"Eklatante Ungleichbehandlung" Aktivrente für Selbstständige: Verbände starten Petition

News

2.000 € steuerfrei – aber nur für Angestellte? Genau das plant die Regierung bei der Aktivrente ab 2026. Selbstständige wären außen vor. Jetzt kontern VGSD, BAGSV und weitere Verbände mit einer Petition. Sie sprechen von "eklatanter" Ungleichbehandlung und sehen die Reform sogar verfassungsrechtlich auf wackligen Beinen.

Person sitzt vor Laptop mit Notizblock und Bleistift
Freiberufler-Verbände haben eine Petition gestartet. Sie fordern eine faire Aktivrente. Bild: cottonbro studios / Pexels.

Debatte um Aktivrente: Kritik an Ausschluss von Selbstständigen

Zum 1. Januar 2026 will die Bundesregierung die Aktivrente einführen. Wer die Regelaltersgrenze überschritten hat, soll künftig bis zu 2.000 € monatlich steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Doch das Privileg soll ausschließlich für Angestellte gelten. Selbstständige und Freiberufler wären ausgeschlossen.

Diese Entscheidung sorgt für breite Empörung. Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) und die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) kritisieren die geplante Regelung als klaren Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes: Wer die gleiche Arbeit im gleichen Alter leiste, dürfe nicht allein wegen seiner Erwerbsform unterschiedlich besteuert werden.

Scharfe Worte kommen auch aus der Medizin. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, nennt den Gesetzentwurf "nicht nachvollziehbar". Gerade auf dem Land, wo ärztliche Versorgungslücken immer größer werden, seien ältere Praxisinhaber unverzichtbar. Der Ausschluss selbstständiger Ärzte von der Aktivrente sende ein fatales Signal: "Wer den drohenden Versorgungsengpass verhindern will, darf auf den Beitrag der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte nicht verzichten."

Auch Juristen sehen den Entwurf kritisch. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags stuft die Aktivrente als steuerliche Lenkungsnorm ein. Verfassungsrechtlich möglich, aber nur bei nachvollziehbarer Begründung. Entscheidend ist die Frage der Gleichbehandlung: Zwei Menschen, gleich alt und gleich leistungsfähig – der Angestellte profitiert, der Selbstständige nicht. Ohne triftigen Grund könnte das gegen Artikel 3 Grundgesetz verstoßen.

Der Verfassungsrechtler Prof. Gregor Kirchhof kommt in einem CDU-Gutachten zu einem ähnlichen Schluss: Die Aktivrente sei nur dann rechtssicher, wenn sie alle Erwerbstätigen mit Altersbezügen erfasse, also auch Selbstständige und Freiberufler. Nur eine solche Lösung wahre den Gleichheitsgrundsatz und mindere das Risiko einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Unser Tipp
Vivid Standard
Geschäftskonto
ab 0 € im Monat
  • Keine Kontoführungsgebühr
  • Keine Gebühr auf SEPA-Transaktionen
  • 4 % Zinsen auf Guthaben (in den ersten 4 Monaten)
  • 3 % Cashback auf Zahlungen
  • Debitkarten und Rechnungs-Tool inklusive

Für Kleingewerbetreibende, Solo-Selbstständige und Freiberufler. Auch bei negativer Schufa geeignet.

Für
Kleingewerbe und Freiberufler
Testnote
1,4
Testsieger
Finom Basic
Geschäftskonto
ab 9 € im Monat
  • Beleglose Buchungen kostenlos
  • 1 % cashback
  • Kostenlose Debitkarten
  • 2 Unterkonten inklusive
  • Kostenlose Rechnungssoftware

Für alle Rechtsformen geeignet.

Für
alle Rechtsformen
Testnote
1,2

Petition fordert Aktivrente für alle Erwerbstätigen

Die Kritik ist inzwischen zu einer Bewegung geworden. Der VGSD, die BAGSV und zahlreiche weitere Verbände haben die Petition "Aktivrente auch für Selbstständige – wir sind keine Erwerbstätigen zweiter Klasse!" gestartet. Sie richtet sich direkt an Bundeskanzler Friedrich Merz, Finanzminister Lars Klingbeil, Arbeitsministerin Bärbel Bas und Wirtschaftsministerin Katharina Reiche.

Die Forderung ist klar: Der steuerfreie Freibetrag von bis zu 2.000 € monatlich soll nicht nur für Angestellte, sondern für alle aktiv arbeitenden Menschen im Rentenalter gelten. Passive Einkünfte wie Mieten oder Kapitalerträge sollen, wie im Gesetz vorgesehen, weiterhin außen vor bleiben. Die Petition argumentiert mit Gerechtigkeit, Leistungsprinzip und Wirtschaftskraft – wer arbeitet, leistet, und wer leistet, soll gleichbehandelt werden.

Die Resonanz ist groß: In weniger als zwei Wochen haben schon 27.706 Menschen unterschrieben – das Quorum von 30.000 Unterstützern ist fast erreicht. Stichtag ist der 14. November 2025. Neben Solo-Selbstständigen schließen sich zunehmend Freiberufler, Mittelständler und Verbände der freien Berufe an. Ein Blick auf die Daten zeigt, wie stark das Thema verfängt: 63 % der Unterzeichner geben an, selbst direkt betroffen zu sein. Weitere 28 % könnten in Zukunft betroffen sein. Nur weniger als 1 % hat keinen Bezug zum Anliegen. Auch die Beteiligungsbereitschaft ist hoch: 26 % der Unterstützer wollen helfen, die Petition zu verbreiten, 16 % versuchen aktiv, andere zu überzeugen. Viele zeigen zudem Interesse am Fortgang: 18 % möchten regelmäßig über den Fortschritt informiert werden.

Viele sehen in der Petition nicht nur eine steuerpolitische, sondern eine symbolische Frage: Wird Selbstständigkeit in Deutschland weiterhin als gleichwertige Form der Erwerbsarbeit anerkannt?  Die Initiatoren betonen, dass eine faire Aktivrente auch ein Signal an jüngere Generationen wäre. Wer heute gründet, müsse darauf vertrauen können, dass Selbstständigkeit im Alter nicht zum Nachteil wird. Eine Politik, die Unternehmergeist fördert, dürfe nicht im Rentenrecht diskriminieren.

Wie geht es nach der Petition weiter?

Wenn die Petition ihr Quorum erreicht, könnte der Bundestag sich mit dem Anliegen befassen. Damit könnte die Diskussion um die Aktivrente, kurz bevor das Gesetz Anfang 2026 in Kraft treten soll, noch einmal Fahrt aufnehmen. Möglich wäre, dass die Bundesregierung den Gesetzentwurf kurzfristig anpasst und den Freibetrag auch für Selbstständige öffnet. Eine Alternative wäre eine Evaluationsklausel, die nach zwei bis drei Jahren eine Erweiterung prüft.

Politisch wäre ein Kurswechsel nicht unrealistisch. Schon jetzt signalisieren mehrere Abgeordnete aus Union und FDP Sympathie für eine gerechtere Lösung. Sollte der öffentliche Druck weiter steigen, könnte die Aktivrente noch vor Inkrafttreten überarbeitet werden.

Für viele Selbstständige steht fest: Eine Aktivrente, die nur für Angestellte gilt, ist keine echte Reform. Wenn die Petition Erfolg hat, wäre das nicht nur ein symbolischer Sieg, sondern auch ein Schritt hin zu einer gleichberechtigten Alterspolitik, die Leistung unabhängig von der Erwerbsform anerkennt.

Auch spannend:

zurück