Personio: Schnelles Wachstum trotz Corona

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Best Practice

Rasant wachsen, Mitarbeiterzahl verdoppeln und die Corona-Krise meistern: Hanno Renner, CEO von Personio, erklärt, worauf es jetzt bei Recruiting, Mitarbeitermotivation und Kommunikation ankommt.

UPDATE: Personios Umgang mit dem Corona-Jahr 2020 und dem neuen Einhorn-Status

Für viele Start-ups war 2020 ein schwieriges und turbulentes Jahr. So auch für Personio, dem es trotz der Widrigkeiten gelungen ist, zum Unicorn aufzusteigen. Wir fanden das so spannend, dass wir Hanno nach diesem Weg und nach Tipps für Unternehmer gefragt haben.

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Gründer und CEO Hanno Renner von Personio blickt optimistisch in die Zukunft. (Foto: © Personio)

GründerDaily: Hallo Hanno, wie ist es dem Personio-Team gelungen, das Corona-Jahr 2020 so erfolgreich zu meistern?

Hanno von Personio: Von circa März bis Mai letzten Jahres haben wir zunächst schon auch einen Rückgang an Nachfragen festgestellt. Zu der Zeit waren HR-Teams einfach mit ganz anderen Themen beschäftigt, als eine neue Software zu testen und einzuführen. Zwei Entwicklungen des letzten Jahres, die letztendlich aber zu einer verstärkten Nachfrage unseres Produkts geführt haben, waren zum einen die Beschleunigung der Digitalisierung von KMUs, zum anderen die zunehmende Relevanz von HR-Teams.

Personaler wurden nicht mehr einfach als “Sachbearbeiter” angesehen, sondern konnten ihren strategischen Mehrwert fürs Unternehmen sichtbar machen.

Das führte dazu, dass wir seit circa Juni fast jeden Monat Rekordumsätze hatten und wir insgesamt unseren Umsatz wie auch die Anzahl der Kunden und unserer Mitarbeiter im letzten Jahr verdoppelt haben, im Vergleich zu 2019.

Außerdem haben wir uns natürlich auch selbst Gedanken gemacht, wie wir unsere Kunden bestmöglich in dieser Zeit unterstützen können und so schließlich bspw. Features zum Tracken von Homeoffice-Zeiten oder zum Erfassen von Kurzarbeit zur Verfügung gestellt. Auch die Integration von digitalen Signaturen (eSignatures) in unser Produkt ermöglicht unseren Kunden in Zeiten von Remote Work, ihre Prozesse wie bspw. das Recruiting neuer Mitarbeiter komplett digital abzuwickeln.

GründerDaily: Welche Herausforderungen und Rückschläge wurden überwunden?

Hanno von Personio: Wie gesagt, zu Beginn der Krise haben wir diese schon auch zu spüren bekommen, konnten dann aber ganz gut gegensteuern. Insgesamt haben wir das letzte Jahr gemeinsam als Team aber sehr gut gemeistert.

GründerDaily: Welche Tipps könnt ihr anderen Unternehmern geben, um gestärkt aus Krisen hervorzugehen?

Hanno von Personio: Ich glaube, dass es – und zwar nicht nur in Krisen – wichtig ist, fest verankerte Unternehmenswerte zu haben und diese auch konsequent umzusetzen. So lassen sich alle Herausforderungen meistern.

Transparenz ist z. B. einer unserer Werte. Das bedeutet, dass wir alle relevanten Informationen und auch Gründe für Entscheidungen offen kommunizieren.

Gerade im letzten Jahr haben wir die Transparenz bei uns bewusst noch weiter erhöht, was entscheidend dazu beigetragen hat, dass wir als Team motiviert und geschlossen durch diese Krise gekommen sind.

GründerDaily: Was ändert sich mit dem Einhorn-Status für euch?

Hanno von Personio: Der Einhorn-Status war für uns nie ein Ziel, sondern ist vielmehr ein Meilenstein auf unserem Weg, Europas führende HR-Plattform für KMUs zu werden. Mit der zusätzlichen Finanzierung können wir uns auch weiterhin voll auf die Weiterentwicklung unseres Produkts sowie auf die europäische Expansion konzentrieren. Dazu werden wir auch die Anzahl unserer Mitarbeiter an unseren Standorten in München, Madrid, London und Dublin auf fast 1.000 verdoppeln.

Wie lauten eure Ziele und Pläne für die Zukunft?

Hanno von Personio: Wir möchten unser Produkt weiter ausbauen, um HR-Teams in ganz Europa dabei zu helfen, ihr Potenzial auszuschöpfen. Dafür werden wir weiterhin stark wachsen und in die weitere europäische Expansion investieren, und neben den bestehenden Märkten DACH, UK und Irland, Benelux, Nordics und Spanien weitere erschließen, wie bspw. Italien und Frankreich.

Personio Team
Starkes Wachstum, großes Team: Hanno Renner von Personio und sein Team machen keine Kompromisse bei der Mitarbeiterauswahl. (Bild: ©Personio)

Lest jetzt das weitere Interview, das wir mit Hanno im Mai 2020 geführt haben.

GründerDaily: Hallo Hanno, die Corona-Krise dauert an. Wie geht Personio damit um und wie hat sich diese auf euer Business ausgewirkt?

Hanno von Personio: Auch wir spüren die Auswirkungen der Corona-Krise, sind aber aufgrund unseres Produkts und unseres sehr stabilen Geschäftsmodells glücklicherweise nicht so stark betroffen. Wir merken aber, dass sich die Anfragen unserer Kunden und Interessenten geändert haben. Ein großes Thema ist für viele derzeit zum Beispiel das Thema Homeoffice und wie sich dieses mit unserer Software abbilden lässt.

Um in dieser schwierigen Situation auch Unternehmen, die unsere Software nicht nutzen, zu unterstützen, stellen wir unsere Homeoffice-Tracking-Lösung derzeit kostenfrei zur Verfügung. Gerade für Unternehmen, die Kurzarbeit angemeldet haben, ist es momentan wichtig, die Arbeitsstunden der Mitarbeiter exakt zu dokumentieren.

GründerDaily: Welche Herausforderungen bringt das Arbeiten im Homeoffice mit sich?

Hanno von Personio: Intern hat sich natürlich einiges verändert, dadurch, dass auch wir seit mehreren Wochen im Homeoffice arbeiten.

Die Umstellung war zwar zunächst nicht wirklich schwierig, aber je länger diese Phase dauert, desto herausfordernder wird sie.

Es stellen sich Fragen wie z. B.: Wie hält man die Motivation der Mitarbeiter in dieser Situation hoch? Wie kann man trotz der räumlichen Distanz ein Wir-Gefühl erzeugen? Oder wie führen wir effiziente Remote-Meetings durch?

Um darauf Antworten zu finden, haben wir eine Homeoffice-Taskforce ins Leben gerufen. Sie stellt beispielsweise Tools für mehr Produktivität am derzeitigen Arbeitsplatz zur Verfügung, setzt Initiativen für physische und mentale Gesundheit um oder sorgt einfach nur dafür, dass wir auch in dieser Ausnahmesituation den Spaß bei der Arbeit nicht verlieren.

GründerDaily: Wie bereitet ihr euch auf die Zeit danach vor?

Hanno von Personio:

Wir diskutieren derzeit verschiedene Szenarien und wie diese umgesetzt werden können.

Aber natürlich hängen diese auch davon ab, wie die weiteren Vorgaben der Regierung und auch die Empfehlungen von bspw. medizinischen Experten lauten. Ich glaube, wir freuen uns wirklich schon alle darauf, irgendwann wieder ins Büro gehen und unsere Kollegen sehen zu können.

Ganz klar ist aber auch, dass die Gesundheit aller an erster Stelle steht und wir unseren Beitrag zu #FlattenTheCurve leisten, die Neuinfektionen also niedrig halten wollen.

GründerDaily: Personio ist stark am Wachsen. Euer Umsatz hat sich in einem Jahr verdreifacht, eure Mitarbeiterzahl auf über 400 verdoppelt. Auch 2020 wollt ihr euer Team deutlich vergrößern. Wie wollt ihr das meistern?

Hanno von Personio:

Schnelles Wachstum ist immer auch eine Herausforderung, von der ich aber überzeugt bin, dass wir sie meistern werden.

Schon letztes Jahr sind wir sehr stark gewachsen, konnten uns unseren besonderen Spirit aber beibehalten und wollen das auch weiterhin tun. Dabei helfen uns zum Beispiel unsere Operating Principles, wie Driven by Impact oder Solutions over Problems, nach denen wir alle arbeiten.

GründerDaily: Worauf kommt es bei der richtigen Personalauswahl an?

Hanno von Personio:

Wir wollen zwar schnell wachsen, machen aber trotzdem keine Kompromisse.

Ganz entscheidend ist, dass Mitarbeiter und Unternehmen gut zusammenpassen – sowohl fachlich, als auch bezüglich der Unternehmenswerte. Trotzdem wollen wir möglichst schnell und effizient im Recruiting sein. Dabei hilft uns auch unsere eigene Software, mit der wir viele administrative Aufgaben automatisieren können, wie zum Beispiel das Versenden von Zu- oder Absagen, das mit einem Klick möglich ist.

GründerDaily: Ihr habt gerade in einer Series-C-Finanzierungsrunde 75 Millionen Dollar erhalten und wollt Europas führender Anbieter von HR-Software für KMU werden. Wie wollt ihr das Ziel erreichen?

Hanno von Personio: Zum einen ermöglicht uns das erneute Investment, unser Produkt kontinuierlich zu erweitern und noch besser zu machen. Zum Beispiel überarbeiten wir derzeit unsere Performance & Development Features und bauen unsere Personio Payroll weiter aus.

Zum anderen werden wir stark in unsere europäische Expansion, also beispielsweise in den Ausbau unserer internationalen Teams investieren. Wir sind schon jetzt an vier Standorten tätig, in München, Madrid, London und Dublin, und haben Kunden in über 40 Ländern.

Das Potenzial in Europa ist riesig: 1,2 Millionen KMUs haben ihre HR-Prozesse bislang noch nicht digitalisiert.

GründerDaily: Auf welche HR-Trends müssen junge Unternehmen reagieren?

Hanno von Personio: Der Fachkräftemangel ist nach wie vor ein großes Problem.

Eine erfolgreiche Employer Brand und reibungslose Recruiting-Prozesse sind ganz entscheidend, um attraktive Talente für sich zu gewinnen.

Und gerade junge Mitarbeiter wollen in einem modernen Unternehmen arbeiten, dazu gehört auch, dass Prozesse digitalisiert sind.

GründerDaily: Wie integriert ihr bei euch neue Mitarbeiter bei gleichzeitiger Motivation des bisherigen Teams?

Hanno von Personio: Ein gutes Onboarding ist das A und O, damit neue Mitarbeiter sich von Tag eins an willkommen fühlen und schnell anfangen können, produktiv zu werden. Bei uns beginnt das Onboarding schon vor dem ersten Arbeitstag: Die neuen Mitarbeiter bekommen Informationen zu ihrem Start bei Personio und Mails von ihrem zukünftigen Team und ihrem Buddy, der sie in der Anfangszeit unterstützt.

Das schnelle Wachstum stellt uns aber auch vor eine Herausforderung.

Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Unternehmenskultur mitskaliert.

Denn, obwohl wir mit über 400 Mitarbeitern schon eher zu den “Grown-ups” gehören, ist uns der Start-up-Spirit erhalten geblieben, wofür wir auch viel machen, zum Beispiel regelmäßige Team-Events wie unser monatliches Office Dinner.

GründerDaily: Ihr arbeitet an vier Standorten. Wie verläuft die Kommunikation und wird sie erfolgreich?

Hanno von Personio: Auch das ist eine Herausforderung: Wir müssen den Münchner Personio-Spirit auf die anderen, deutlich kleineren Standorte übertragen. Das gelingt uns schon ganz gut, indem wir zu großen Events wie der Weihnachtsfeier oder unserem jährlichen Skiausflug auch die anderen Offices einladen.

Außerdem haben wir Anfang des Jahres unser eigenes “Erasmus-Programm” ins Leben gerufen, das es den Kollegen ermöglicht, für zwei Wochen an einem anderen Standort zu arbeiten. Momentan ruht das Programm natürlich, aber wir hoffen, dass wir es in ein paar Monaten oder nächstes Jahr wieder aufnehmen können.

Die Kommunikation ist weniger das Problem. Unsere Unternehmenssprache war schon immer Englisch, weil wir auch in München viele internationale Kollegen haben. Und Tools wie Zoom oder Slack helfen uns bei der Kommunikation über Teams und Standorte hinweg.

GründerDaily: Welche Rolle kommt bei der Kommunikation dir und deinen Mitgründern Roman Schumacher und Arseniy Vershinin sowie auch Jonas Rieke, der kurz nach der Gründung dazugestoßen ist, zu?

Hanno von Personio:

Wir sind alle Freunde offener Kommunikation und ehrlichen Feedbacks.

Ich glaube, das leben wir so auch vor und das macht für mich eine gute Führungskraft aus. Ob unsere Mitarbeiter das genauso sehen, weiß ich nicht; das müsstest du sie fragen. Außerdem finde ich, dass Vorgesetzte ihre Mitarbeiter die Unternehmens-Vision vermitteln können müssen, um die Teams zu motivieren, gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten.

GründerDaily: Ihr arbeitet nicht nur rund um die Uhr zusammen, sondern seid auch Freunde, Tennispartner und gemeinsame Urlauber. Wie schafft ihr euch Auszeiten?

Hanno von Personio: Mir hilft es, meine Freizeit ähnlich gut zu strukturieren wie meinen Arbeitstag. Jeden Morgen habe ich einen Blocker in meinem Kalender für Sport und nutze die Gelegenheit auch oft, mich mit Freunden zu treffen. Zum Beispiel spielen Roman und ich im Sommer einmal die Woche morgens Tennis. Aber da sich die Arbeit für mich gar nicht wie Arbeit anfühlt, habe ich auch nur selten das Gefühl, eine Auszeit zu brauchen.

GründerDaily: Welche Tipps könnt ihr anderen Gründern geben, um ein erfolgreiches Start-up zu führen?

Hanno von Personio:

Ich empfehle, frühzeitig gute Strukturen und Prozesse aufzusetzen.

Wir haben zum Beispiel schon sehr früh OKRs und ein wöchentliches Allteam eingeführt. Das kann einem bei drei oder vier Mitarbeitern unsinnig vorkommen. Ich glaube aber, dass es viel schwieriger gewesen wäre, wenn wir damit erst bei 20, 50 oder 100 Mitarbeitern angefangen hätten.

GründerDaily: Hanno, vielen Dank für diese spannenden Einblicke und vielen Tipps! Weiterhin viel Erfolg und bleibt gesund!

Keyfacts über Personio

  • Gegründet im Jahr: 2015
  • Firmensitz in: München (Headquarters), Madrid und London, ab April auch Dublin
  • Unser aktuelles Team besteht aus: über 400 Mitarbeitern
  • Die erste Finanzierung erfolgte durch / über: Ein Seed-Investment über 2,1 Mio. Euro von Global Founders Capital, Picus Capital, den Gründern von Stylight sowie weiteren Business Angels im Jahr 2016. Mittlerweile konnten wir insgesamt fast $130Mio. unter anderem von internationalen Investoren wie Accel oder Index Ventures einsammeln.
  • Besonders geholfen haben mir/uns bisher: Die Stylight(jetzt Alasco)-Gründer und generell das Netzwerk vom CDTM, wo wir uns als Gründerteam kennengelernt haben, waren uns von Anfang an eine große Hilfe. In den letzten Monaten wurde zudem Lars Dalgaard, der Gründer von SAP SuccessFactors und mittlerweile einer unserer Investoren, immer mehr zum Mentor für mich.
  • Besonders wichtig im Arbeitsalltag sind für mich/uns folgende:
    Menschen: Alle Kollegen bei Personio, die in verschiedenen Rollen zum Erfolg unserer Kunden beitragen.
    Tools: Slack, Zoom und Personio :)
    Internetseiten: Die Login Seiten der verschiedenen Cloud Tools die wir nutzen.
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