Social Start-up: Trotz Startschwierigkeiten buchstäblich am Abheben

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Unabhängig von unmittelbaren Krisen beschäftigen sich viele Menschen kaum mit dem Thema Spenden. Dass diese jedoch ein ganz normaler Bestandteil des Alltags sein könnten, zeigt Sebastian Stricker, Gründer und CEO der share GmbH, anhand des sogenannten 1+1 Prinzips.

 

GründerDaily: Hallo Sebastian, seit 2018 seid ihr Deutschlands erster Hersteller von vollständig recycelten Plastik-Wasserflaschen. Was ist daran besonders – und warum macht das sonst niemand?

Sebastian von share: Unsere Wasserflaschen bestehen zu 100 Prozent aus “Recyclat”. Dabei handelt es sich letztendlich um wiederverwerteten Plastikmüll aus dem Pfandautomaten. Wir verwerten also nur Material, das eh schon – und leider in viel zu großen Massen – auf der Welt vorhanden ist. Das spart Ressourcen und der Stoffkreislauf wird komplett geschlossen.

share Die Wasserflaschen von share bestehen zu 100 Prozent aus wiederverwertetem Plastikmüll. (Foto: ©Sabrina Hell)

Trotz dieses augenscheinlichen Vorteils wird Recyclat allerdings aus zwei Gründen immer noch nur wenig, meist anteilig eingesetzt:

Zunächst ist es wesentlich günstiger, neues Plastik zu produzieren als altes einzusammeln und wiederzuverwenden – so verrückt das auch klingen mag.

Daneben gibt es aktuell noch gar nicht ausreichend viel wiederverwertetes Plastik im Angebot, als dass alle umschwenken könnten. Mit unserem ausschließlichen Einsatz von Recyclat wollen wir aber zeigen, dass es dennoch geht – und andere Unternehmen motivieren, ebenfalls nur noch wiederverwertetes Plastik zu verwenden oder den Anteil von Recyclat in ihren Produkten sukzessive weiter zu erhöhen. Wir beobachten aktuell auch schon, dass  andere Hersteller das machen! Hoffentlich sinken dann mittelfristig auch die Preise für recyceltes Plastik.

GründerDaily: Vor Kurzem wurde bekannt, dass ihr künftig die Fluggesellschaft Eurowings mit Wasser beliefern werdet. Wie kam diese Kooperation zustande?

Sebastian von share: Wir arbeiten aktuell sehr intensiv daran, unsere Produktpalette zu vergrößern, wollen aber gleichzeitig auch unsere Absatzwege erweitern. Neben den REWE To Go Tankstellen, wo wir jetzt auch mit unseren Produkten vertreten sind, fanden wir auch Fluglinien spannend. Wir haben dafür dann mit Retail inMotion und LSG Sky Chefs, die Zulieferer der Fluglinie Eurowings, gesprochen. Sie fanden die Idee gut und wollten das 1+1-Prinzip unterstützen. In diesem Jahr werden wir nun mindestens drei Brunnen gemeinsam mit Eurowings bauen können!

GründerDaily: share ist ein soziales Unternehmen, dass Spenden in den Alltag einbauen will und ihr spendet für jeden verkauften Artikel einen gleichwertigen an Menschen in Not. Wie kam es zu der Idee?

Sebastian von share: Vor share habe ich die Spendenapp ShareTheMeal, mit der man Hunger gemeinsam mit dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen bekämpfen kann, gegründet. ShareTheMeal wurde über eine Million Mal heruntergeladen und hat bis dato mehr als 35 Millionen Tagesrationen zur Verfügung gestellt.

Mit meinem damaligen Kollegen Ben Unterkofler überlegte ich, wieso so etwas noch nicht mit Konsumgütern möglich ist.

'Konsum' – dieser Begriff ist in unserer Gesellschaft so negativ besetzt. Dabei ist es eigentlich nicht verwerflich, sich selbst etwas Gutes tun zu wollen – solange darunter niemand anderes leiden muss.

Aus diesen Gedanken wuchs vor zwei Jahren die Idee, eine Marke zu gründen, bei der es genau andersherum läuft. Wir gründeten share zu viert in Berlin und entwickelten das 1+1 Prinzip: Beim Kauf von einem Produkt spenden wir seither immer ein gleichwertiges Produkt an einen Menschen in Not und “verteilen damit quasi um”. Das ist unser Versuch, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen.

GründerDaily: Erkläre uns doch bitte kurz, wie genau share funktioniert.

Sebastian von share: Für jedes gekaufte share-Produkt stellen wir zusammen mit unseren sozialen Partnern einem Menschen in Not ein gleichwertiges Produkt oder einen Service zur Verfügung. Zum Beispiel: Mit jedem Kauf einer Flasche natürlichen Mineralwassers wird in Kooperation mit der Hilfsorganisation Aktion gegen den Hunger der Bau oder die Reparatur von Brunnen finanziert. Dabei garantieren wir, dass mit jeder gekauften Flasche mindestens ein voller Tag Trinkwasser aus diesen Brunnen für einen Menschen ermöglicht wird. Das entspricht mindestens 20 Litern Trinkwasser.

GründerDaily: Auch in die Regale verschiedener Lebensmittel-Händler wie REWE und dm habt ihr es in Rekordzeit geschafft – und das obwohl gerade hier die Konkurrenz sehr groß ist. Was war hier der Schlüssel zum Erfolg?

Sebastian von share: Hier war das Netzwerk entscheidend: Wir kannten bereits mehrere Manager bei REWE und dm und hat so einen Termin bei den Konzernen erhalten. Wir haben den Vorständen unsere Idee gepitcht und sehr gute Reaktionen bekommen – wohl auch, weil beiden Händlern das Thema Nachhaltigkeit ebenfalls wichtig ist. REWE und dm helfen uns sogar beim Marketing und der Supply Chain. Hätten wir hier nicht so einen großartigen Support bekommen, wäre der Launch im letzten Jahr in dieser Form gar nicht möglich gewesen.

GründerDaily: Welche Tipps kannst du unseren Lesern hierzu geben?

Sebastian von share: Baue dir ein Netzwerk auf! Laufe mit offenen Augen durch deine Umwelt – manchmal triffst du auf die besten Kontakte, wenn du es am wenigsten erwartest. Sei dabei offen und aufgeschlossen und trau dich auch mal über deinen eigenen Schatten zu bringen. Lass dich auch nicht von Misserfolgen herunterziehen.

Bei keinem läuft immer alles rund, jeder muss sich mit Niederlagen auseinandersetzen. Wichtig ist, dass du daraus die richtigen Schlüsse ziehst und überlegst, wie du die gesammelten Erfahrungen für dich nutzen kannst. 

GründerDaily: Stelle uns doch bitte kurz das Gründerteam vor.

Sebastian von share: Wir sind alle schon seit einiger Zeit befreundet. Dabei haben wir ganz unterschiedliche Biografien.

share COO Antonia Hammer und das share-Gründerteam: Iris Braun, Tobias Reiner, Ben Unterkofler, Sebastian Stricker (v.l.). ©Viktor Strasse.

Ich habe meine berufliche Laufbahn als Unternehmensberater begonnen, Ben stand schon im Jugendalter als Schauspieler auf der Bühne. Tobias ist ehemaliger Leistungssportler und ruderte für das U23-Nationalteam und Iris arbeitete mehrere Jahre als Entwicklungshelferin und Forscherin für die Harvard University.

Bei share finden alle unsere unterschiedlichen Kompetenzen einen Platz und wir ergänzen uns hervorragend: Iris leitet unser Produktteam und die sozialen Projekte, Tobi handhabt das Partnerschaftsmanagement mit unseren Handelspartnern, Ben ist unser Marketing-Chef, und ich versuche als Geschäftsführer alles zusammenzuhalten. Unser Management-Team wird nun von Antonia Hammer komplettiert – sie leitet die Operations bei share.

GründerDaily: Welche größeren Probleme musstet ihr bislang meistern?

Sebastian von share: Nicht alles bei share war leicht oder ein “Selbstläufer” – wir sind erst langsam erwachsen geworden und sicher immer noch dabei. Nachdem wir REWE und dm überzeugen konnten, unsere Produkte zu listen, hieß es, die damit einhergehenden Erwartungen an ein Handelsunternehmen zu erfüllen. Zum Beispiel wurden uns im vergangenen Jahr reihenweise Paletten nach ihrer Lieferung zurückgeschickt, in unserem Verständnis zunächst grundlos.

Es stellte sich heraus: Es waren nur Paletten, die Halbliterflaschen mit stillem Mineralwasser fassten und nur aus einem bestimmten Lager von dm kamen. Dadurch, dass das Wasser nicht mit Kohlensäure versetzt war, war der sogenannte Druckkoeffizient zu gering und die Wasserflasche stand nicht gerade, weshalb sich die gesamte Palette marginal zur Seite neigte und der Roboter des Lagers unsere Lieferung nicht annahm. Für uns eine wirklich verrückte Geschichte und Erkenntnis.

GründerDaily: Du konntest bereits vor share mit der oben schon erwähnten App ShareTheMeal Gründungserfahrung sammeln. Worauf sollte man nach deiner Erfahrung als Social Entrepreneur besonders achten?

Sebastian von share: Viele Außenstehende oder sogar Social Entrepreneurs, die am Anfang stehen, denken oft, dass sie nur ein Geschäftsmodell, das auf Wohltätigkeit aufbaut, entwickeln müssen und die Kunden dann ganz automatisch kommen. Doch verschiedene Studien haben belegt, dass sich Menschen nur dann für ein nachhaltiges Produkt entscheiden, wenn unter anderem auch folgende Faktoren stimmen: Qualität, Service und Preis.

Wenn es sich um ein innovatives Produkt handelt, spielt also auch der Kundennutzen eine wichtige Rolle.

Daneben müssen Sozialunternehmer sich genauso an wichtige Business-Prinzipien halten wie klassische Unternehmer: Effizienz, Profitabilität, Wachstum und so weiter. Im Gegensatz zum klassischen Business kommt beim Social Enterprise allerdings der soziale Aspekt hinzu. Der Gründer eines Social Business sollte also den Markt ganz genau analysieren, einen Businessplan schreiben und sein Unternehmen führen, wie es jeder andere Unternehmer machen würde.

Keyfacts über share GmbH

  • Gegründet im Jahr: 2017
  • Firmensitz in: Berlin
  • Unser aktuelles Team besteht aus: 35 Personen
  • Die erste Finanzierung erfolgte durch/über: Anschubfinanzierung erfolgte über Wagniskapitalgeber
  • Besonders geholfen haben mir/uns bisher: Unser starkes Netzwerk und unsere großartigen Handelspartner REWE und dm
  • Besonders wichtig im Arbeitsalltag sind für mich/ uns folgende:
    • Menschen: Familie, Freunde und das share Team
    • Tools: Officevibe – damit checken wir unsere Mitarbeiterzufriedenheit
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