- Die Produkthaftpflichtversicherung sichert Hersteller ab, wenn ihre Produkte Schäden an Personen oder Sachen verursachen.
- Die Produkthaftpflichtversicherung kann als Zusatzbaustein einer Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen werden.
- Hersteller ist nicht gleichbedeutend mit Produzent! Auch Händler können als Hersteller gelten, z. B. wenn sie Waren unter dem eigenen Namen oder Logo vertreiben.
- Die Produkthaftpflicht ist wichtig für alle im E-Commerce, ob bei Ebay, Amazon Marketplace oder Shopify.
| Was ist eine Produkthaftpflichtversicherung?
Eine Produkthaftpflichtversicherung ist eine spezielle Form der Gewerbehaftpflichtversicherung.
Sie schützt das Unternehmen vor Schadensersatzansprüchen, wenn Dritten durch die Benutzung oder den Konsum ihrer Produkte Personen- oder Sachschäden entstehen.
Innerhalb der Produkthaftpflicht kann zwischen der konventionellen und der erweiterten Produkthaftpflichtversicherung unterschieden werden. Diese unterscheiden sich leicht hinsichtlich der versicherten Schäden.
Die Produkthaftpflicht richtet sich insbesondere an Hersteller, Händler und Vertreiber.
| Wer braucht eine Produkthaftpflichtversicherung?
Eine Produkthaftpflichtversicherung ist für alle Unternehmen und Selbstständige wichtig, die Produkte herstellen oder mit Produkten handeln.
Das gilt insbesondere für folgende Branchen und Berufe:
- Amazon Marketplace Händler (Amazon FBA)
- Einzelhändler
- eBay Shop Händler
- Gastronomen, z. B. Betreiber von Cafés, Catering oder Restaurants
- Handwerker, z. B. Schreiner oder Tischler
- Importeure (bei Import in den Europäischer Wirtschaftsraum - EWR)
- Facebook Shop Händler
- Hersteller, z. B. von Kosmetikprodukten
- Lieferanten
- Online-Shop Händler
- Produzenten
- Quasihersteller, d. h. jemand, der durch das Anbringen seines Namens, Logos oder seiner eigenen Marke nach außen als Hersteller auftritt
- Shopify Händler
- Verkäufer von Private Label-Produkten
- Zulieferer
- Zwischenhändler
Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz
Nach dem Produkthaftungsgesetz haftet der Hersteller, wenn seine Produkte an Menschen oder Sachen einen Schaden verursachen (§ 1 ProdHaftG).
Auch wer ein Produkt nicht selbst hergestellt hat, kann als Hersteller gelten und gemäß Produkthaftung für Schäden haften. Das gilt in folgenden Fällen:
- Das Produkt wird in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) eingeführt, um es zu verkaufen, zu vermieten oder zu verleasen.
- Das Produkt wird unter dem eigenen Namen oder der eigenen Marke vertrieben, der Händler gibt sich somit als Hersteller aus.
- Der Hersteller des Produktes kann nicht festgestellt werden, z. B. bei Kauf im Ausland oder im Großhandel (§ 4 ProdHaftG).
Der Haftungsanspruch eines geschädigten Verbrauchers verjährt laut ProdHaftG nach drei Jahren (§ 12 ProdHaftG). Damit eine Verjährung erfolgen kann, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
Der Anspruchsteller kennt bzw. müsste kennen
- den Schaden
- den ursächlichen Fehler des Schadens
- den Ersatzpflichtigen
Verhandlungen hemmen die Verjährung. Scheitern diese, läuft die Frist weiter.
Sämtliche Ansprüche, die nach dem ProdHaftG geltend gemacht werden können, erlöschen zehn Jahre, nachdem das Produkt in den Verkehr gebracht wurde, außer über den Anspruch ist ein Rechtsstreit oder Mahnverfahren anhängig (§ 13 ProdHaftG).
Nicht verwechseln: Produkthaftung und Mängelhaftung
Produkthaftung: Hersteller müssen dafür sorgen, dass von den eigenen Produkten keine Gefahr für Personen oder Sachen ausgeht. Ob das Produkt seine Funktion erfüllt, spielt keine Rolle.
Anders bei der Mängelhaftung: Verkäufer müssen Käufern eine Ware ohne Mängel übergeben (§ 433 BGB). Andernfalls kann der Käufer Mängelgewährleistungsansprüche stellen, z. B. auf Reparatur oder Ersatz. D. h. er kann z. B. für einen undichten Regenschirm einen funktionierenden Schirm verlangen.
Haftung bei Dropshipping
Dropshipping bedeutet, dass ein Online-Händler Produkte anbietet, die er selbst nicht besitzt oder auf Lager hat. Bestellt ein Kunde ein Produkt, leitet der Onlineshop-Betreiber die Bestellung an seinen Großhändler oder Hersteller weiter, der es dem Käufer direkt zusendet. Wird das Produkt dabei z. B. aus China in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt, haftet bei einem Schaden der Online-Händler!
Wichtig: Manche Produkte entsprechen nicht den europäischen Sicherheitsstandards – und Lieferanten aus dem Ausland sind manchmal nach kurzer Zeit nicht mehr erreichbar. In diesem Fall können Sie Ihre eigenen Regressansprüche nicht durchsetzen.
| Welche Schäden deckt die Produkthaftpflicht ab?
Durch die Produkthaftpflicht werden Personen-, Sach- und Vermögensschäden abgedeckt.
Gründe dafür können Produktfehler, Herstellungsfehler oder mangelhafte Sicherheitshinweise sein.
Im Folgenden werden die versicherten Schäden der konventionellen und der erweiterten Produkthaftpflichtversicherung erläutert.
Konventionelle Produkthaftpflichtversicherung
Die konventionelle Produkthaftpflichtversicherung gilt nur für Endprodukte. Sie springt ein bei
- Sachschäden
- Personenschäden
- unechten Vermögensschäden als Folge eines Personen- oder Sachschadens, z. B. der Verdienstausfall einer geschädigten Person
Schadensbeispiele
- Sachschaden: Ein Hersteller von Küchengeräten verkauft einen Toaster, der aufgrund eines technischen Defekts im Haus eines Verbrauchers Feuer fängt. Der Brand verursacht erhebliche Sachschäden. Der Kunde verlangt Schadensersatz. Die Produkthaftpflichtversicherung des Herstellers kommt für die Schadenregulierung und die Wiederherstellungskosten auf.
- Personenschaden: Ein Lebensmittelproduzent bringt ein Produkt auf den Markt, das zu mehreren Lebensmittelvergiftungen führt. Grund dafür ist die Kontamination mit Bakterien. Die Produkthaftpflichtversicherung deckt die eingeforderten medizinischen Kosten der betroffenen Kunden. Auch etwaige Schmerzensgeldforderungen sind abgedeckt.
Erweiterte Produkthaftpflichtversicherung
Die erweiterte Produkthaftpflichtversicherung stellt eine Erweiterung der konventionellen Produktversicherung dar. Sie deckt neben den Personen- und Sachschäden auch echte Vermögenswerte ab, in diesem Fall auch Produktvermögensschäden genannt. Echte Vermögensschäden sind finanzielle Schäden, denen kein Personen- oder Sachschaden vorausgegangen ist.
Die erweiterte Produkthaftpflichtversicherung ist insbesondere für Hersteller und Händler relevant, deren Produkte zur Weiterverarbeitung bestimmt sind (z.B. Halbzeuge oder Zuliefererprodukte).
Schadenbeispiele:
Personenschaden: Ein Händler verkauft auf Amazon Marketplace einer Kundin ein Fahrrad, das er von einem Hersteller außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums beziehen. Als die Kundin mit dem neuen Rad eine Radtour unternimmt, bricht der Rahmen des Fahrrads. Die Kundin stürzt und verletzt sich schwer.
Sachschaden: Ein Shopify-Händler lässt Kleidungsstücke im Ausland herstellen und vertreibt sie unter der eigenen Marke. Ein Kunde kauft eine Hose, die so stark abfärbt, dass sie den hochwertigen Bezug seiner Sofagarnitur beschädigt.
Unechter Vermögenschaden (Vermögenfolgeschaden): Eine Kundin isst im Café ein Stück Kuchen. Dieser enthält einen Inhaltsstoff, der nicht auf der Speisekarte ausgewiesen ist. Die Kundin erleidet daraufhin einen allergischen Schock und hat über mehrere Tage einen starken Hautausschlag (Personenschaden), sodass sie längere Zeit nicht arbeiten kann.
Echter Vermögenschaden: Ein Produzent liefert mit seinem Unternehmen einem Hersteller von Mobiltelefonen Akkus. Als ein Großteil der Akkus eingebaut ist, stellt sich heraus, dass einige der Akkus nicht funktionstüchtig sind. Sämtliche Mobiltelefone müssen daraufhin überprüft und die schadhaften Akkus ausgetauscht werden.
| Leistungen, Kosten & Anbieter
Im Folgenden erklären wir, welche Leistungen die Produkthaftpflichtversicherung bietet und wie hoch die Versicherungsbeiträge liegen. Außerdem nennen wir Anbieter einer Produkthaftpflichtversicherung.
Leistungen der Produkthaftpflicht
Im Schadenfall übernimmt die Produkthaftpflichtversicherung folgende Leistungen:
- Ausgleich des Schadens bei berechtigten Schadenersatzforderungen
- Prüfung der Haftpflichtfrage und Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche (passiver Rechtsschutz)
Die Produkthaftpflicht deckt in der Regel keine Markenrechtsverletzungen ab. Ebenso sind in der Produkthaftpflicht Eigenschäden durch ein fehlerhaftes Produkt vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, etwa entgangene Verkaufserlöse oder Kosten für Produkte, die nicht mehr verkauft werden konnten.
Übernimmt die Produkthaftpflichtversicherung auch Rückrufkosten?
Die Kosten eines Produktrückrufs sind in der Regel nicht in der Produkthaftpflichtversicherung enthalten. In diesem Fall schützt eine zusätzliche Rückrufkostenversicherung.
Eine Rückrufkostenversicherung deckt bei einer Rückrufaktion die Kosten für Kundenbenachrichtigung, Transport, Prüfung, Lagerung, Austausch und Vernichtung des Produktes.
Sie ist vor allem bei der Herstellung und dem Vertrieb von Lebensmitteln wichtig, betrifft aber auch Spielzeug-, Kosmetik- und Textilprodukte.
Kosten der Produkthaftpflicht
Die jährlichen Beiträge der konventionellen Produkthaftpflichtversicherung beginnen bei ca. 90 Euro. Die Beitragshöhe einer Produkthaftpflicht hängt ab von:
- Branche: Ein Großexporteur von Lebensmitteln trägt ein höheres Risiko als ein Möbeltischler.
- Umsatzhöhe des Unternehmens: Je mehr Umsätze ein Unternehmen erwirtschaftet, desto höher ist seine Versicherungsprämie
- Art und Menge der hergestellten oder vertriebenen Produkte: Werden z. B. in großem Umfang Produkte zur Weiterverarbeitung hergestellt, steigt das Risiko und damit auch die Versicherungsprämie.
- Selbstbeteiligung: Je höher die Selbstbeteiligung, desto niedriger der Versicherungsbeitrag.
- Deckungssumme: Je höher die Deckungssumme, desto höher der Versicherungsbeitrag.
- Zahlungsintervall: Bei einem längeren Zahlungsintervall sinkt der Versicherungsbeitrag.
- Zusatzleistungen: Wird der Versicherungsschutz erweitert, z. B. um eine Rückrufkostenversicherung, steigt die Prämie.
Die Versicherungen raten bei einer Produkthaftpflicht zu einer Deckungssumme in Höhe von mindestens 3 Millionen Euro je Schadenereignis.
Wie hoch ist der Haftungshöchstbetrag bei Schäden durch Produkte?
Der Haftungshöchstbetrag liegt bei Personenschäden, die durch ein Produkt verursacht worden sind, bei 85 Millionen Euro (§ 10 ProdHaftG).
Bei der Haftung von Sachschäden gibt es keine Obergrenze. Nach § 11 ProdHaftG muss sich im Fall eines Sachschadens der Geschädigte mit einer Summe von bis zu 500 Euro selbst beteiligen.
Anbieter einer Produkthaftpflicht
Alle großen Versicherer wie Allianz, Gothaer und HDI bieten die konventionelle Produkthaftpflichtversicherung als Bestandteil oder Zusatzbaustein ihrer Betriebshaftpflichtversicherung an.
Besondere Pakete für Onlinehändler halten Hiscox und Mailo bereit, die sich auf berufsspezifische Risiken im E-Commerce spezialisiert haben.
Meist handelt es sich dabei um ein Paket aus Betriebshaftpflichtversicherung (inklusive Produkthaftpflichtversicherung), Berufshaftpflicht- und Inhaltsversicherung sowie Elektronik- und Cyberversicherung.