Mit Social Engineering und Cyberattacken einen Wachstumsmarkt entern

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Die meisten Cyberattacken passieren durch sogenanntes Social Engineering, also im Falle von Unternehmen die eigenen Mitarbeiter, die auf professionelle Hackerangriffe hereinfallen. Das Start-up IT-Seal bietet seinen Kunden per Phishing Akademie deshalb ein gezieltes Mitarbeitertraining an. Was konkret hinter der Idee steckt und was selbst jeder Nicht-Nerd über die eigene Sicherheit im Netz wissen muss, erfahrt ihr in dieser Gründerstory.

 

Für-Gründer.de: Alex, ihr bietet euren Kunden einen Phishing Audit und eine Phishing Akademie an. Das klingt recht technisch. Kannst du uns bitte euer Geschäftsmodell kurz für „Nicht-Nerds" erklären?

Alex Wyllie von IT-Seal: Sehr gern. Wir beschäftigen uns mit der vermeintlich größten Schwachstelle in IT-Systemen: Dem Menschen selbst. Cyberkriminelle greifen vermehrt die Mitarbeiter von Unternehmen an, um Fehler menschlicher Natur zu provozieren. Auf diesem Weg gelingt es böswilligen Hackern oftmals deutlich einfacher in IT-Systeme einzubrechen, als bei einem rein technischen Hackerangriff.

Wir simulieren solche Angriffe im geschützten und respektvollen Rahmen auf Unternehmen, um sie und ihre Mitarbeiter dazu befähigen, einen realen Angriff zu erkennen und abzuwenden.

Aktuelle Statistiken zeigen, dass 91% der gezielten Cyberattacken mit einer Phishing E-Mail beginnen. Angreifer zielen auf sensible Daten oder wollen die operative IT lahmlegen, um Lösegeld zu erpressen. Ein durchdachtes und boomendes Geschäftsmodell. Wir wollen dies durchkreuzen.

Die drei Gründer von IT-Seal wollen die größte Schwachstelle bei IT-Sicherheitssystemen verbessern: den Menschen. (Bildquelle: Fraunhofer SIT/Hudler)

Für-Gründer.de: An welche Zielgruppe richtet ihr euch schwerpunktmäßig mit euren Produkten?

Alex Wyllie von IT-Seal: Wir lösen ein Problem, welches Klein-Mittelständler genauso wie internationale Großkonzerne real spüren. Mitarbeiter sind ungeschult und geben unbedacht beispielsweise Zugangsdaten und Passwörter weiter und infizieren die eigene IT – das passiert jeden Tag.

Die Bitkom ermittelte 2015, dass der Schaden durch Industriespionage für die deutsche Wirtschaft bei rund 50 Milliarden Euro liegt – pro Jahr! Das ist eine immense Summe und eine Belastung für die gesamte Wirtschaft. Das Problem muss definitiv eingedämmt werden.

Unsere Lösungen sind branchenübergreifend und dank Automatisierungen unabhängig von der Größe eines Unternehmens. Wir können allen helfen. Falls sich jemand professionell phishen lassen will, machen wir das gern.

Für-Gründer.de: Im Bereich IT-Security sind bereits viele Big-Player wie Kaspersky, Symantec & Co. unterwegs. Was wollt ihr anders machen, um euch von diesen Schwergewichten abzugrenzen?

Alex Wyllie von IT-Seal: Der Cyber Security Markt ist gigantisch groß und hat dank voranschreitender Digitalisierung und Globalisierung traumhafte Wachstumsraten.

Kombiniert man nun diese Marktdynamik mit tollen und hochqualitativen Cyber Security Produkten, welche eine hohe Usability zu einem fairen Preis haben, stehen die Chancen gut. Natürlich muss das Timing auch passen, aber im Zentrum steht: Du musst deine Gelegenheiten erkennen und diese nutzen.

Wir stehen schon im Austausch mit einigen mittelgroßen bis großen Spielern des Marktes. Hierbei geht es darum, den Nutzen unserer spezialisierten Lösungen ihren Kunden weiterzugeben, ohne dass sie eine langjährige Expertise dieser Nische aufbauen müssen.

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Für-Gründer.de: Wie wollt ihr mit eurem Geschäftsmodell langfristig Geld verdienen? Auf welche Bezahlmodelle setzt ihr?

Alex Wyllie von IT-Seal: Über unsere langfristig strategischen Pläne würde ich mich gerade im Internet zurückhalten. Man weiß ja nie wer das liest – wir haben aber Großes vor!

Unsere hoch spezialisierten Produkte können so manches Produktportfolio ideal ergänzen – von Konzernen über IT-Dienstleister bis zum externen Sicherheitsexperten. Wir setzen deshalb neben dem Direktvertrieb auch auf Geschäftspartner.

Unsere Lösungen gibt es als Abo oder als einmalige Leistung. Grundsätzlich erstreben wir aber längerfristige Kundenbeziehungen.

Für-Gründer.de: 2015 seid ihr direkt nach der Uni Vollzeit eingestiegen, wurdet mit einem EXIST-Gründerstipendium gefördert und habt eure GmbH gegründet. Was bedeutet es für dich, Unternehmer zu sein?

Alex Wyllie von IT-Seal: Es ist eine riesige Freiheit und Selbstbestimmtheit. Es gibt dir die Möglichkeit, Berge zu versetzen und einen realen Impact auf die Außenwelt zu haben. Man ist Gestalter, man ist Erschaffer. Ich könnte mir gerade nichts Besseres vorstellen.

Aber wer glaubt, dass alles immer bunt, locker und hip ist, wie es von einigen Medien immer wieder dargestellt wird, irrt. Es ist kein Zuckerschlecken. Es ist von Höhen und Tiefen geprägt, vielen Nachtschichten und dem konstanten Wissen in der Ungewissheit zu sein – das kann auch sehr belasten.

Deswegen würde ich auch jedem raten, im starken, interdisziplinären und belastungsfähigen Team zu gründen. Jeder hat eigene Stärken, die man wie ein wunderschönes Mosaik zusammensetzt.

Von Anfang an steht fest: es kommen gute und weniger gute Tage. Deswegen ist es so wichtig, seine eigenen Stärken sowie Schwächen zu kennen und an sich zu glauben.

Für-Gründer.de: Gab es nach dem EXIST-Gründerstipendium bereits Finanzierungsrunden beziehungsweise wie habt ihr bisher euer Wachstum finanziert?

Alex Wyllie von IT-Seal: Aktuell finanzieren wir uns durch eigenen Umsatz und wachsen organisch. Um unsere Marktpenetration zu steigern ist Ende des Jahres eine Finanzierungsrunde geplant.

Also wenn dies ein erfahrener B2B-Investor, im besten Fall mit Erfahrungen im Bereich Security as a Service, liest – sehr gern Kontakt aufnehmen, wir haben guten Kaffee!

Weitere tolle Möglichkeiten bergen natürlich strategische Investoren. Ziel ist mit unseren skalierbaren Produkten deutscher und später europäischer Marktführer in unserer Nische zu werden. Dabei können Partner und Investoren natürlich bestens helfen und da sind wir auch bereit den Kuchen zu teilen.

Für-Gründer.de: Ihr habt auch zahlreiche Wettbewerbe gewonnen, wie zum Beispiel den europaweiten Social Engineering Award 2016 in Brüssel. Was hat euch die Wettbewerbsteilnahme gebracht?

Alex Wyllie von IT-Seal: Erfahrung, Feedback, Bestätigung und Mut. Dennoch würde ich vielen Gründern raten, Wettbewerben nicht zu viel Zeit zu widmen. Es ist besser, mehr Zeit mit dem Kunden zu verbringen und frühzeitig zu versuchen, sein Produkt wirklich zu verkaufen.

Angebote schreiben, Verträge abschließen, that’s business. Von Preisgeldern und Schulterklopfern kann kein Start-up lange überleben. Es braucht Substanz und das holt man sich in der realen Wirtschaft.

Für-Gründer.de: Ein abschließender Tipp vom Experten: Worauf sollte man als Gründer achten, um zumindest eine grundlegende Basis an IT-Sicherheit auf seinem Laptop zu gewährleisten?

Alex Wyllie von IT-Seal: Einige werden zwar schlucken, aber diese Basics sollten bitte umgesetzt werden. Das Problem wird nämlich nicht verschwinden. Der Irrglauben „Mich wird es nicht treffen" ist falsch. Es ist bloß eine Frage der Zeit!

  • Firewall & Virenscanner sollten hoffentlich alle Leser schon installiert haben – auch Macs werden zunehmend angegriffen!
  • Etwas anderes, was einige vermutlich noch nicht umgesetzt haben: Einen Passwortmanager verwenden – konkret können wir hier KeePass empfehlen, hier gibt es jedoch gute Lösungen in allen App-Stores.
  • Darüber hinaus sollte man regelmäßige Backups auf einer externen Festplatte anfertigen.
  • Privatpersonen, die sich noch besser vor Phishing E-Mails schützen wollen, können sich das kostenlose, in Deutschland entwickelte, Tool Torpedo für Mozilla Thunderbird runterladen. Ein tolles Tool um gefälschte Links in E-Mails zu erkennen.

Für-Gründer.de: Alex, vielen Dank für das Gespräch!

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