Mit Zahnputzspielen alle überzeugt: die Crowd, Investoren und die Bank

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In vielen Familien spielt sich vermutlich täglich das gleiche Drama ab: Es ist Zeit, die Zähne zu putzen und die Kleinen verweigern die Kooperation. Um dieses Problem zu lösen, hat das Start-up Playbrush ein Produkt entwickelt, das Kinder spielerisch Zähne putzen lässt. Wie man auf diese Idee kommt, ein Wachstum von mittlerweile mehr als 60.000 verkauften Sets finanziert und vom Brexit-Votum mit einem Büro in London kurzfristig sogar profitiert, erzählt uns Paul Varga im Interview.

 

Für-Gründer.de: Paul, bitte stell uns euer Start-up kurz vor.

Paul Varga von Playbrush: Playbrush ist ein intelligenter Zahnbürstenaufsatz, der sich via Bluetooth mit Zahnputzspiele-Apps verbindet und so Kinder während des Zähneputzens auf eine magische Reise ins Märchenland Utoothia schickt. Indem Kids die Spielfigur mit ihren eigenen Putzbewegungen steuern, macht Zähneputzen endlich nicht nur Spaß, sondern ist durch integriertes Feedback und Statistiken auch noch effektiv.

playbrush_in_action_14 So kann Zähneputzen ewig dauern - mit Spielen von Playbrush (Quelle: Playbrush)

Für-Gründer.de: Euer Produkt ist ja schon recht speziell. Wer ist auf die Idee gekommen, eine App in eine Zahnbürste zu packen?

Paul Varga von Playbrush: Mein Patenkind Louis hasste es, seine Zähne zu putzen. Seine Mutter hat ihm zur Ablenkung dann immer Videos gezeigt. Mit dem Resultat, dass sich Louis zwar brav und ohne Drama die Videos ansah, dafür aber seine Zahnbürste nicht im Mund bewegte. Wir hatten dann die Idee, beide Elemente miteinander zu verbinden. Interaktive Zahnputzspiele – ein bisschen wie mit Nintendo Wii.

Für-Gründer.de: Bereits im Gründerteam seid ihr mit Österreich und Nigeria sehr international aufgestellt. Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?

Paul Varga von Playbrush: Ich und Matthäus sind Sandkastenfreunde. Wir kommen beide aus Wien und unsere Familien kennen sich schon lange. Tolu habe ich beim Studium in London kennengelernt. Als mir die Idee zu Playbrush kam, wusste ich, dass Tolu, Matthäus und ich komplementäre Stärken haben, die sich gegenseitig perfekt ergänzen. Dann wurden die Ideen immer konkreter, bis Playbrush aus der Wiege gehoben wurde.

Für-Gründer.de: Neben den verschiedenen Nationalitäten seid ihr zudem auch noch regional mit Wien und London in zwei verschiedenen Ländern aktiv. Wie funktioniert bei euch die Zusammenarbeit des verteilten Arbeitens?

Paul Varga von Playbrush: Das geht eigentlich sehr gut. Unsere Arbeitssprache ist Englisch, da gibt’s keinerlei Probleme. Im Arbeitsalltag verwenden wir ein sehr effektives Messenger-Tool, mit dem alle Teammitglieder immer up to date sind. Ein wöchentliches Firmenskype, bei dem jeder kurz von sich und seinen Aufgaben erzählt, sowie kurze Skypes in Kleingruppen sind unsere Fixpunkte. Das Wiener Team ist von der Personenanzahl her kleiner, deshalb fliegt es einmal pro Monat für ein paar Tage nach London. Dort treffen sich dann alle drei Gründer zur Absprache.

Neben der Arbeit werden aber auch verschiedene Team-Events und gemütliche Abendessen eingeplant. Das stärkt unser Team zusätzlich.

Für-Gründer.de: Politische Zwischenfrage: Ihr habt ein Büro in London: Spürt ihr irgendwelche Auswirkungen durch das Brexit-Votum? Wenn ja, welche sind das?

Paul Varga von Playbrush: Bisher gibt es für uns keine negativen Auswirkungen, da wir vor allem Euro-Umsatz und Pfund-Kosten haben. Das bedeutet, dass der Brexit für uns tatsächlich eher von Vorteil ist. Langfristig muss man natürlich abwarten. Fundraising wird sicherlich in ganz Europa schwieriger. Eventuell muss man sich in England auf Verschärfungen des Arbeitsrechts für Ausländer einstellen.

Für-Gründer.de: Welche Tools setzt ihr für eure Kommunikation ein? Und wie ist das bei euch mit Home Office?

Paul Varga von Playbrush: Unsere Hauptkommunikations-Tools im Arbeitsalltag sind Face-to-Face, der Slackmessenger und Skype. Wir sind ein sehr flexibles Unternehmen, darauf sind wir stolz. Wenn also jemand ab und zu vom Home Office aus arbeiten möchte, ist das für uns in Ordnung. Uns ist einfach wichtig, dass die Arbeit erledigt ist. Grundsätzlich ziehen wir den Arbeitsalltag im Office aber vor – hier können wir uns jederzeit absprechen und müssen nicht erst zum Telefonhörer greifen.

Für-Gründer.de: Euer Produkt unterstützt Eltern, für den Nachwuchs das ungeliebte Zähneputzen spannender zu gestalten. Bekommt ihr auch Feedback von Eltern? Und wie sieht das aus?

Paul Varga von Playbrush:

Wir bekommen sehr viel Feedback von Eltern, häufig per Mail oder auf Messe-Veranstaltungen. Es gibt positive und negative Meinungen. Beides ist für uns wichtig, wir wollen uns ja stetig weiterentwickeln. Der Dialog hilft uns dabei, immer besser zu werden.

Vielen Eltern gefällt es, dass es am Abend endlich kein Zahnputz-Drama mehr gibt, dass die Familienmitglieder gegeneinander antreten können und so gemeinsam Spaß haben. Wichtig ist auch: Endlich wird lange genug geputzt – 2 Minuten sollten es sein. Außerdem finden es die Eltern toll, dass es ein Putzfeedback gibt, bei dem genau aufgezeigt wird, an welchen Stellen noch nachgeputzt werden muss.

Für-Gründer.de: Eure erste Finanzierung zum Unternehmensstart habt Ihr über eine Crowdfunding-Kampagne durchgeführt. Was sind eure Tipps an andere Gründer, was sollte man dabei unbedingt beachten?

Paul Varga von Playbrush:

Für-Gründer.de: Inzwischen habt ihr nach eigenen Angaben mehr als 60.000 Playbrush-Sets verkauft. Das ging sicher nicht ohne weiteres Kapital. Wie habt ihr euer schnelles Wachstum finanziert?

Paul Varga von Playbrush:

Das ging in drei Schritten:

  • Wir haben eine Eigenkapital-Finanzierungsrunde mit Hansi Hansmann und Speedinvest gemacht.
  • Wir haben von der Bank Geld für die Produktion bekommen.
  • Und das Beste: Wir haben von unseren Kunden eine Vorfinanzierung bekommen. Das war natürlich perfekt, weil Revenue immer besser ist als Fundraising.

Die Gründer von Playbrush konnten sich gleich auf drei Arten finanzieren und überzeugten die Crowd, Investor und die Bank. (Quelle: Playbrush) Die Gründer von Playbrush konnten sich gleich auf drei Arten finanzieren und überzeugten die Crowd, Investor und die Bank. (Quelle: Playbrush)

Für-Gründer.de: Ihr wart auch in „2 Minuten, 2 Millionen", vergleichbar mit dem deutschen „Die Höhle der Löwen". Wie lief das für euch?

Paul Varga von Playbrush: Das lief super und hat großen Spaß gemacht! Einerseits konnten wir uns ein tolles Investment von 700.000 Euro durch die Firma Speedinvest und den österreichischen Business Angel Hansi Hansmann sichern. Außerdem war eine TV-Ausstrahlung mit großer Reichweite eine tolle Gelegenheit, unserer Marke ein Gesicht zu geben und den Zuschauern unser Produkt näher zu bringen.

Für-Gründer.de: Was hat der Auftritt für euer operatives Geschäft bedeutet?

Paul Varga von Playbrush: Wir haben durch den Auftritt viele neue Kontakte für unser Netzwerk generieren können. Es gab zahlreiche Aufträge und die Öffentlichkeit wurde auf Playbrush aufmerksam.

Für-Gründer.de: 60.000 verkaufte Produkte sind auch logistisch eine Herausforderung. Wie organisiert ihr euren Versand und was sind hier eure wichtigsten Tipps.

Paul Varga von Playbrush:

Am wichtigsten ist ein Logistikpartner, auf den man sich zu 100 Prozent verlassen kann und der dabei unterstützt, die Prozesse kontinuierlich zu optimieren.

Wir hatten großes Glück, mit Suxess eine solche Firma zu finden. Suxess steht uns bei der Verpackung und beim Versand der Produkte zur Seite und ist für uns ein unverzichtbarer Partner.

Für-Gründer.de: Letzte Frage: Wie sehen eure nächsten Schritte aus beziehungsweise was plant ihr für die Zukunft?

Paul Varga von Playbrush: Momentan sind wir dabei, eine App für Eltern zu entwickeln, mit der sie die Putz-Daten ihrer Kinder noch genauer einsehen können. Danach planen wir weitere Spiele-Apps, wir haben schon sehr viele Ideen dazu. Und natürlich geht es uns auch in Zukunft weiterhin darum, die Herzen und Zähne der Kinder in vielen weiteren Ländern zu erobern.

Für-Gründer.de: Vielen Dank für das Gespräch!

Die Key Facts zu Playbrush auf einen Blick:

  • Unser aktuelles Team besteht aus:  14 Personen – davon 3 Gründer. Die Zusammensetzung ist kunterbunt: Unsere Teammitglieder kommen aus Österreich, England, Nigeria, China, Polen, ...
  • Die erste Finanzierung erfolgte durch / über: eine Kickstarter Kampagne von 55.000 Euro
  • Inzwischen gab es folgende weiteren Finanzierungen: Von Speedinvest und von Business Angel Hansi Hansmann
  • Unsere Investoren sind: Speedinvest, Hansi Hansmann und staatliche Förderungen durch das AWS
  • Investoren finden wir gut / schlecht weil: Wir finden Investoren ok, weil man ein junges Unternehmen finanzieren muss. Außerdem können Investoren auch mit ihrem Know-How unterstützen – das ist bei uns der Fall. Trotzdem ist uns eine Finanzierung durch Umsatz natürlich lieber.
  • Besonders geholfen haben uns bisher: Unsere tollen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
  • Besonders wichtig in unserem Arbeitsalltag sind für uns: Menschen – nur mit einem Team das wirklich hinter dem Produkt steht, kann man ein Start-up groß machen.
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