10.000-Stunden-Regel: Was ist dran?

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Selbstmanagement

Fleiß schlägt Talent: Motivationssprüche wie diese liegen voll im Trend. Aber könnt ihr wirklich alles bis zur Perfektion entwickeln, wenn ihr nur lange genug dranbleibt?

10.000-Stunden-Regel
Die 10.000-Stunden-Regel verspricht Meisterschaft durch genügend Fleiß. Doch kommt die Wissenschaft zu anderen Ergebnissen. (Foto: Unsplash)

Was besagt die 10.000-Stunden-Regel?

Vor über zehn Jahren veröffentlichte der US-Autor Malcolm Gladwell den Bestseller Überflieger: Warum manche Menschen erfolgreich sind – und andere nicht. Die Kernaussage des Buches lautet: Jeder Bereich des Lebens, ob Finanzen, Leadership oder Spitzensportart, lässt sich innerhalb von 10.000 Stunden bis zur Perfektion erlernen. Klar, dass dies in der Start-up-Welt einschlug wie eine Bombe, trifft die 10.000-Stunden-Regel doch den Alles ist möglich-Zeitgeist der Szene. Aber stimmt diese Regel auch?

Die 10.000-Stunden-Regel ist ein Mythos

Das Ergebnis einer umfassenden Meta-Studie von 88 Studien zum Thema Fleiß und Erfolg ist eindeutig, so stellten die Forscher in verschiedenen Bereich wie Musik und Profisport fest:

Insgesamt machte Übung nur etwa 12 % der individuellen Leistungsunterschiede in den verschiedenen Bereichen aus.

Der Forschung zufolge funktioniert die 10.000-Stunden-Regel also nicht, um es allein durch Fleiß dauerhaft in einen Profibereich zu schaffen.

Ein lebendes Beispiel hierfür ist der US-Amerikaner Dan McLaughlin: Er kündigte seinen Job, um mit der 10.000-Stunden-Regel Golfprofi zu werden. Nach etwas mehr als 5.000 Stunden erreichte er auch einen beachtlichen Grad der Professionalisierung: Er gehörte kurzzeitig zu den besten 6 Prozent aller Golfspieler.

Doch dann machte ihm die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung: Erst meldete sich sein Körper mit leichten Schmerzen, dann wurden sie immer stärker, sodass McLaughlin monatelang aussetzte. Auch ein neuerlicher Versucht scheiterte, sodass er nach vielen vergeblichen Anläufen nach über 6.000 Stunden das Golfen aufgab.

Das ist jedoch kein Grund, die 10.000-Stunden-Regel komplett ad acta zu legen. Es gibt nämlich viel, was sich daraus anwenden lässt.

Was ihr aus der Regel mitnehmen könnt

Die 10.000-Stunden-Regel kann ihr Versprechen nicht halten, euch in den Olymp jeder Disziplin zu katapultieren, wenn ihr nur lang und hart genug daran arbeitet. Wohl aber drückt sie ein wichtiges Prinzip aus: Selbstdisziplin. Nur, wer sie stetig schult, kann mittel- und langfristig erfolgreich sein.

Wer sich mit der 10.000-Stunden-Regel beschäftigt, ist gewillt, Neues zu lernen und sich jeden Tag herauszufordern. Darüber hinaus ist die Bereitschaft vorhanden, sich anzustrengen, Rückschläge zu verarbeiten und trotzdem fleißig dranzubleiben.

Es geht also darum, die eigenen Stärken und Talente herauszufinden und diese auszubauen, anstatt irgendetwas perfekt lernen zu wollen, nur, weil man es sich in den Kopf gesetzt hat.

Nehmt die 10.000-Stunden-Regel nicht wortwörtlich, sondern nutzt das dahinterstehende Prinzip der permanenten Wachstums- und Entwicklungsbereitschaft.

Das Beste aus der 10.000-Stunden-Regel herausholen

Im Folgenden findet ihr eine Anleitung, wie ihr die 10.000-Stunden-Regel für euch nutzt, ohne euch von dem Versprechen einer damit einhergehenden Meisterschaft in die Irre führen zu lassen.

  • #1: Motivation aufschreiben: In welchem Bereich möchtet ihr besser werden und warum? Geht es euch um Prestige oder dient der Fortschritt tatsächlich dem Erreichen der Unternehmensziele? Nur im zweiten Fall solltet ihr eure kostbare Zeit zur Weiterentwicklung der Fertigkeiten nutzen.
  • #2: Entscheidung treffen: Selber lernen oder gleich outsourcen? Ein kluger Unternehmer weiß, was er kann und was nicht. Und hat kein Problem damit, Aufgabenbereiche zu delegieren, die ihm nicht liegen. Beauftragt einen geeigneten Mitarbeiter oder Freelancer, wann immer möglich, statt eure Zeit in die Weiterbildung von Bereichen zu stecken, die euch nicht liegen.
  • #3: Eure Talente erkennen: Geht auf Entdeckungsreise, indem ihr aufschreibt, welche Tätigkeiten euch Freude bereiten. Auch vermeintlich banale Aktivitäten wie Heimwerken können ein Türöffner für verborgene Fähigkeiten sein, die in euch schlummern. Fragt auch Familie und Freunde nach Dingen, die ihr in der Kindheit gern getan habt. Holt euch Unterstützung durch einen Coach, der eure Stärken aufdeckt.
  • #4: Üben, üben, üben: Nun kommt der Teil, der die 10.000-Stunden-Regel so berühmt gemacht hat: Übung macht den Meister, und zwar dann, wenn ihr einen Bereich entdeckt habt, der nicht von jemand anderem besser erledigt werden kann und als Talent in euch angelegt ist. Jetzt ist es an der Zeit, gezielt Kurse, Workshops, Literatur etc. in Anspruch zu nehmen, die Meisterschaft als Ziel immer im Blick behaltend.

Der richtige Fokus entscheidet über Erfolg

Die Regel fokussiert sich lediglich auf das Üben. Das ist aber nur ein Teil des Erfolges, genauso wichtig sind das Talent und der Riecher, wie Coach Stefan Verra den Zugang zu den eigenen inneren Anlagen bezeichnet.

Der Körperspracheexperte Verra hat zur 10.000-Stunden-Regel eine klare Haltung. Im nachfolgenden Video sagt er:

Nur, weil du 10.000 Stunden Stricken geübt hast, heißt es noch nicht, dass du wirklich etwas machen kannst, wo die Welt der Expertinnen und Experten denkt: Wow! Das ist mehr als einfach nur Masche an Masche, da ist wirklich etwas Besonderes dahinter.

Smart Work trägt Früchte, nicht Hard Work allein. Hard Work ist ein Teil des Smart Work, aber nur dann, wenn euer Vorhaben auch zu euch passt, wie auch Verra ausführt:

Wenn du gegen etwas ankämpfst, was in dir nicht angelegt ist: Dann bleibt eben nur das Ausbrennen.

Und woran merkt ihr, was in euch angelegt ist? Die Lösung steckt in Verras Aussage:

Was Energie nimmt, bis hin zum Burn-out, passt nicht zur eigenen Persönlichkeit. Lernt und wachst ihr in einem Bereich mit Leichtigkeit, Freude und Leidenschaft, ist das euer Talent.

Hier lohnt es sich dranzubleiben, da der Weg selbst Spaß macht und hier die Chancen am größten sind, es bis zur Meisterschaft zu bringen.

Mit realistischen Erwartungen fördert ihr mit diesem Prinzip der 10.000-Stunden-Regel eure Resilienz, das Selbstmanagement und natürlich auch euer Know-how. Ihr bewältigt dadurch Unternehmenskrisen besser und erreicht eure Unternehmensziele mit Durchhaltevermögen.

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