Innovationen im Klassenzimmer

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Inspiration

Fobizz bietet Lehrerinnen und Lehrern digital Fortbildungen an und stellt Tools zur Nutzung von KI bereit. Das Hamburger Start-up ist Bundessieger des KfW Award Gründen 2023.

Fobizz: Digitale Forbildung für Lehrer
Mit der Idee digitaler Lehrerfortbildung wurde das start-up fobizz Bundessieger des KfW Award Gründen 2023. (Foto: fobizz | 101skills GmbH)

Es wird häufig geschimpft, dass Deutschlands Schulen in puncto Digitalisierung hinterherhinken. Das preisgekrönte Hamburger Start-up fobizz tut eine Menge dafür, dass sich das ändert. Es hat eine Plattform entwickelt, die Lehrkräften den Zugang zu Fortbildungen sowie Tools und KI ermöglicht. 

Fobizz sieht sich als „täglicher Begleiter“ der Lehrkräfte, um sie in die Lage zu versetzen, ihren Schülerinnen und Schülern Kenntnisse in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Medien und IT einfach und praxisnah zu vermitteln. Mit mehr als 300 zertifizierten Selbstlernkursen und mehr als 20 digitalen Werkzeugen bietet das Unternehmen Lehrer*innen die Ressourcen, um den Unterricht interaktiv, effektiv und digital zu gestalten. 

Mittlerweile ist fobizz die nach eigenen Angaben führende deutschsprachige Plattform auf diesem Gebiet. Das im Sommer 2018 gegründete Start-up hat bereits mehr als 5.000 Schulen und mehr als 300.000 Lehrkräfte im Unterrichtsalltag unterstützt.

fobizz Kurse im Überblick
Aus einer Vielzahl an Kursen können Lehrer ihre Fortbildung wählen. (Foto: fobizz | 101 skills GmbH)

 „Wir sind in allen Schulen von der Grund- bis zur Berufs- und Hochschule aktiv, Lehrerinnen und Lehrer aller Fächer nutzen unsere Angebote“, sagt Dr. Diana Knodel, eine der Gründerinnen. Gemeinsam mit Theresa Grotendorst und Philipp Knodel hatte sie die Idee zu fobizz. Kurz später stieß Frederik Dietz dazu, heutiger CTO.

Junge Frauen ans Programmieren bringen

Diana Knodel, promovierte Informatikerin mit Schwerpunkt pädagogische Psychologie und eine Zeit lang Produktmanagerin bei Xing, kennt Grotendorst seit rund zehn Jahren. Grotendorst hat technische Redaktion und Information Management studiert und unter anderem bei SAP und Gruner und Jahr gearbeitet. 

Die Freundinnen, als Frauen in der Tech-Welt noch immer unterrepräsentiert, versuchten schon vor Jahren, Kinder und Jugendliche – insbesondere Mädchen – fürs Programmieren zu gewinnen. Also legten sie verschiedene Workshops auf und initiierten Hackathons für Jugendliche. Gemeinsam mit Philipp Knodel stieß Diana Knodel zudem das Projekt App Camps an, das kostenlos Unterrichtsmaterialien und Kurse rund ums Programmieren bereitstellt. 

Als dann immer mehr Lehrerinnen und Lehrer, primär aus dem IT-Bereich, auf diese Angebote aufmerksam wurden und fragten, ob die Expert*innen auch Fortbildungen durchführen würden, sagten Diana Knodel und Theresa Grotendorst zu. In ganz Deutschland vermittelten sie ihr Wissen. „Bis wir uns irgendwann sagten, dass es ziemlich ineffizient ist, so weit zu fahren und doch nur wenige Lehrerinnen und Lehrer zu erreichen.“ So entstand fobizz. 

Fobizz Gründerteam Kfw Award Gründen 2023
So sehen Sieger aus: fobizz aus Hamburg kann sich nicht nur über den Landessieg freuen, sondern ist auch Bundessieger geworden (Bild: Katrin Schöning)

Eine Plattform – viele Nutzer 

Der Gedanke dahinter: Mit einer Internet-Plattform kann man sein Wissen für alle Interessierten jederzeit zur Verfügung stellen. Die Rechnung ging auf. Zuerst griffen vor allem IT-Lehrkräfte auf das Angebot zurück. Doch nach und nach empfahlen diese fobizz dem gesamten Kollegium. So gewannen die Hamburger wiederum immer mehr Schulen, die dann allen Lehrenden den Zugang einrichteten. „Wir sind von Anfang an vor allem durch Mundpropaganda gewachsen“, sagt Diana Knodel. Weitere Marketingaktivitäten sind die Präsenz in sozialen Medien wie X, Instagram und neuerdings auch Blue Sky. 

Aber auch Corona gab den Hanseaten Auftrieb. Als fast zwei Jahre lang kaum Präsenzunterricht in den Schulen stattfand und die Kinder und Jugendlichen von zu Hause aus lernen mussten, war fobizz für viele Lehrerinnen und Lehrer eine wichtige Hilfe. Gerade jene, die vorher recht unbedarft waren, was digitales Unterrichten angeht, konnten mit fobizz den Fernunterricht gestalten.

Die Pandemie war zum Glück eines Tages vorbei. Das Hamburger Start-up nahm trotzdem weiter Fahrt auf. Die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schulen hatten erkannt, dass die Digitalisierung auch im Klassenzimmer nützlich ist. Sie haben gemerkt, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Notebooks und Laptops nicht plötzlich in der Versenkung verschwinden lassen wollen. Und sie haben eingesehen, dass heutzutage andere Kompetenzen als in ihrer eigenen Schulzeit wichtig sind. Vor allem im Hinblick aufs spätere Arbeitsleben brauchen junge Menschen heute Skills in den Bereichen Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken. Diese „4Ks“ hat die Kultusministerkonferenz nicht ohne Grund als Kernkompetenzen für digitales Arbeiten ausgegeben.

Erste Bundesländer als Kunden

Mit den fobizz-Angeboten können die Lehrkörper dieses Wissen vermitteln. Und das ohne große Vorkenntnisse. Die digitalen Tools, Fortbildungen, Unterrichtsmaterialien und KI sind gut verständlich und in der Praxis leicht anzuwenden: Die Lehrkräfte können mit wenigen Klicks etwa Erklärvideos oder digitale Arbeitsblätter erstellen. Wer anfangs unsicher ist, ob er Gefallen findet, kann zudem erst einmal die kostenlose Basis-Lizenz testen. Wer sich für ein Abo entscheidet, zahlt, je nach Umfang der Inhalte, zwischen knapp 15 und knapp 20 € pro Monat.

Dabei müssen die Lehrerinnen und Lehrer oft gar nicht selbst in die Tasche greifen, da etliche Schulen die Kosten für die gesamte Lehrerschaft übernehmen. Und mittlerweile kommen sogar die ersten Bundesländer, zum Beispiel Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, flächendeckend für eine Landeslizenz für die KI-Assistenz und die Fortbildungen von fobizz auf. Knodel hofft, dass nach den ersten Pilotphasen weitere Bundesländer auf den Zug aufspringen. 

Mit diesen Lizenz-Modellen können die Hamburger gut wirtschaften. Das Unternehmen fährt mittlerweile einen „mittleren siebenstelligen“ Umsatz ein, „weiter steigend“, wie Diana Knodel anfügt. „Wir sind auch schon profitabel, Investitionen finanzieren wir aus dem Cashflow.“ Von Beginn an hat das Unternehmen keine Fremdmittel benötigt. „Fobizz ist gebootstrappt“, sagt die Gründerin. Außerdem beschäftigt das Start-up nur 35 Mitarbeitende. Die Lerninhalte stammen von engagierten Lehrer*innen. Aktuell sind es laut Diana Knodel etwa 100. Sie werden am Umsatz beteiligt. Wie hoch dieser ist, kommuniziert das Unternehmen nicht. 

Chatten mit Marie Curie

Vor allem aber reüssiert fobizz, weil es am Puls der Zeit agiert. „Wir sind sehr schnell mit neuen Themen“, sagt Diana Knodel. So bietet das Start-up seit geraumer Zeit vermehrt Lerninhalte und Arbeitshilfen rund um das Thema Künstliche Intelligenz an.

Diana Knodel präsentiert im Gespräch ein besonders begehrtes Tool, die Korrekturhilfe für Lehrkräfte. Es erleichtert ihnen in allen Fächern das lästige Korrigieren von Klassenarbeiten oder Tests. Die KI streicht sowohl inhaltliche als auch Rechtschreibfehler an. Eine andere Demonstration zeigt, wie man ChatGPT kindgerecht anwendet.

Die Schüler*innen können mit Avataren berühmter Persönlichkeiten chatten, sie fragen sie, was sie ausgezeichnet hat. In wenigen Sekunden erklärt zum Beispiel die digitale Marie Curie, warum sie Anfang des 20. Jahrhunderts zwei Nobelpreise erhielt. Auf Wunsch macht sie das auch auf Französisch. „Wir werden künftig weitere Produkte im Segment KI-Assistenz entwickeln“, verspricht Diana Knodel.

Um weiterzuwachsen, stehe außerdem die Internationalisierung auf dem Plan. Aktuell ist fobizz in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiv. Doch schon in Kürze sollen weitere Länder hinzukommen. Genaueres will Diana Knodel noch nicht verraten. Langfristig strebt das Start-up ferner Kooperationen mit anderen Unternehmen aus dem Bereich Education Tech an.

Um diese Entwicklungen voranzutreiben, stellen die Hamburger Mitarbeitende ein. „Bis Ende Januar nächstes Jahres begrüßen wir mindestens fünf neue Angestellte in unserem Unternehmen“, sagt Diana Knodel. 
 

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