So finanzieren sich die Top 50 Start-ups des Jahres (auch ICO ist bereits Thema)

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Wenn Gründer miteinander sprechen, steht in der Regel schnell das Thema Finanzierung im Mittelpunkt. Wir haben unsere Top 50 Start-ups des Jahres zu diesem Thema befragt. Dabei durfte auch Trendthema Initial Coin Offerings (ICO) nicht fehlen. Soviel vorab: Nur eines der Unternehmen befindet sich aktuell in der Planung für einen ICO.

 

  • Hintergrund: 176 Gründerwettbewerbe aus dem Jahr 2017 haben wir analysiert, um aus den dort prämierten 752 Gewinnern die Top 50 Start-ups zu küren. Dabei spielten bspw. folgende Aspekte eine Rolle: die Anzahl aller Auszeichnungen, die Prämierungen bei verschiedenen Wettbewerben, die Platzierung sowie das Preisgeld und die Bedeutsamkeit des jeweiligen Wettbewerbs. Mehr dazu erfahrt ihr hier.

Seedfinanzierung, Serie A bis X und dann IPO – so plausibel der idealtypische Finanzierungszyklus eines Start-ups klingt, so schwer ist er in der Praxis für die meisten Unternehmen umzusetzen. Und gerade in Deutschland mangelt es nach einer ersten Startfinanzierung häufiger an der passenden Anschlussfinanzierung. Zwar sehen die Top 50 Start-ups insgesamt nicht in der Finanzierung die größte Herausforderung für künftiges Wachstum, sondern bei der Mitarbeitergewinnung, der Produktentwicklung und dem Vertrieb. Dennoch haben rund 30% der Start-ups „Finanzierung“ als eine von drei wesentlichen Wachstumsherausforderungen für die Zukunft genannt.

Zuschüsse eine beliebte Option

Wie haben sich die Top 50 Start-ups bisher finanziert? Fast zwei Drittel der Unternehmen haben bei ihrer Finanzierung bereits Zuschüsse in Anspruch genommen. Die populärste Förderung ist EXIST mit 26 Start-ups aus dem Kreis der Top 50 Start-ups. Hauptsächlich kam dabei wiederum das EXIST-Gründerstipendium zum Einsatz. Mehr dazu erfahrt ihr auch in diesem Beitrag.

Neben dem Einsatz eigener Mittel und Bootstrapping konnten die Top 50 Start-ups vielfach professionelle Investoren gewinnen. Rund 34% haben bisher als Investor einen Business Angel mit an Bord. Der Anteil von Venture Capital-Finanzierungen liegt sogar noch gut zwei Prozentpunkte höher. Bei gut jedem fünften Unternehmen investierten sowohl ein Business Angels als auch ein Venture Capital-Geber. In der Summe haben insgesamt 27 der Top 50 Start-ups und damit etwas mehr als die Hälfte Kapital eines professionellen Investors erhalten.

Finanzierungsquellen Top 50 Start-ups Das sind die bisherigen Finanzierungsquellen der Top 50 Start-ups 2017.

Förderdarlehen sind – wie im Start-up-Umfeld üblich – auch unter den Top 50 Start-ups nicht so stark verbreitet. Lediglich acht der 50 Unternehmen haben diese Finanzierungsquelle bisher genutzt.

Auch die Finanzierung über die Crowd ist eine Option, die schon von den Top 50 Start-ups genutzt wurde. So hat Texlock auf der US-amerikanischen Crowdfunding-Plattform Kickstarter fast 280.000 Euro von über 2.200 Unterstützern aus aller Welt eingesammelt. Auch das Start-up oncgnostics war erfolgreich bei der Crowd. Auf der deutschen Plattform Seedmatch konnten sowohl im Jahr 2016 als auch direkt zu Jahresbeginn 2018 Crowd-Investoren überzeugt werden. Die Finanzierungsrunden beliefen sich zusammen auf 1,25 Millionen Euro. Lediglich sieben der Top 50 Start-ups haben zur Finanzierung bisher ausschließlich auf Eigenmittel zurückgegriffen.

2018: Finanzierung ein wesentliches Ziel

Nach der Finanzierung ist vor der Finanzierung. Dieser dem Fußball entliehene Aphorismus gilt auch für unsere Top 50 Start-ups. Gleichwohl mehr als jedes zweite der Start-ups bereits einen Investor an Bord hat, planen rund drei Viertel der Unternehmen eine Finanzierungsrunde im Jahr 2018. 20 der kapitalsuchenden Top 50 Start-ups peilen dabei eine Summe bis zu der Marke von 1 Million Euro an. 12 von ihnen bewegen sich zwischen 1 Million und 10 Millionen Euro. Gar eine Finanzierung von über 10 Millionen Euro streben sechs der Top 50 Start-ups an.

Die Angaben der Start-ups lassen damit ein erhofftes Gesamtfinanzierungsvolumen von deutlich über 100 Millionen Euro im Jahr 2018 erwarten.

Finanzierung Verteilung der avisierten Finanzierungssummen für das Jahr 2018.

ICO statt IPO

Ein IPO, also ein Börsengang, ist für die Top 50 Start-ups aktuell noch keine Option. Schließlich sind diese im Schnitt erst 2,5 Jahre am Markt aktiv. Vielmehr hat sich für uns also die Frage gestellt, ob der aufkommende Hype rund um die alternative Finanzierungsform des ICO (Initial Coin Offering) eine Variante der Kapitalaufnahme sein kann.

Trotz der Neuheit des Themas haben etwas über 40% der befragten Start-ups angegeben, sich bereits mit der Thematik ICO auseinandergesetzt zu haben. Die verbleibenden 60% haben sich mit einem ICO als Finanzierungsoption hingegen noch nicht beschäftigt.

Allerdings kommt für die große Mehrheit der Start-ups, die einer Finanzierung per ICO offen gegenübersteht, diese Option nicht in Betracht. Für sechs der Top 50 Start-ups, die sich schon intensiver mit der Thematik beschäftigt haben, stellt der ICO eine valide Finanzierungsalternative dar. Eines der Unternehmen befindet sich aktuell in der Planung für einen ICO. Die wichtigsten Voraussetzungen für einen ICO benennt István Cocron von Kanzlei CLLB Rechtsanwälte: „ein schlüssiges Konzept, ein gutes Marketingteam und seriöse und transparente Rechtsberatung.“

Die Vorteile eines ICO bestehen aus Sicht der Start-ups u.a. in folgenden Punkten:

  • Größere Flexibilität
  • Investoren können Anteile unkompliziert weiterverkaufen
  • Unmittelbare Wertsteigerung bei positiver Unternehmensentwicklung
  • ICO bietet auch nicht-monetäre Vorteile für den Investor
  • Gute Alternative zu klassischen Finanzierungswegen mit ihren Nachteilen
  • Gute Marketingeffekte

Für einen ICO von Start-ups sprechen aus Sicht von Rechtsanwalt István Cocron insbesondere folgende Pluspunkte: „schneller Aufbau eines weltweiten Netzwerks, Zugang zu riesigen Märkten, direkter und schneller Kontakt zu einer Vielzahl potenzieller Investoren.“

Das Fazit in puncto Finanzierungsfragen

Die Top 50 Start-ups konnten bisher bei ihrer Finanzierung in der Mehrzahl auf öffentliche Zuschüsse zurückgreifen. Dabei stand in erster Linie das EXIST-Gründerstipendium im Fokus, das insbesondere für die Konzeptphase gedacht ist. Ein guter Teil der Start-ups konnte danach auch klassische Investoren wie Business Angels und Venture Capital-Geber gewinnen.

Trotz dieser Erfolge bleibt die Finanzierung eine große Herausforderung der Unternehmen für zukünftiges Wachstum. Dies drückt sich auch in den Finanzierungszielen der Top 50 Start-ups für das Jahr 2018 aus: deutlich über 100 Millionen Euro sollen es werden. Das Trend-Thema ICO war auch für viele der Top 50 Start-ups bereits Gegenstand der Diskussion. Eine valide Option ist es in allerdings noch nicht: Nur ein Start-up ist derzeit dabei, einen ICO zu planen.

Initial Coin Offering (ICO) als Finanzierung für Start-ups

István Cocron von unserem Partner CLLB Rechtsanwälte beschreibt im Folgenden, wie ein ICO als Finanzierungsmöglichkeit für Start-ups funktioniert.

Cocron CLLB ICOEin traditioneller Börsengang (IPO) ist mit vielen regulatorischen Hürden verbunden. Daher werden immer wieder wirtschaftlich günstigere und weniger regulierte Alternativen gesucht. Ein ICO hat Ähnlichkeiten mit einem Börsengang, verbunden mit Elementen der Schwarmfinanzierung (Crowd Investing). In jüngster Zeit erfreuen sich ICOs gerade bei Start-ups einer immer größeren Beliebtheit und gelten als Innovation in der traditionellen Risikokapitalfinanzierung.

Wie funktioniert ein ICO?

Das ICO nutzt das Prinzip virtueller Währungen: Statt Aktien an die Investoren auszugeben, werden Einheiten einer neu geschaffenen virtuellen Währung (Token) verkauft. Diese Token werden in der Regel mit virtuellen Währungen wie Bitcoins oder Ether erworben.

ICOs sind dank der Technologien wie der ERC20 Token-Standard leicht zu strukturieren. Dieser übernimmt einen großen Teil des für die Erstellung eines neuen kryptographischen Vermögenswerts erforderlichen Entwicklungsprozesses. Bei den meisten ICOs schicken Investoren finanzielle Mittel wie Bitcoin oder Ether an einen sogenannten „Smart Contract", der diese speichert und zu einem späteren Zeitpunkt den Gegenwert in Form des neuen Tokens ausschüttet.

Prospektpflicht für ICOs?

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, hat Bitcoin und vergleichbare virtuelle Währungen als Finanzinstrumente im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) eingeordnet. Für den reinen Verkauf scheidet eine Erlaubnispflicht nach dem KWG aber aus. Virtuelle Währungen erfüllen auch nicht die Definitionen des Wertpapierhandelsgesetzes, sodass zumindest hierdurch keine Prospektpflicht für den ICO entsteht. Eine Prospektpflicht kann jedoch nach dem Vermögensanlagegesetz (VermAnlG) gegeben sein. Entscheidend ist, wie die angebotenen Token ausgestaltet sind.

  • Werden dem Inhaber keine weiteren Rechte außer der Inhaberschaft selbst gewährt, dürften diese kaum als Vermögensanlagen eingeordnet werden.
  • Gewähren die Token jedoch ein zusätzliches Bezugsrecht für weitere Token nach festgelegten Regeln, können diese Token unter Umständen Vermögensanlagen darstellen, wenn nach diesen Regeln Ausschüttungen an Tokeninhaber erfolgen, die sich am Ergebnis des ausgebenden Unternehmens orientieren.

Die technischen Möglichkeiten für die Ausstattung von Token mit solchen Bezugsrechten sind zahlreich. Je nach Ausgestaltung ist zu prüfen, ob die Token als Vermögensanlage eingeordnet werden müssen oder nicht.

Ein ICO ist keine per se unregulierte Möglichkeit der schnellen Kapitalbeschaffung. Es bedarf einer sehr sorgfältigen Planung und rechtlichen Ausgestaltung durch einen Experten, damit der ICO nicht unter das Vermögensanlagegesetz fällt.

Dies ist gerade für Start-ups wichtig, da hierdurch Kosten und Aufwand des ICO signifikant gesenkt werden können. Als Kanzlei betreut CLLB Rechtsanwälte bereits mehrere ICO-Projekte in Deutschland und Europa.

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