Digital zum Durchbruch
Digitale Geschäftskonzepte mit Mehrwert: Diese vier Sieger des KfW Award Gründen 2023 zeigen, wie man effizient Patienten versorgt, Kindern das Programmieren beibringt oder die Erwerbsmigration internationaler Fachkräfte steuert.
#1 Complori (Codary GmbH): Programmierkurse für Kinder und Jugendliche
Das Berliner Start-up Complori vermittelt Kindern und Jugendlichen nötige Kompetenzen, die sie für die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts brauchen. Konkret bringen Tutoren 7- bis 16-Jährigen das Programmieren bei. Mitgründerin Amanda Maiwald sagt, dass Programmieren laut OECD "eines der wichtigsten Job-Skills ist. Alle sollten im Kindesalter die Grundlagen der Programmierung erlernen."
Mitten in der Pandemie hatten die Wirtschafts-Informatikerin Amanda Maiwald und ihre frühere Kommilitonin und Arbeitskollegin Antonia Schein die Idee, ein Unternehmen zu gründen. "Wir haben uns häufig auf dem Tempelhofer Feld zum Brainstorming getroffen", sagt Maiwald. "Es ging während des Lockdowns ja nur draußen."
Auch mit Kindern haben sie gesprochen, um den Bedarf zu eruieren. Nach einigen Monaten "sahen wir den Need", sagt Maiwald. Also haben sie im Herbst 2020, gemeinsam mit Nikolaj Bewer, Codary gegründet und die Marke Complori lanciert. Das Trio erhielt ein Berliner Start-up-Stipendium und konnte in den Co-Working-Space der TU einziehen. Dann ging es schnell, bis der erste Online-Programmierkurs angeboten werden konnte.
In den folgenden drei Jahren hat Complori mehr als 60.000 Kinder und Jugendliche mit ihren Angeboten erreicht.
Immer maximal zehn Teilnehmer aus ganz Deutschland werden von einem Tutor unterrichtet. Damit die jungen Menschen bei der Stange bleiben, werden die Inhalte spielerisch aufbereitet. Maiwald sagt:
Wir verknüpfen die Programmiersprachen, etwa Phyton oder JavaScript, mit Computerspielen wie Minecraft.
Außerdem bieten sie eine kostenlose Probestunde an. Einen Großteil der Kunden gewinnt das junge Berliner Unternehmen über Firmen, die den Kindern ihrer Mitarbeiter digitale Coding-Camps ermöglichen. Ferner kooperiert Complori mit einer Stiftung und der Deutschen Kinderhilfe e.V., damit auch Kinder aus einkommensschwachen Haushalten programmieren lernen können.
#2 Voize: Pflegedokumentation mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz
Als Fabio und Marcel Schmidbergers Großvater ins Pflegeheim kam, merkten die Brüder, wie aufwendig Pflegedokumentation ist. "Rund 30 Prozent der Arbeitszeit gehen dafür drauf", sagt Marcel Schmidberger. "Abends, nach getaner Arbeit, sitzen die Pflegekräfte zwei Stunden am Schreibtisch und tippen Berichte."
Die beiden Informatiker taten sich mit Erik Ziegler zusammen und gründeten Anfang 2020 Voize. Ihr Ziel war es, diesen Missstand zu beheben.
Also entwickelten sie eine KI-basierte Software, die es den Mitarbeitern in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen ermöglicht, ihre Befunde in ein Smartphone einzusprechen.
Das Gesprochene wird sofort und automatisch aufgeschrieben und strukturiert ins Dokumentationssystem eingepflegt. Jegliche Berichte, Trinkprotokolle, Vitalwerte und vieles mehr werden auf diese Weise erfasst und gespeichert. Und nicht nur das:
Die Künstliche Intelligenz erkennt auch, wenn Handlungsbedarf vorliegt.
Marcel Schmidberger erklärt: "Wenn es zum Beispiel heißt, Patientin Müller hat einen Blutdruck von 70 zu 80, erkennt das System, dass jemand nachsehen muss." Außerdem lernt die KI dauernd hinzu und entwickelt sich kontinuierlich weiter, sodass auch individuelle Akzente oder Dialekte der Anwenderinnen und Anwender verstanden werden.
Natürlich kommt Voize den Pflegekräften zu Gute. Am Ende aber trägt die Software dazu bei, dass die Patienten besser versorgt werden. "Das Pflegepersonal hat mehr Zeit, um sich ums Wesentliche zu kümmern", sagt Marcel Schmidberger. Das Zwischenmenschliche.
Das Brandenburger Start-up hat bereits rund 150 Pflegeinstitutionen wie Caritas oder Diakonie in Deutschland und Österreich gewonnen. In der Zukunft ist die weitere internationale Expansion geplant. Außerdem wollen die Potsdamer ihr Dokumentationssystem auf andere Bereiche ausdehnen, etwa auf Zahnärzte. "Unser Ziel für die nächsten Jahre ist es nicht, kostendeckend zu arbeiten", sagt der Mitgründer. "Wir wollen in Wachstum investieren."
#3 Subsequent GmbH: Skelettanalyse mittels KI
Subsequent wurde schon mehrfach prämiert. Unter anderem wurde das junge Unternehmen als "Digitales Start-up des Jahres 2023" ausgezeichnet. Kürzlich erhielt es den KfW Award Gründen als Landessieger Baden-Württemberg. Dabei ist das Konstanzer Start-up erst gut zweieinhalb Jahre alt, gegründet wurde es im Februar 2021 vom Informatiker Dr. Manuel Stein.
Er ist begeisterter Fußball-Fan und es störte ihn, dass es keine aufschlussreichen Datensätze zur Analyse des Laufverhaltens der Spieler gab.
Gemeinsam mit einem Mitstreiter gründete er Subsequent.
Mit Hilfe eines EXIST-Gründungsstipendiums konnten beide die Gründung vorbereiten. Wohlgemerkt ohne einen Investor einzuschalten. "Wir finanzieren uns bis heute nur aus eigenen Mitteln und Einnahmen, wir wachsen organisch", sagt Stein.
Etliche Kunden, vor allem aus dem Gesundheitswesen, zählen zu den Kunden der jungen Firma. Sie setzt auf das KI-basierte Tracking von Bewegungsabläufen, welches ermöglicht, diese genau nachzuvollziehen und darauf basierend Verbesserungen in der Ausführung zu generieren.
Selbst eine laienhafte Handy- oder Fernseh-Aufnahme reicht: Subsequent kann daraus eine fundierte Skelettanalyse herstellen.
Die Einsatzgebiete für die Software der Konstanzer ist breit. Ob Eishockey, Pferde- oder Fahrradsport: Kliniken und Ärzte sind ebenso Abnehmer wie Sportverbände. Das Unternehmen konnte zum Beispiel die österreichische Fußball-Nationalmannschaft als Kunde gewinnen, ferner den Deutschen Eishockey-Bund. Ebenso kommt die KI beim autonomen Fahren zum Einsatz.
Das B2C-Geschäft steht derzeit im Vordergrund. Mehr und mehr will Subsequent Privatleuten helfen, etwa Menschen, die zu Hause Fitness machen und wissen möchten, ob sie ihre Übungen korrekt ausführen oder wie sie sich von Einheit zu Einheit verbessert haben. Ebenso können sie Schlaganfall-Patienten und anderen älteren Menschen helfen, das Sturzrisiko zu minimieren. "Ein weiterer Bereich, den wir angehen, ist das betriebliche Gesundheitsmanagement", sagt Stein. "Hier gibt es eine Menge, insbesondere für ältere Arbeitnehmer, zu tun."
#4 Ankaadia: Digitalisierung der Erwerbsmigration
Es gibt zu wenige Fachkräfte und Auszubildende in Deutschland. Nur durch Einwanderung kann der Wirtschaftsstandort Aufrecht erhalten werden. Doch für die Arbeitgeber ist es mit etlichen bürokratischen Hürden verbunden, Kräfte aus dem Ausland, insbesondere aus Drittstaaten, anzuwerben und hier ins Arbeitsleben zu integrieren.
Das im Sommer 2021 gegründete Start-up Ankaadia hat den hohen Bedarf an einer effektiven Abwicklung der Erwerbsmigration erkannt und bietet daher eine prozessoptimierte Software an, um hier Abhilfe zu schaffen.
Wir digitalisieren und automatisieren die Anwerbung, Anerkennung und Integration von internationalen Fachkräften für das Gesundheitswesen und die Industrie.
Stefan Reininger fügt hinzu: "Wir Gründer wollten schon seit längerem etwas eigenes aufbauen. Durch Zufall sind wir darauf gestoßen, dass der Erwerbsmigrationsprozess kaum digitalisiert ist".
Deshalb hat er gemeinsam mit Fabio Enge und Dr. Jan Wilmanns im hessischen Oberursel Ankaadia gegründet.
Das Unternehmen bietet Agenturen, die in der Vermittlung von deutschen Arbeitgebern und ausländischen Mitarbeitern tätig sind, eine Back-off-Lösung an, um die Prozesse zu beschleunigen.
Das sind Visa-Vergabe-Prozesse ebenso wie Dokumentationen zum erworbenen Sprach-Niveau und vieles mehr. Somit ist für alle Beteiligten, insbesondere für die Arbeitgeber und die potenziellen Arbeitnehmer, zu jeder Zeit transparent ersichtlich, wann wer welchen Schritt machen muss.
Das von Venture-Capital-Gebern finanzierte Start-up hat noch viel vor: Eine Agentur in Österreich wurde bereits unter Vertrag genommen. Die Internationalisierung in Richtung der DACH-Region soll vorangetrieben werden. Außerdem will Ankaadia weitere Berufsgruppen ins Visier nehmen. Derzeit liegt der Fokus auf Pflegekräften und entsprechend spezialisierten Agenturen.
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- Seit 26 Jahren zeichnet die KfW Bankengruppe Unternehmen in den ersten fünf Jahren ihrer Geschäftstätigkeit mit dem KfW Award Gründen (ehemals GründerChampions) aus. Für den renommierten Preis können sich Unternehmen aller Branchen bewerben, die ihren Sitz in Deutschland haben. Die Preisträger werden von einer Jury aus erfahrenen Vertreterinnen und Vertretern aus der KfW, Politik und Wirtschaft ausgewählt. Die Preisverleihung fand am 19. Oktober statt.
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