolvenzverwalter gewissermaßen gleichgesetzt.
Aufgaben eines Insolvenzverwalters
Der Insolvenzverwalter ermittelt in erster Linie die Insolvenzmasse und teilt diese unter den Gläubigern auf. Darüber hinaus erstellt der Insolvenzverwalter auch ein Verzeichnis mit allen Gläubigern. Die entscheidende Frage, die ein Insolvenzverwalter beantworten muss, ist die Alles-oder-Nichts-Frage: Sanierung oder Liquidierung des Start-ups!?
Um diese für den Gründer tiefgreifende Frage beantworten zu können, muss der Insolvenzverwalter tief in das von der Pleite bedrohte Unternehmen eintauchen. Sofern der Insolvenzverwalter ausreichend Potenzial zur Unternehmensrettung feststellt, muss er ein möglichst realistisches Rettungskonzept erstellen. Dieses Rettungskonzept ist der sogenannte Insolvenzplan. Der Insolvenzplan muss dann auch bei Gericht durch den Insolvenzverwalter oder direkt durch die Schuldner eingereicht werden.
Die Gläubiger hingegen können lediglich auf der vom Insolvenzverwalter einberufenen Gläubigerversammlung abstimmen, ob überhaupt ein Insolvenzplan durch den Insolvenzverwalter erarbeitet und eingereicht werden soll. Der Insolvenzverwalter muss dann vor dem Insolvenzgericht die wirtschaftliche Situation des Unternehmens im sogenannten Berichtstermin schildern. In diesem Zusammenhang muss der Insolvenzverwalter eine Empfehlung zum weiteren Fortgang aussprechen.
Insolvenzverwalter: Vertreter der Gläubiger oder der Schuldner?
Ein Insolvenzverwalter muss allen Parteien gerecht werden. Dabei lässt sich aber nur schwer eine Trennlinie ziehen. Einerseits wird der Insolvenzverwalter als Interessenvertreter der Gläubiger gesehen, da der Insolvenzverwalter das noch vorhandene Vermögen an die Schuldner verteilen soll. Andererseits sollte sich der Insolvenzverwalter dem Schuldner gegenüber verpflichtet fühlen und irgendwie eine Fortführung des Unternehmens sowie eine mögliche Entschuldung des Schuldner anstreben.
Rechtlich gesehen, gehen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über. Damit handelt der Insolvenzverwalter als amtliches Organ für und gegen die Insolvenzmasse. Ein Insolvenzverwalter hat gegenüber dem Gläubiger keine Auskunftspflicht. Vielmehr muss der Insolvenzverwalter in der Gläubigerversammlung die Teilnehmer über den Stand der Dinge im Insolvenzverfahren informieren. In der Gläubigerversammlung haben die Gläubiger die Möglichkeit über den Insolvenzverwalter auf das Insolvenzverfahren Einfluss zu nehmen. Daher sollte jeder Gläubiger die Teilnahme an einer Gläubigerversammlung unbedingt wahrnehmen.
Kosten für den Insolvenzverwalter
Die Vergütung der Insolvenzverwalter ist in der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) festgelegt. Der Insolvenzverwalter erhält ein Honorar erst nach dem Insolvenzverfahren. Die Höhe orientiert sich an der Größe der Insolvenzmasse und steht in Abhängigkeit zu den beglichenen Forderungen. Somit werden die Insolvenzverwalter nach Erfolg bezahlt. Der Insolvenzverwalter kann sich einen Vorschuss aus der Insolvenzmasse genehmigen, sofern er die Zustimmung des Insolvenzrichters dafür erhält.
Wie lange begleitet der Insolvenzverwalter das Verfahren?
Der Insolvenzverwalter stellt seine Arbeit mit dem Ende des Insolvenzverfahrens ein. Ein Insolvenzverfahren kann sich über Jahre hinziehen. Die Dauer eines Insolvenzverfahrens hängt in der Regel von der Komplexität und Größe des Insolvenzverfahrens ab. Prinzipiell kann ein Insolvenzverfahren erst nach der Verwertung sämtlicher Vermögenswerte des Schuldners durch den Insolvenzverwalter abgeschlossen werden. Darüber hinaus müssen Ansprüche des Schuldners oft in diversen Instanzen gerichtlich durchgesetzt werden.