| Was versteht man unter der Soll-Versteuerung?
Bei der Soll-Versteuerung zahlen Sie die fällige Umsatzsteuer direkt, nachdem sie die Rechnungserstellung an den Kunden vorgenommen haben. Entscheidend für die Überweisung der Umsatzsteuer an das Finanzamt ist hier also das Rechnungsdatum, nicht das Datum des Geldeingangs.
Beispiel für eine Soll-Versteuerung:
- Sie stellen am 15. März eine Rechnung über 1.000 Euro plus 190 Euro Umsatzsteuer an Ihren Kunden X.
- Sie führen die 190 Euro Umsatzsteuer für den Monat ab, der auf der Rechnung steht – in Ihrem Fall also für März
- Sollten Sie keine Dauerfristverlängerung für die Umsatzsteuervoranmeldung beantragt haben, ist gemäß der Soll-Versteuerung die Umsatzsteuer bis zum 10. April an das Finanzamt zu melden und dann auch zu zahlen.
- Haben Sie eine Dauerfristverlängerung für die Umsatzsteuervoranmeldung, wäre dies im Mai der Fall.
- Sollte der Kunde nun deutlich später oder im schlimmsten Fall gar nicht zahlen, gehen Sie in eine Vorleistung gegenüber dem Finanzamt.
| Und worin besteht der Unterschied zur Ist-Versteuerung?
Bei einer Ist-Versteuerung wird die Umsatzsteuer hingegen erst dann an das Finanzamt abgeführt, wenn sie tatsächlich vom Kunden bezahlt worden sind – und somit nicht direkt im Anschluss der Rechnungsstellung.
Beispiel für eine Ist-Versteuerung:
- Sie stellen am 15. März eine Rechnung über 1.000 Euro plus 190 Euro Umsatzsteuer an Ihren Kunden Y.
- Sie führen die Umsatzsteuer nach Zahlungseingang des Kunden ab – und dieser kann sich manchmal ganz schön ziehen oder im schlimmsten Fall gibt es auch mal einen Zahlungsausfall.
- Zahlt der Kunde im Juni, führen Sie die Umsatzsteuer im Juli ab.
Bei einer Ist-Versteuerung gelten Umsätze zum folgenden Zeitpunkt als vereinnahmt:
- Barzahlung sowie Scheck: Zeitpunkt der Übergabe
- Überweisung auf Girokonten: Zeitpunkt der Gutschrift beim Geldinstitut
- Abtretung einer Forderung (Factoring): Zeitpunkt der Forderungsabtretung
Ist-Versteuerung: Vorteile auf einen Blick
Insbesondere für Gründer und kleine Unternehmen hat die Ist-Versteuerung einen entscheidenden Vorteil. Sie haben mehr Sicherheit in Sachen Liquidität. Besonders bei vielen Aufträgen und größeren Beträgen, bei denen eine hohe Umsatzsteuer anfällt, müssen Sie nicht über Wochen hinweg die entsprechend hohe Summe der Umsatzsteuer vorstrecken. Schließlich es sehr ärgerlich und für viele Unternehmen auch bedrohlich, wenn Kunden ihre Rechnungen zu spät oder gar nicht zahlen. Dann hilft es schon etwas, wenn man nicht auch noch Beträge, die noch nicht vereinnahmt wurden, an das Finanzamt abführen muss.
| Wer kann die Ist-Versteuerung beantragen?
Das Anrecht auf eine Anwendung der Ist-Versteuerung in der Buchhaltung haben:
- Nicht bilanzierungspflichtige Unternehmen: Einzelunternehmer und GbRs, die einen Umsatz oder Gewinn unterhalb der Buchführungspflichtgrenze von 800.000 Euro (Umsatz) bzw. 80.000 Euro (Gewinn) im Jahr erzielen
- Freiberufler
- Buchführungspflichtige Unternehmen: z. B. GmbH, OHG, UG mit einem Umsatz unter 500.000 Euro (es gilt das letzte Abrechnungsjahr)
Die nachfolgende Tabelle hilft Ihnen bei der Einordnung, ob Sie die Ist-Versteuerung bei der Umsatzsteuer anwenden können.
Unternehmensform | Ist-Versteuerung |
---|---|
Einzelunternehmer bzw. Kleingewerbetreibender | Anwendbar bis zur Buchführungspflichtgrenze (800.000 Euro Umsatz oder 80.000 Euro Gewinn pro Jahr) |
Freiberufler | Immer möglich |
GbR gewerblich | Anwendbar bis zur Buchführungspflichtgrenze (800.000 Euro Umsatz oder 80.000 Euro Gewinn pro Jahr) |
OHG | Anwendbar bis 500.000 Euro Umsatz pro Jahr |
UG | |
GmbH | |
Weitere wie KG, AG |
| Als Gründer oder Unternehmen die Ist-Versteuerung beantragen – so geht’s
Die Ist-Versteuerung können Sie direkt bei der Unternehmensgründung im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung beantragen. Haben Sie diesen Zeitpunkt bereits überschritten, so können Sie auch noch zu einem späteren Zeitpunkt bei Ihrem zuständigen Finanzamt einen Wechsel beantragen. Hierfür gibt es keine Frist - der Wechsel zur Ist-Versteuerung ist jederzeit möglich.
Ein einfaches, formloses Schreiben reicht aus, um die Ist-Versteuerung für die Buchführung zu beantragen. Darin enthalten sein sollten:
- Ihre Steuernummer
- der Zeitpunkt, ab dem die Ist-Versteuerung gelten soll
- ein Hinweis auf Ihren letzten Jahresumsatz
Sobald Sie eine Genehmigung des Finanzamtes schriftlich erhalten haben, können Sie die Ist-Versteuerung anwenden.