Dream big: Schüler-GmbH sammelt über eine Million Euro
Das Schülerunternehmen Namaste Nepal engagiert sich im nepalesischen Gati und Umgebung, um den Menschen Zukunftsperspektiven zu verschaffen. "Hilfe zur Selbsthilfe" lautet das Motto. In dieser Gründerstory berichten die Schüler von ihren bisherigen Erfolgen und erzählen, wie sie das Projekt ohne Fördermittel am Laufen halten.
GründerDaily: Hallo, Namaste Nepal ist ein Schülerunternehmen, das sich für Bildung und Zukunftsperspektiven in und um das nepalesische Dorf Gati einsetzt. Was darf man darunter verstehen?
Namaste Nepal: Das Hauptziel unserer Projekte ist es, die Bildungs- und Lebenssituation in unserem Partnerdorf Gati sowie in den weiteren sechs Dörfern, die auch zur Gemeinde gehören, langfristig zu verbessern – schließlich ist Bildung ein Menschenrecht. Bildung ist Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben, für eine nachhaltige menschliche Entwicklung, ein friedliches Zusammenleben und ist auch das Fundament für Projekte der Hilfe zur Selbsthilfe.
Wir finanzieren den Schulbetrieb, unter anderem stehen acht Lehrer und drei Kindergärtnerinnen auf unserer Gehaltsliste. Außerdem zahlen wir für Schulmaterial, Schulausstattung und auch die Weiterbildung der Lehrer.
Das Erdbeben im Mai 2015 hat alle Schulen in Gati und Umgebung zerstört. Wir hatten uns das Ziel gesetzt, sieben Schulen wieder aufzubauen. Dies war für uns eine echte Herausforderung. Wir gehen davon aus, dass wir bis zum Monsun 2019 dieses Projekt beendet haben und über 900 Schüler in sieben neuen Schulen lernen können.
GründerDaily: Wie finanziert ihr diese Projekte?
Namaste Nepal: Die benötigten finanziellen Mittel erwirtschaften wir durch das Einwerben von Spenden und unseren eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
Seit 2004 haben wir in Freiberg über 900.000 Euro Spenden eingeworben. Der Spendenstand unseres kleinen Schülernetzwerkes Namaste liegt aber schon bei über einer Million Euro.
Wir haben den Anspruch, dass nachweislich jeder Euro direkt vor Ort ankommt. Unsere laufenden Kosten sowie ein Großteil der Verwaltungskosten in Nepal finanzieren wir durch unseren eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Seit 2004 produzieren wir einen großformatigen Nepalkalender, seit 2011 importieren wir grüne Kaffeebohnen aus Nepal, rösten diese selbst und verkaufen den Kaffee sehr erfolgreich.
Wenn die Sonne scheint wirft unsere Photovoltaikanlage im Jahr einen Gewinn von 1.500 bis 2.000 Euro ab. Aber auch der Nepalbasar und unsere Cateringangebot werden immer gut angenommen.
GründerDaily: Wie koordiniert und überprüft ihr die Umsetzung dieser Projekte von Deutschland aus?
Namaste Nepal: Unsere Freunde in Nepal haben 2005 die Nichtregierungsorganisation (NGO) Namaste Nepal Kathmandu (NNK) gegründet. Diese NGO ist nur für uns tätig. Über NNK haben wir ein eigenes Konto in Nepal, wo nur wir einzahlen und nur der Projektkoordinator mit dem Geschäftsführer von NNK Zugriff hat. Für NNK arbeiten zwei Projektkoordinatoren, die wir finanzieren.
Unsere Projekte sollen nachhaltig sein und werden mit unseren Partnern in Nepal auf Augenhöhe entwickelt und mit Leben erfüllt. Wir sind jedes Jahr in den Herbstferien in Nepal. Die Reise finanzieren die Schüler selbst. In verschiedenen Meetings wird der Projektplan entworfen. Letztendlich fast NNK alles zusammen, kalkuliert die Kosten und wir beschließen den Projektplan während unserer Gesellschafterversammlung. Wir erhalten zweimal im Jahr ein Projektproposal und den Jahresabschluss. Projektplan und Jahresabschluss müssen von den Behörden in Nepal bestätigt werden.
GründerDaily: Wie kam es zu der Deutsch-Nepalesischen Beziehung? Und weshalb engagiert ihr euch gerade in Gati?
Namaste Nepal: 2003 war der Gründer der HimalAsia Foundation, Dzongsar Ngari Thingo Rinpoche zu Gast auf Schloss Bieberstein bei Freiberg. Steffen Judersleben, heutiger Projektkoordinator, nutzte nach dem offiziellen Teil der Veranstaltung die Gesprächsmöglichkeit mit Dzongsar Rinpoche. Der lange Gedankenaustausch endete mit der Frage von Rinpoche: Kannst du in Nepal helfen? Die Antwort war „JA“.
Die Idee einer Schulpartnerschaft war geboren. Es folgte die Kontaktaufnahme mit InWEnt - Servicestelle Kommunen in der Einen Welt, woraufhin Birgit Lienhart als Ansprechpartnerin in Kathmandu vermittelt wurde. Die gebürtige Österreicherin war bereits mehrere Jahre in Sachen Entwicklungszusammenarbeit in Nepal tätig und vermittelte uns Megh und Raj als zuverlässige Partner für ein Schulpartnerschaftsprojekt. Der Kontakt zur Kali Devi Primary School in Gati kam zustande, da Megh unweit des Dorfes das Tourismuszentrum „The Borderland Resort“, betreibt.
GründerDaily: Namaste Nepal besteht bereits seit 2005 und hat als Schülerunternehmen wahrscheinlich eine hohe Fluktuationsrate. Wie ist das Unternehmen aufgebaut?
Namaste Nepal: Die jährliche Fluktuation an Schülern ist wohl das Markenzeichen einer Schülerfirma, aber sicher nicht ideal. Unsere Schülerfirma wird von der Geschäftsleitung geführt und besteht aus zwei Geschäftsführern, einem Abteilungsleiter Finanzen, einem Abteilungsleiter Nepalprojekte, einem Abteilungsleiter Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit sowie einem Abteilungsleiter Personal. Daneben unterstützen uns drei projektbegleitende Lehrer, ein Projektkoordinator und seine zwei Stellvertreter.
Mit dem Schulförderverein besteht ein Kooperationsvertrag. Das ist sinnvoll, da wir beim Schulförderverein ein Unterkonto Nepal einrichten konnten. Letztendlich ist dies auch die Voraussetzung, um Spenden einzuwerben. Für die Projektarbeit bilden wir bei Bedarf noch einzelne Arbeitsgruppen.
GründerDaily: Werdet ihr vonseiten der Schule oder des Landes unterstützt? Und wenn Ja, wie sieht diese Unterstützung aus?
Namaste Nepal: Bei Bedarf unterstützt uns die Schulleitung natürlich. Letztendlich wollen wir aber mit diesem Projekt auch nachweisen, dass eine erfolgreiche Schülerfirma nicht unter dem besonderen Schutz der Schulleitung stehen muss oder nur funktionieren kann, wenn es entsprechende staatliche Fördermitteln gibt.
Wenn wir für ein spezielles Projekt zum Beispiel die Schirmherrschaft eines Ministers, die Kommunikationswege des Bildungsministeriums oder der Staatskanzlei benötigten, hat dies immer richtig gut funktioniert.
Toll ist, dass wir Schüler jedes Jahr einen Zuschuss zur Nepalreise von der sächsischen Bildungsagentur oder der Landesdirektion Sachsen erhalten.
GründerDaily: Ihr habt außerdem eine Projektpartnerschaft mit anderen Schulen ins Leben gerufen. Wie sieht das konkret aus?
Namaste Nepal: Wir wollen Andere anstecken und unser erworbenes Wissen gern weitergeben.
Unser Netzwerk besteht bereits aus fünf Schulen. Natürlich wollen wir dieses Netzwerk erweitern. Wenn unser Schülernetzwerk in Zukunft 100 Schulen umfasst und jede einzelne Schülerfirma jährlich ein Ergebnis von 10.000 Euro aus Spenden und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb akquiriert, dann sind dies eine Million Euro jedes Jahr für bessere Bildung auf dieser Welt - dream big.
GründerDaily: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Seht ihr euch auch in Zukunft im Bereich Social-Entrepreneurship?
Namaste Nepal: Sich für andere Menschen einzusetzen macht viel Spaß und man bekommt mehr zurück als man geben kann. Das ist wirklich ein gutes Gefühl und wohl die nachhaltigste Erfahrung aus unserer Arbeit in der Schülerfirma.
Warum also sich nicht weiter engagieren? Möglichkeiten gibt es zukünftig sicher viele. In unseren Köpfen ist schon etwas passiert.
GründerDaily: Vielen Dank für diese Einblicke. Wir wünschen euch auch weiterhin viel Erfolg!
Keyfacts über Namaste Nepal S-GmbH
- Gegründet im Jahr: 2005
- Firmensitz in: Freiberg, Geschwister-Scholl-Gymnasium
- Unser aktuelles Team besteht aus: 36 Gesellschaftern
- Die erste Finanzierung erfolgte durch/über: eingeworbene Spenden und eigene Projekte (Spendenlauf)
- Besonders geholfen haben mir/uns bisher: die Freiberger, so viele Spender - die wir nicht persönlich kennen, andere Schulen und natürlich auch kleine und große Firmen, die Stadtverwaltung Freiberg, die Bildungsagentur und die Landesdirektion Sachsen
- Besonders wichtig im Arbeitsalltag sind für mich/ uns: die gemeinsame Arbeit im Team, die Zusammenarbeit mit Projektpartnern und die Sponsorenpflege, unser Namaste Schülernetzwerk
Wie andere Start-ups soziale Verantwortung übernehmen, erfahrt ihr auch in den Gründerstorys zu Conflictfood und 3FREUNDE. Weitere nützliche Informationen rund um eure Gründung erhaltet ihr außerdem auf unserem Portal Für-Gründer.de.
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