Früher an später denken – So sorgen Gründer für das Alter vor

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Laut Koalitionsvertrag plant die Große Koalition die Einführung der Altersvorsorgepflicht für Selbstständige. Der Grund: Viele Selbstständige würden sich zu wenig um ihre Rente kümmern. Was würde eine Altersvorsorgepflicht bedeuten? Sorgen Gründer überhaupt für ihr Alter vor? Und auf welche Formen von Altersvorsorge setzt man dann? Wir haben mit einigen Gründern und einem Experten gesprochen.

 

Rund ein Drittel der Deutschen bezeichnet sich selbst als Aufschieber. Besonders bei langfristigen Vorhaben wie der Altersvorsorge zögern Menschen gerne Taten hinaus. Das liegt nicht nur an den üblichen Gründen für Prokrastination. Studien haben ergeben: Viele Menschen fühlen sich nicht gut beraten und informiert, wenn es um die Altersvorsorge geht. Welche Möglichkeiten habe ich? Und welche sind die besten? Von gesetzlicher Rente über Lebensversicherungen bis hin zu Aktien – es gibt viele Optionen, Geld für das Alter zurückzulegen. Besonders für Selbstständige, die nicht in die Rentenkasse einzahlen, ist eine eigenständige Vorsorge lebensnotwendig. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn wer nicht früh genug vorsorgt, wird im Alter auf wenig zurückgreifen können.

Selbstständige haben es in der Altersvorsorge schwerer

Doch als Selbstständiger eigenständig für seine Rente zu sorgen, ist meist leichter gesagt als getan. In der Anfangsphase muss man als Unternehmensgründer beispielsweise erst einmal Investitionen tätigen. Bis das Unternehmen ausreichend Einnahmen für den Lebensunterhalt generiert, kann es manchmal ein bisschen dauern. Generell kann das Einkommen bei Selbstständigen stark schwanken. Zudem sind die Beiträge für Selbstständige für die staatliche Altersvorsorge deutlich höher als bei einem Angestellten, bei dem der Arbeitgeber die Hälfte übernimmt. So sehen sich Selbstständige schnell hohen und im Finanzplan unberücksichtigten Ausgaben gegenüber.

Altersvorsorge Der Idealfall: später unbeschwert das Alter genießen.

Die Pläne der großen Koalition: die Altersvorsorgepflicht

Auch die Rentenpläne der großen Koalition werden daran nicht viel ändern. Das von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil im Juli 2018 vorgestellte Rentenpaket sieht für Selbstständige erst einmal kein neues Konzept vor. Laut Koalitionsvertrag soll in dieser Legislaturperiode aber noch die Altersvorsorgepflicht eingeführt werden. Das heißt, dass Selbstständige und Freiberufler dazu verpflichtet werden, entweder in die gesetzliche Rentenkasse oder – mittels eines „opt-outs“ – in eine private Vorsorge einzuzahlen. Letztere muss jedoch insolvenz- und pfändungssicher sein. Immobilien oder Investmentfonds wären somit keine Option.

Kritik von Verbänden und Versicherern

Sollte die Altersvorsorgepflicht kommen, wäre das eine gute Maßnahme, um Selbstständige dazu zu bringen, sich frühzeitig um ihre Rente zu kümmern. Die Idee ist aber auch schon auf Kritik gestoßen. Der Verband für Gründer und Selbstständigen e.V. befürchtet beispielsweise, dass Selbstständige bestehende langfristig angelegte Versicherungsverträge, Immobilienfinanzierungen und ähnliches nicht mehr bedienen können, wenn diese im Rahmen der künftigen Altersvorsorgepflicht nicht anerkannt werden.

Auch Jan Klimaschka, Head of Sales & Marketing bei der Main-Finanz AG sieht Abschreckpotenzial: „Wenn Selbstständige allein schon für die Krankenversicherung hohe Ausgaben haben und dann noch einen Pflichtbeitrag von circa 200 bis 300 Euro für die Rente einzahlen müssen, kann das für sie schwierig sein. Gerade in einer Phase, in der Einnahmen vielleicht gerade mau aussehen.“

Wie ist die aktuelle Situation bei Unternehmensgründern?

Momentan zeichnet sich bei Gründern ein sehr gemischtes Bild auf die Frage ab, ob sie sich aktiv um ihre Altersvorsorge kümmern. „Das ist abhängig von dem Verständnis, der Bereitschaft und der Liquidität des Gründers“, so Klimaschka. Meistens beschäftigen sich Gründer mit dem Thema erst, wenn sie auch Einnahmen haben. Und das ist seines Erachtens auch richtig. „Man sollte da nichts überstürzen. Denn es ist immerhin eine große monatliche Ausgabe.“ Andere Gründer sehen ihr Unternehmen selbst als Altersvorsorge an. Das sei laut Klimaschka aber nicht ratsam. Denn was passiert, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert? Der Preis eines Unternehmens kann sich schnell ändern. Auf den Verkauf des Unternehmens könne man sich also nicht verlassen. Altersvorsorge hingegen würde einem langfristig den Lebensunterhalt sichern.

Nach Klimaschkas Erfahrung wird Altersvorsorge für Gründer nach circa einem halben Jahr der Unternehmensgründung interessant. Das sei aber auch abhängig von der Branche, da sich Unternehmen jeweils unterschiedlich schnell entwickeln. Aus diesem Grund sei es auch von politischer Seite her nicht ratsam, bei der Altersvorsorgepflicht alle über einen Kamm zu scheren. So könnte man beispielsweise über eine Schonfrist, ein umsatzabhängiges oder Staffelsystem nachdenken.

Auf welche Formen von Altersvorsorge setzt man?

Die Optionen für eine eigenständige Altersvorsorge sind vielfältig. Staatlich geförderte Angebote bestechen mit Steuervorteilen. Private hingegen mit höherer Flexibilität. Jan Klimaschka dazu:

Welche Form von Altersvorsorge für einen in Frage kommt, hängt immer davon ab, welche Vorstellungen und Ziele ein Gründer hat. Und wie alt der Gründer ist. Das heißt: Wie lange zahlt er noch ein?

Was man nicht leugnen kann: Bei der gesetzlichen Rentenkasse hat man immer ein Demografieproblem. In zehn Jahren geht zum Beispiel die Baby-Boomer-Generation in Rente. Dann verschiebt sich die Relation von Einzahlenden und Rentenbeziehern deutlich. Das heißt, mehr Menschen sind auf die Mittel sinkender Beitragszahler angewiesen. Bei einer niedrigen Geburtenrate wird sich dieses Problem langfristig auch nicht lösen.

Mit dem möglichen Einzug der Altersvorsorgepflicht herrscht bei privaten Vorsorgeoptionen hingegen Unsicherheit. Welche private Vorsorge würde in der Altersvorsorgepflicht anerkannt? Ob die Pflicht überhaupt kommt und wie die Politik sie gestalten wird, ist heute noch offen. Gründer und Selbstständige sollten sich aber darauf einstellen, dass sie kommen könnte.

Gründer und ihre Altersvorsorge

Wir haben mit ein paar Gründern über Altersvorsorge gesprochen: Sorgen Gründer für das Alter vor? Ab wann denkt man als Gründer daran Altersvorsorge zu betreiben? Und auf welche Formen setzt man dann?

Jan Jessberger, Gründer von Cheesy Wooden Accessories

Da ich während des Studiums gegründet habe, habe ich mich erst einmal nicht um die Altersvorsorge gekümmert. Das kam erst 3 Jahre später, nach Beendigung des Studiums. Damals habe ich schon Einnahmen generiert.

Jessberger (Cheesy Wooden Accessories) hat sich insbesondere mit dem zeitintensiven und umfangreichen Prozess der Informationsbeschaffung schwer getan. Somit folgte er dann einer persönlichen Empfehlung.

Ich habe mich deshalb auch auf den Rat eines Bekannten verlassen, dem ich vertraue. So wählte ich zwei verschiedene Produkte: eine Vorsorgeoption der Allianz Versicherung und eine über meine lokale Bank. Damit fühle ich mich relativ gut abgesichert.

Seine Meinung zur Altersvorsorgepflicht verknüpft er mit einer klaren Forderung:

Wenn die Altersvorsorgepflicht kommen sollte, wäre mir wichtig, dass man als Selbstständiger immer noch die Wahl zwischen privater und gesetzlicher Vorsorge hat. Sodass ich die private Vorsorge einfach beibehalten könnte, wenn die gesetzliche nicht mehr Vorteile bringt.

Mircea Popa, Mitgründer von JobNinja

Ich kümmere mich momentan noch nicht um meine Altersvorsorge. Zum einen, weil die Rente noch so weit weg ist. Zum anderen, weil es so zeitaufwendig ist, sich zu informieren.

Popa und sein Partner Meyer gründeten JobNinja im August 2016. Altersvorsorge ist erst für die Zukunft geplant.

In ein paar Jahren, wenn wir nicht mehr in der Aufbauphase des Start-ups sind und die Geldflüsse passen, werde ich mich auf jeden Fall um die Altersvorsorge kümmern. Aber gerade habe ich einfach nicht die Zeit.

Und wenn die Altersvorsorgepflicht kommt?

Wenn man vorsorgen muss, werde ich es natürlich machen.

Dominik Guber, Mitgründer von Braufässchen

Altersvorsorge ist ein großes Thema für mich als Geschäftsführer sowie für unsere Teammitglieder.

Auch bei Guber vom Start-up Braufässchen dauerte es eine Weile nach der Gründung, bis er sich um die Altersvorsorge kümmerte:

So richtig kam das Thema erst im Jahr 2016, also vier Jahre nach der Gründung, auf. Seitdem betreibe ich auch aktiv Altersvorsorge.

Der Geschäftsführer setzt dabei auf eine Vorsorge, die nicht nur ihm selbst sondern dem gesamten Team nutzt:

Wichtig ist für mich die betriebliche Altersvorsorge. Die bieten wir für die Gründer sowie für jedes Teammitglied an. Aber natürlich ist auch das eigene Business eine Altersvorsorge für zukünftiges, passives Einkommen.

Fazit

Die Pläne der Bundesregierung, eine Altersvorsorgepflicht einzuführen, sind noch ungewiss. Trotzdem: Selbstständige sollten freiwillig etwas für die Rente tun, damit sie im Alter auf Rücklagen zurückgreifen können. Das Bewusstsein oder die Bereitschaft, jetzt schon zurückzulegen, ist momentan noch nicht bei jedem Selbstständigen gegeben. Das zeigen auch die Gespräche, die wir mit einigen Gründern geführt haben. Altersvorsorge muss nicht schon in der Startphase des Unternehmensaufbaus betrieben werden. Sie sollte aber auf die Tagesordnung rutschen, sobald das Unternehmen ein Einkommen erzielt und man Ressourcen zur Verfügung hat. Wer schon früh beginnt, schreitet später unbeschwerter in die Zukunft.

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