Auf der Autobahn Kunden gewinnen - dieses Start-up macht es möglich

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Für alle Autofahrer präsent, werden Großfahrzeuge wie LKWs in der Regel während einer Fahrt immer intensiv betrachtet – großartiges Potenzial für eine Werbefläche! RoadAds revolutionierte diesen Werbemarkt mit per GPS-Signal ortbaren und flexibel anpassbaren Displays. Für diese Geschäftsidee hat das Start-up unter anderem auch schon die Daimler AG gewinnen können.

 

Für-Gründer.de: Hallo Andreas, was macht dein Unternehmen RoadAds interactive genau?

Andreas Widmann von RoadAds: Wir montieren große ePaper Displays an LKW-Heckflächen, um digitale Werbeschaltung im Straßenverkehr zu ermöglichen. LKW-Flächen sind das einzig zugelassene Werbemittel auf deutschen Autobahnen und bisher war es nur möglich, diese Flächen zu bedrucken oder zu bekleben. Jetzt muss man sich aber vorstellen, dass ein LKW im Fernverkehr durch ganz Europa fährt. Da verliert eine Werbung schnell an Relevanz oder wird im schlimmsten Fall überhaupt nicht mehr verstanden.

Unser Ziel war es deshalb eine dynamische, digitale Werbeschaltung zu ermöglichen, damit Inhalte auf Knopfdruck beispielsweise an den Standort des Fahrzeugs angepasst werden können. Unsere ePaper Displays können genau das.

Über GPS wissen wir auf 5 Meter genau, wo sich der LKW gerade befindet und über LTE ist das Modul ständig mit unserem Server verbunden und kann in Echtzeit Anzeigen ausspielen. Das ist weltweit einmalig und schafft natürlich ganz neue Möglichkeiten, wie auf der Straße geworben werden kann. Wir können nicht nur spezifisch, beispielsweise an einzelnen Autobahnausfahrten werben, sondern können die Anzeigen auch an Uhrzeit, Wetter, Verkehrslage und eigentlich jeden beliebigen Faktor anpassen.

Um hier das Potenzial voll ausschöpfen zu können, bieten wir auch eine Online-Plattform über die Anzeigen und Kampagnen bequem erstellt werden können. Ein Kunde definiert ein Werbegebiet und seine Kampagnenparameter – sobald diese Bedingungen erfüllt sind und sich ein LKW im entsprechenden Gebiet befindet, wird die Werbung gezeigt.

RoadAds passt die Werbung auf LKWs und revolutioniert damit den Sektor. (Quelle: RoadAds) Displaywerbung auf vier Rädern: RoadAds passt Anzeigen auf LKWs an. (Quelle: RoadAds)

Für-Gründer.de: Du bist ja eigentlich studierter Biologe – wie bist du auf diese Geschäftsidee gekommen?

Andreas Widmann von RoadAds: Ja, ich selbst habe mit LKWs und Logistik eigentlich nichts zu tun gehabt, aber mein Vater arbeitet in dieser Branche. Er hatte mir erzählt, dass es riesige Probleme gibt, LKWs als Werbeträger zu vermarkten, weil man keine Möglichkeit hat, Anzeigen gezielt anzupassen. Dabei ist das eigentlich ein tolles Medium!

Eine Heckfläche hat bis zu 50.000 Sichtkontakte am Tag und die Akzeptanz der Werbung ist extrem hoch, weil sie auf der Straße niemanden stört. Auch die Wahrnehmung ist bis zu 2,5 Mal höher als bei anderen Außenwerbemedien.

Einziges Problem ist bislang, dass man die Werbung eben nicht an den Standort anpassen kann und dadurch sehr große Streuverluste entstehen. Wir haben uns dann überlegt, wie man das besser machen könnte und haben vor allen Dingen nach einer Technologie gesucht, mit der man es auf europäischen Straßen umsetzen kann. Wir hatten das Thema im Prinzip schon abgeschlossen, weil wir immer wieder auf Probleme mit der Straßenverkehrsordnung gestoßen sind – bis ich eines Abends in meinem eBook-Reader gelesen habe und dachte: „Das ist es, damit können wir es machen!"

Für-Gründer.de: Welche Technik steckt hinter euren Displays und was ist daran so besonders?

Andreas Widmann von RoadAds: Die Regularien in Deutschland und Europa bezüglich des Straßenverkehrs sind recht streng. Vor allem gibt es sehr genaue Vorgaben für jede Art von Beleuchtung am Fahrzeug. Normale LCD oder LED Displays benötigen immer eine Hintergrundbeleuchtung. Damit sind sie im Straßenverkehr eine „lichttechnische Einrichtung" und haben keinerlei Chance auf eine Zulassung.

Wir arbeiten daher mit elektronischer Tinte beziehungsweise Papier, das auf einem grundlegend anderen Prinzip beruht. Das Bild wird dadurch erzeugt, dass geladene Tintenpartikel durch einen elektrischen Impuls ausgerichtet werden. Damit wird ein ähnlich hoher Kontrast wie bei bedrucktem Papier erreicht und man kann komplett auf Hintergrundbeleuchtung verzichten. Die größte Hürde bei der Straßenzulassung war damit genommen.

Außerdem ist ePaper auch bei direkter Sonneneinstrahlung problemlos lesbar und braucht fast keinen Strom. Die Displays können über die Fahrzeugbatterie betrieben werden, ohne dass befürchtet werden müsste, dass die Elektronik im LKW ausfällt. ePaper Displays sind außerdem extrem dünn, was uns viel Spielraum gegeben hat, ein geeignetes Gehäuse zu entwickeln, welches den Anforderungen im Straßenverkehr gerecht wird.

Unsere ePaper Displays sind deshalb nicht nur die größten der Welt, sie sind auch absolut wasser-, staub- und wetterfest am Fahrzeug verbaut. Heißt, man kann den LKW bei Wind und Wetter einsetzen und damit nicht nur auf die Autobahn, sondern sogar durch die Waschstraße fahren.

Für-Gründer.de: Welche Zielgruppe sprecht ihr an und wie groß schätzt ihr den Markt?

Andreas Widmann von RoadAds: Das Schöne an unserer Plattform und unserem Werbemedium ist, dass Werbebudgets und Volumina sehr individuell angepasst werden können. Eher so, wie man es bisher aus der Onlinewerbung kennt. Damit ist unsere Zielgruppe natürlich sehr vielfältig, da wir sowohl für die großen Marken interessant sind, die ein neues, innovatives Werbemedium nutzen wollen, als auch für kleine, lokale Unternehmen, die besonders von unserer standortspezifischen Schaltung profitieren können und für die LKW-Werbung bisher nicht in Frage kam.

So etwas wie RoadAds gibt es bisher nirgendwo, von daher ist es auch schwer, die Marktgröße korrekt einzustufen.

Der Werbemarkt in Deutschland setzt insgesamt etwa 40 Milliarden Euro um, davon fällt bisher nur ungefähr 1 Milliarde auf Out-of-Home Medien, zu denen wir gehören.

Allerdings ist die Branche momentan etwas im Umschwung. Erstens sinkt der Anteil der Fernsehwerbung schleichend und zweitens werden viele traditionelle Plakatflächen digitalisiert und damit flexibel nutzbar. Wir kommen genau zur richtigen Zeit und können von diesem Wandel profitieren – vor allem, weil wir mit unserer Plattform und den Parametern, an die wir Anzeigen anpassen können, sehr viel Funktionalität bieten, die anderen Medien fehlt.

Für-Gründer.de: An welcher Stelle verdient ihr euer Geld?

Andreas Widmann von RoadAds: Zunächst verkaufen wir natürlich unsere Displaymodule, woran wir allerdings praktisch nichts verdienen. Von daher sehen wir uns auch nicht als Displayproduzent oder -verkäufer. Wir werden unser Geld aber über den Verkauf der Werbung verdienen.

Jeder Logistiker, der unsere Module erwirbt, hat die Möglichkeit an unserem Werbeprogramm teilzunehmen. Dabei kümmern wir uns komplett um die Akquise und die Verwaltung von Werbekunden, leiten aber bis zu 70% der Einnahmen an den Logistiker weiter. Wir wollen ihm damit die Möglichkeit geben, sich um sein Kerngeschäft zu kümmern, während wir dafür sorgen, dass seine LKW-Flächen ausgelastet sind.

Für Werbetreibende bietet das natürlich den Vorteil, dass sie mit uns und unserer Online-Plattform die Möglichkeit haben, Anzeigen unabhängig von einzelnen Logistikern zu buchen und vor allem dynamisch anzupassen. Dadurch können wir deutlich mehr Flächen und vor allem eine bessere Abdeckung aller Werbegebiete anbieten, wodurch wir Werbekunden natürlich ganz anders erreichen als es einzelne Logistiker könnten.

Für-Gründer.de: Wie habt ihr euch bisher finanziert und mit welchen Mitteln wollt ihr euer Wachstum in den nächsten Jahren vorantreiben?

Andreas Widmann von RoadAds:

Es ist momentan alles aus eigener Tasche finanziert und wir sind auch nicht aktiv auf der Suche nach einem externen Investor.

Ich habe die Hoffnung, dass wir es durch die Entscheidung im ersten Schritt nicht nur Werbung, sondern auch die Displaymodule selbst zu verkaufen, relativ schnell schaffen können, zumindest unsere Kosten zu decken. Dadurch wäre auch kein riesiges Investment nötig, um weiter zu wachsen. Mir ist vor allem wichtig, dass wir mit einem guten, ausgereiften Produkt überzeugen, das – wenn es auf der Straße ist – für sich selbst wirbt. Dann kommen auch die Kunden und das Wachstum.

Für-Gründer.de: Wie habt ihr einen so namhaften Partner wie die Daimler AG gewinnen können und wie genau sieht die Kooperation aus?

Andreas Widmann von RoadAds: Das Mercedes Benz Profitraining in Wörth kam Ende 2015 auf uns zu, da sie von unserem Projekt gehört hatten und einfach ein bisschen mehr erfahren wollten. Damals hatten wir nur einen kleinen Prototyp an einem Spielzeug-LKW, mit dem ich unsere Idee und unser Projekt dann auch in Wörth vorgestellt habe.

Was wir vor allem gebraucht haben, war ein LKW, um einen ersten Prototypen in Originalgröße umsetzen zu können. Den haben wir von Mercedes zur Verfügung gestellt bekommen, außerdem haben Sie uns geholfen mit dem TÜV über die Straßenzulassung zu sprechen und uns bei technischen Fragen unterstützt –  vor allem bezüglich der Stromversorgung am Fahrzeug. Ich hatte im April 2016 außerdem die Möglichkeit, unseren ersten richtigen, originalgroßen Prototypen bei der LKW-Vollversammlung in Wörth vorzustellen.

Für-Gründer.de: Eine große Herausforderung wird vermutlich die flächendeckende Gewinnung großer Werbepartner sein. Arbeitet ihr hier mit Partnern zusammen oder wollt ihr diese Aufgabe allein bewerkstelligen?

Andreas Widmann von RoadAds: Ich denke, es ist utopisch zu glauben, man könnte ein neues Werbemedium einfach so im Markt etablieren, ohne die richtigen Zugänge zur Werbebranche zu haben. Ganz egal wie neu oder attraktiv die Fläche ist, die Leute müssen davon erfahren und man muss es schaffen, eine gewisse Relevanz aufzubauen.

Daher werden wir unsere Flächen nicht nur über unsere eigene Plattform, sondern auch über Partner und Agenturen vermitteln. Wir führen hierzu momentan Gespräche mit einigen großen Werbeagenturen und Spezialmittlern, die uns in ihr Portfolio aufnehmen werden.

Für-Gründer.de: Auf der diesjährigen Internationalen Automobil-Ausstellung IAA werdet ihr vertreten sein. Was erhofft ihr euch davon?

Auf der IAA soll RoadAds der ganz große Wurf gelingen. (Quelle: RoadAds) Auf der IAA soll RoadAds der ganz große Wurf gelingen - links im Bild: Gründer Andreas Widmann (Quelle: RoadAds)

Andreas Widmann von RoadAds: Die IAA Nutzfahrzeuge ist die größte LKW-Messe der Welt mit über 250.000 Besuchern. Hier können wir auf einen Schlag die gesamte LKW- und Logistikbranche erreichen, wenn wir unsere Displaymodule als Weltpremiere vorstellen. Zudem erwarten wir sehr viel wichtiges Feedback, um unsere Module bis zum Marktstart im nächsten Jahr weiter zu verbessern. Auf der Messe beginnt auch die Vorbestellungsphase für unsere Displays. Wir hoffen, dort die ersten zahlenden Kunden gewinnen zu können.

Für-Gründer.de: Wie sehen eure Ziele beziehungsweise die nächsten Schritte für die kommenden zwölf Monate aus?

Andreas Widmann von RoadAds: Der nächste wichtige Schritt ist die IAA. Dort können wir direkt sehen, wie unsere Module angenommen werden und wo wir eventuell nachbessern müssen. Im Anschluss wird eine Testphase über etwa sechs Monate mit fünf LKWs im regulären Logistikbetrieb starten. Davon erhoffen wir uns ebenfalls Erkenntnisse darüber, welche Probleme im Echtbetrieb auftreten können, die wir bei unseren eigenen Tests übersehen haben.

Außerdem haben wir dadurch etwas mehr Luft, weitere Werbekunden auch über die Testphase hinaus für den Marktstart im Juni 2017 zu gewinnen. Je nachdem, wie unsere Module auf der IAA und im Anschluss daran in der Branche ankommen, wollen wir dann unseren Dienst mit 500 bis 1000 LKWs starten.

Für-Gründer.de: Welche drei Tipps möchtest du angehenden Gründern mit auf den Weg in die Selbstständigkeit geben?

Andreas Widmann von RoadAds:

#1 Scheut euch nicht davor, über eure Idee zu sprechen.

Man hat immer Angst, dass sie vielleicht geklaut wird, aber wenn ihr niemandem davon erzählt, bekommt ihr auch kein Feedback und werdet wahrscheinlich auch nie mit der wirklichen Umsetzung anfangen. Ihr müsst es zwangsläufig irgendwann öffentlich machen, also wartet damit nicht zu lange.

#2 Schaut euch in eurer Umgebung um, ob es Beratungsangebote, spezielle Förderprogramme oder auch einfach nur eine aktive Start-up-Szene gibt.

Mir war das vor meiner eigenen Gründung überhaupt nicht bewusst, wie viel bei mir im Rhein-Neckar-Kreis eigentlich los ist. Man denkt vielleicht im ersten Moment sofort an Berlin, wenn es um Start-ups geht, aber auch anderswo in Deutschland ist viel geboten. Ich habe mehr und mehr angefangen, Start-up-Veranstaltungen zu besuchen und dadurch nicht nur den einen oder anderen spannenden Kontakt bekommen, sondern vor allem auch viel darüber erfahren, wo ich mir Unterstützung zum Thema Gründung besorgen kann. So etwas weiß man im Normalfall nicht, wenn man sich nicht mit dem Thema beschäftigt hat. Viele Städte bieten spezielle Beratungsangebote für Gründer und es gibt einige Förderprogramme aus öffentlichen Geldern, das sollte man auf jeden Fall mitnehmen.

#3 Pitching-Events sind nicht alles!

Mir ging es anfangs ein bisschen so, dass ich, nachdem ich gesehen hatte, wie aktiv die Szene eigentlich ist, gern jeden Pitch-Wettbewerb und jede Veranstaltung mitgenommen hätte, die ich finden konnte. Das kann am Anfang sicher sinnvoll sein, um Feedback zu bekommen und Kontakte zu knüpfen, man darf dabei aber nicht die eigentliche Umsetzung seines Projektes vergessen. Was bringt mir ein perfektes Pitch-Deck, wenn auf der anderen Seite kein Produkt steht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Zeit meist am sinnvollsten investiert ist, wenn ich sie wirklich in die Weiterentwicklung und die Umsetzung meiner Idee stecke. Das kommt dann auch bei solchen Veranstaltungen sehr gut an, wenn man nicht nur mit tollen Folien, sondern auch mit einem tollen Produkt oder Prototypen punkten kann.

Für-Gründer.de: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für die IAA!

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