Erfolgsgeschichten: Gründer mit Vision für die Umwelt

|
Inspiration

Nachhaltige Geschäftskonzepte gibt es viele. Diese vier Start-ups haben bahnbrechende Lösungen in diesem Bereich entwickelt und sind daher mit dem KfW Award Gründen 2023 ausgezeichnet worden.

Die Pflanzenkohle wird aus Kakaoschalen gewonnen und sorgt für fruchtbare Böden und bekämpft die Trockenheit. (Bild: Circular Carbon)

#1 Circular Carbon: Der ökologische Lebensretter für ausgelaugte Böden

Felix Ertl zeichnet ein düsteres Bild: Die Böden sind weltweit derart trocken und ausgelaugt, dass die Ernten immer schlechter werden. „Die Böden können nichts mehr, sie gleichen Wüsten“, sagt er. Vor allem in Deutschland und in Südeuropa sei das Problem elementar: „Der Nährstoffanteil sinkt zusehends, und damit die Qualität der Lebensmittel.“ 

2018 hat Ertl gemeinsam mit drei Mitstreitern das Start-up Circular Carbon gegründet, um diesen Missstand zu beheben. „Geeint hat uns die Leidenschaft, etwas gegen den Klimawandel zu tun“, sagt er. Anfangs haben sie in Uganda an Energielösungen geforscht. Doch durch einen Zufall merkten sie, dass die Pflanzenkohle, damals ein Abfallprodukt der Stromproduktion, ein sehr guter Dünger ist.

Zurück in Deutschland fokussierte sich das internationale Quartett auf die Pflanzenkohle. „Sie stellt das natürliche Gleichgewicht mikrobiologischer Lebensräume wieder her“, sagt der Mitgründer.

Denn die Pflanzenkohle entzieht der Atmosphäre CO2, fördert gleichzeitig den Humusaufbau in ausgelaugten landwirtschaftlichen Böden und verbessert so deren Fruchtbarkeit.

Gewonnen wird sie aus organischen Reststoffen, wie sie etwa bei der Kakaoproduktion oder in Getreidemühlen anfallen. Alles weitere erledigt die Karbonisierung.

Der entscheidende Meilenstein für Circular Carbon war die Gewinnung eines großen Kakaoproduzenten als Partner. Daraufhin hat das mittlerweile mehr als 40 Mitarbeiter beschäftigende Unternehmen in Hamburg sieben Millionen Euro investiert und eine große Produktionsanlage aufgebaut. Der Kakaohersteller liefert das Rohmaterial und erhält im Gegenzug wertvollen Dampf zurück. Die Pflanzenkohle verkauft das Start-up an Landwirte beziehungsweise Händler und Düngemittelhersteller, die die Bauern beliefern. 
2024 wollen die Bayern in zwei weitere Anlagen investieren. Auch die Expansion nach Spanien, Schweden und in die Niederlande ist geplant. 

#2 thermal DRONES: Wildtierrettung mit KI und Wärmebilddrohnen

Gründer Martin Israel rettet mit Thermal DRONES und Künstlicher Intelligenz Wildtiere. (Foto: Jelena Moro)

Zwischen Mai und Juli mähen die Bauern das hochgewachsene Gras, um Futter für ihre Stalltiere zu gewinnen. Leider verunglücken bei dieser Tätigkeit unzählige Wildtiere, die dort Schutz suchen oder brüten. Das ist nicht nur für die Tiere grausam. Auch die Landwirte, die mit ihrem Mähwerk aus Versehen etwa ein Rehkitz verletzen, sind oft nachhaltig geschädigt. „Ein Kitz, dem die Läufe abgeschnitten wurden, quiekt fürchterlich laut. Dann stoppt der Landwirt und muss, sofern der zuständige Jäger verhindert ist, das kleine Reh, um es nicht noch länger leiden zu lassen, mit einem Stock oder Stein erschlagen“, sagt Dr. Martin Israel. 

Israel hat nach jahrelanger Forschung 2020 das Start-up thermal DRONES gegründet. Er wollte nicht länger hinnehmen, dass allein in Deutschland pro Jahr mehr als 500.000 Wildtiere, darunter auch Bodenbrüter wie Wachteln oder Rebhühner, bei der Mahd sterben müssen. Auch der weiterführende Schaden trieb ihn um: Werden mit Kadavern verunreinigte Silagen an Kühe oder Pferde verfüttert, können sie sterben. 

Thermal DRONES hilft mit Künstlicher Intelligenz, Wildtiere zu retten. Hochausgerüstete Wärmebilddrohnen fliegen über die Fläche, erspähen die Tiere, die kurze Zeit später gerettet werden können. Je nach Flächengröße siedelt man die Tiere in den nahegelegenen Wald um, oder aber man umzäunt das Gebiet – und mäht drumherum. 

Laut Israel ist sein Start-up Technologieführer im Bereich Drohnen-basierte Wildtiersuche im DACH-Gebiet. „Unsere Spezial-Software macht fast jede am Markt erhältliche Wärmebilddrohne fünf mal so effizient“, sagt der Gründer.

Die Wärmebildkameras funktionieren auch tagsüber bei Sonnenschein. Sie bilden weit mehr als die üblichen Farb- und Temperaturunterschiede ab. Somit kann thermal DRONES 98 Prozent aller Tiere retten. 

Das Spin-Off des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. will seine Expertise künftig in weiteren Gebieten einsetzen, etwa, um kaputte Photovoltaik-Module effizient aufzuspüren – damit sie repariert werden und wieder vollen Einsatz leisten können. 

#3 Additive Drives: Die Zukunft der Elektromotoren ist 3D-gedruckt

Die Gründer von Additive_Drives, Philipp Arnold, Axel Helm und Dr. Jakob Jung (vlnr) sind Weltmarktführer im Bereich 3D-gedruckter Elektromotoren. (Foto: Marvin Gretschel)


Philipp Arnold und Dr. Jakob Jung waren jahrelang Kollegen bei einer VW-Tochter. „Dort haben wir erlebt, dass es von der Idee bis zur Markteinführung lange dauert“, sagt Arnold. Die beiden Männer wollten schneller etwas bewegen. Als sie dann auf Alex Helm stießen, der bei einem großen 3D-Druck-Hersteller arbeitete, war die Gründung von Additive Drives beschlossene Sache. 
Im Juli 2020 ging das Unternehmen an den Start.

Drei Jahre später sind die Dresdner Weltmarktführer im Bereich 3D-gedruckter Elektromotoren. Das Start-up entwickelt und fertigt Antriebe mittels innovativer Verfahren. Die patentierten Technologien machen die E-Motoren extrem effizient und bringen hohe Leistungsdichten hervor. „Wir haben uns die Hauptverlustquelle bei den herkömmlichen Motoren angesehen“, sagt Arnold. „Es sind die Kupferwicklungen.“ Darauf hat sich das mittlerweile mehr als 50 Mitarbeiter starke Start-up konzentriert, hat die Verlustquellen reduziert.

Der Mitgründer sagt:

Mit unserer Technologie erreichen wir das physikalische Optimum.

Zu den Kunden der Sachsen gehören große Automobilkonzerne wie VW oder Mercedes Benz sowie Zulieferer. „Für einen bekannten Fahrzeughersteller haben wir einen Motor entwickelt, der 30 Prozent Platz spart und somit sowohl die Effizienz als auch die Reichweite des Fahrzeugs vergrößert“, sagt Arnold. Außerdem würden weniger Ressourcen verbraucht. 

Mehr als 50 Prozent der Elektromotoren werden aber im Non-Automative-Bereich eingesetzt, sodass das Unternehmen auch mit großen Tech-Unternehmen in den USA und Europa zusammenarbeitet, etwa Amazon oder Airbus.

Und das soll dennoch nur der Anfang sein. Additive Drives, bereits ein Jahr nach Gründung profitabel, wächst weiter, wohlgemerkt, so Arnold, „organisch“. In drei Jahren soll die Mitarbeiterzahl auf 200 anwachsen und der Umsatz bei mindestens 40 Millionen Euro liegen. Im laufenden Jahr beträgt er schätzungsweise sechs Millionen Euro. 

#4 WasteAnt: Abfallentsorgung neu gedacht mit KI-Technologie

Das Bremer Start-up WasteAnt hat eine KI-basierte Technologie entwickelt, die die Bewertung unstrukturierter Abfallströme automatisiert. Das heißt, Abfall, der in einem Müllheizkraftwerk angeliefert wird, wird nicht wie herkömmlich von einem Mitarbeiter auf Störstoffe untersucht, sondern mit Hilfe einer sogenannten Sensorbox. Kameras und Sensoren filtern in kürzester Zeit Dinge aus dem Müllberg auf dem LKW, die dort nicht hineingehören. „Etwa Gasflaschen“, sagt Mitgründer Maximilian Storp. „Sie würden bei der Verbrennung explodieren.“ Aber auch anderer Unrat wie Matratzen oder Bauabfälle werden aussortiert – und anderweitig entsorgt.

Das ist nicht nur aus Sicherheitsgründen wichtig. Je homogener der Müll ist, desto besser der Wirkungsgrad der Verbrennung. Auch die stoffliche Verbrennungsmenge ist höher, die Stillstandszeiten sind geringer. Das steigert die Stromerzeugung. Insgesamt wird der Prozess durch WasteAnt effizienter.

Storp sagt:

Alleine die Kontrollzeit bei der Anlieferung reduziert sich um 95 Prozent. Reduziert werden außerdem die Emissionen, da bei der Verbrennung weniger fossile Brennstoffe zum Einsatz kommen. 

Vor zwei Jahren wurde WasteAnt von Storp und drei Partnern gegründet, da „wir schon immer etwas mit Recycling machen wollten“. Mittlerweile beschäftigen sie 14 Mitarbeiter. Noch sind sie nicht profitabel, generieren aber Umsätze. Ihre Kunden sind Betreiber von Müllheizkraftwerken in Deutschland, etwa die Stadtwerke Bremen, swb AG. Die Hardware verkaufen sie, die Software wird als Lizenz angeboten. Außerdem trainieren sie die Mitarbeiter der Anlagen in den ersten Wochen.

Das Ziel von WasteAnt laut Storp: „In zwei Jahren wollen wir eine signifikante Zahl an Anlagen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Niederlande und Belgien mit unserer Technologie ausstatten.“

KfW Award Gründen

zurück