Erfolg mit dem Pivot: Diese Gründerin hat ihr Start-up radikal verändert

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Mit der Motivation, die Postkarte ins digitale Zeitalter zu retten, gründete Anne Buch 2013 ihr Start-up EchtPost. Schnell musste sie feststellen, dass sie neben dem Wettbewerb auch die technische Komponente unterschätzt hatte. Aber statt die Flinte ins Korn zu werfen, hat Anne ihr Geschäftsmodell  komplett neu ausgerichtet. Was dabei die größten Schwierigkeiten waren, warum man es trotzdem tun sollte und was sie jetzt anders macht, berichtet Anne im Interview.

 

Für-Gründer.de: Hallo Anne. Kannst du unseren Lesern dich und dein Start-up in zwei bis drei Sätzen kurz vorstellen?

Anne Buch von EchtPost: Ja gern! Ich bin Anne Buch, Kölnerin und Mitgründerin von EchtPost, einer digitalen Plattform, über die man echte Postkarten per Post verschicken kann. Wir ermöglichen Unternehmen, Postkarten in Marketing und Vertrieb einzusetzen. Egal, ob eine einzelne Postkarte  oder ein Postkartenmailing mit hoher Auflage verschickt wird - der Versand über EchtPost ist so einfach wie das Schreiben einer E-Mail.

Für-Gründer.de: Wer steckt noch hinter EchtPost?

Anne Buch von EchtPost: Wir haben EchtPost zu dritt gegründet: Axel von Leitner, Moritz Machner und ich. Axel und Moritz haben 2010 bereits das Software-Unternehmen 42he gegründet und betreiben unter anderem die cloudbasierte CRM-Software CentralStationCRM. Als Entwickler sind die beiden bei EchtPost für Programmierung und Usability verantwortlich. Ich kümmere mich um die Themen Marketing und Vertrieb.

Axel von Leitner, Moritz Machner und Anne Buch sind die Gründer von EchtPost (Bildquelle: EchtPost)

Für-Gründer.de: Du hast EchtPost bereits 2013 gegründet, allerdings mit einer anderen Ausrichtung und Zielgruppe. Wie kam es zu dieser Änderung im Geschäftsmodell?

Anne Buch von EchtPost: Richtig. 2013 habe ich EchtPost als Einzelunternehmerin gegründet mit der Zielgruppe Endkunden. Meine Motivation bestand darin, die Postkarte ins digitale Zeitalter zu retten. Im Laufe der letzten Jahre ist der Wettbewerb in diesem Segment stark gewachsen, außerdem habe ich unterschätzt, wie wichtig es ist, die technische Kompetenz inhouse zu haben, wenn man ein digitales Start-up gründet. Jede Weiterentwicklung von EchtPost hat viele Programmierungskosten gefressen.

Im Laufe der Zeit sind immer häufiger Unternehmen auf mich zugekommen, die Postkarten für Marketing und Vertrieb einsetzen wollten. Also habe ich mich für die Neuausrichtung des Geschäftsmodells entschieden.

Für-Gründer.de: Was sind deiner Meinung nach die größten Schwierigkeiten, wenn man das Geschäftsmodell im Start-up nochmal neu ausrichten muss?

Anne Buch von EchtPost: Die größte Schwierigkeit im Prozess der Neuausrichtung habe ich darin gesehen, Mitgründer zu finden, mit denen ich das neue Modell gemeinsam aufbaue. Im Nachhinein hat sich das allerdings vor allem als Hürde in meinem Kopf herausgestellt: Nachdem ich lange gar nicht mit der Suche nach einem Partner begonnen habe, hatte ich dann letztendlich die Qual der Wahl. Axel und Moritz kannte ich vorher nicht, habe aber ihre CRM-Software für meinen eigenen Vertrieb eingesetzt und war davon überzeugt, dass EchtPost die perfekte Ergänzung dafür wäre. Mit einem CRM-System verwaltet man seine Business-Kontakte und mit EchtPost kann man sie pflegen, so dass wertvolle Beziehungen daraus entstehen.

Also habe ich Axel eine Postkarte geschickt und ihm damit direkt die Wirksamkeit dieses Mediums vor Augen geführt - das hat ihn überzeugt.

Für-Gründer.de: Wann und warum sollte man eine Neuausrichtung verfolgen?

Anne Buch von EchtPost: Ich halte die Neuausrichtung eines Geschäftsmodells für einen absolut logischen Schritt von Unternehmensgründern. Ich habe mehrere Jahre lang den Markt und die Kundenbedürfnisse kennengelernt und viele Erfahrungen gesammelt, die ich nun in das neue Geschäftsmodell einbringen kann.

Es wäre doch verrückt, das alles über Bord zu werfen, nur weil es im ersten Versuch nicht so geklappt hat, wie ich mir das vorgestellt habe.

Für-Gründer.de: Postkarten werden ja heutzutage nicht mehr so häufig verschickt, mal abgesehen von Ansichtskarten aus dem Urlaub. Wie schwierig ist es, eure Unternehmenskunden von diesem eher traditionellen Medium zu überzeugen?

Anne Buch von EchtPost: Unternehmenskunden vom Einsatz der Postkarte zu überzeugen, ist eigentlich gar nicht schwierig, denn die Vorteile der Postkarte liegen auf der Hand. Während man digital mit Unmengen von Werbung überschüttet wird und das E-Mail-Postfach ständig voll ist, geht es im Briefkasten sehr viel übersichtlicher zu. Hinzu kommt, dass Postkarten aufmerksamkeitsstark sind und ein sehr positives Image haben, das nicht primär mit Werbung in Verbindung gebracht wird.

EchtPost setzt alles daran, dass die Postkarten nicht wie Werbeflyer daher kommen, sondern wie echte, persönliche Post. Das erreichen wir beispielsweise über die Druckqualität, das Frankieren mit einer echten Briefmarke und die Formatierung des Grußtextes auf der Postkartenrückseite. Viele Empfänger denken daher tatsächlich, die Postkarte sei mit der Hand geschrieben.

Die größere Schwierigkeit sehe ich darin, Unternehmen überhaupt erst auf die Möglichkeit aufmerksam zu machen, Postkarten für Marketing- und Vertriebszwecke einzusetzen, denn das haben die allermeisten nicht auf dem Plan.

Echte Postkarten an Geschäftskunden zu Weihnachten verschicken: das klappt mit EchtPost (Bildquelle: EchtPost)

Für-Gründer.de: Wie ist EchtPost bisher finanziert? Habt ihr bereits Investoren an Bord?

Anne Buch von EchtPost: EchtPost ist bislang komplett eigenfinanziert und daran wollen wir zum aktuellen Zeitpunkt auch nichts ändern. Bootstrapping als Finanzierungsmodell hat sich auch für die Softwarefirma 42he von Axel und Moritz bewährt.

Für-Gründer.de: Was werden wir 2018 Neues über EchtPost lesen können? Was sind die nächsten großen Meilensteine?

Anne Buch von EchtPost: Wir haben gerade erst die Neuausrichtung und den Relaunch hinter uns und stecken nun mitten im Weihnachtsgeschäft, denn Weihnachtskarten lassen sich natürlich sehr unkompliziert als Postkartenmailing, wie vom E-Mail-Newsletter bekannt, über EchtPost verschicken. 2018 geht es darum, unterschiedliche Branchen anzusprechen und den Prozess des Postkartenschreibens über EchtPost weiter zu automatisieren.

Für-Gründer.de: Letzte Frage: Welche drei Tipps möchtest du speziell an andere Gründerinnen weitergeben?

Anne Buch von EchtPost:

Einfach machen! Wer nur an einer Idee herumbastelt, der wird nie herausfinden, ob sie funktioniert.

Mein zweiter Tipp ist, dass man den Netzwerkaufbau und den Austausch mit anderen nie vernachlässigen sollte. Dafür hat man als Gründer zwar eigentlich gar keine Zeit, weil ständig so viel zu tun ist, aber diese Zeit sollte man sich meiner Meinung nach unbedingt nehmen.

Für-Gründer.de: Anne, vielen Dank für das Gespräch!

Keyfacts zu EchtPost

  • Unser aktuelles Team besteht aus: Anne Buch (Gründerin und Geschäftsführerin), Axel von Leitner (Gründer und Geschäftsführer), Moritz Machner (Gründer)
  • Die erste Finanzierung erfolgte durch / über: Eigenmittel
  • Inzwischen gab es folgende weiteren Finanzierungen: Wir setzen auf Bootstrapping.
  • Investoren finden wir gut / schlecht weil: Wir sind überzeugte Bootstrapper, solange das Geschäftsmodell es hergibt. Und die meisten Modelle tun das. Besonders der Druck das eingesammelte Geld auch auszugeben, ist meist nicht förderlich für eine Firma. Mit einer astronomischen Burn-Rate ist das Geld meist alle, bevor der Umsatz hinterher gekommen ist und dann muss die nächste Finanzierung geschlossen werden. Der Gründer verliert dabei immer mehr an Einfluss, mal abgesehen von der ganzen Zeit, die in die Bespaßung der Investoren fließt.
  • Besonders geholfen haben uns bisher: Unsere erste Kollegin Melissa, die viele tolle Business-Motive entwirft und baut. Außerdem eine ordentliche Zahl an Kontakten und potenziellen Interessenten durch unsere bisherige Arbeit.
  • Besonders wichtig in unserem Arbeitsalltag sind für uns:
    • Menschen: Das sind im Moment vor allem wir selbst. Aber natürlich auch unsere Kollegen, Familien und Freunde, die uns unterstützen und ertragen
    • Tools I: Slack ist für unsere interne Kommunikation sehr wichtig. Wir sind nicht immer an allen Tagen gleichzeitig im Büro, daher ist Slack unser Haupt-Kommunikationstool.
    • Tools II: CentralstationCRM nutzen wir für unser Kontaktmanagement und sämtliche Vertriebsaktivitäten. Auch dieses Tool hat einen wesentlichen Anteil daran, dass wir gut zusammenarbeiten können, auch wenn wir nicht permanent nebeneinander sitzen.
    • Tools III: EchtPost setzen wir selbst natürlich häufig ein, sei es als Onboarding-Unterstützung, zur Kundenbindung oder zu Akquise-Zwecken: Wir verschicken fleißig Postkarten und machen damit sehr gute Erfahrungen
    • Internetseiten: Wir hören häufig Podcasts, um uns inspirieren zu lassen und von anderen Gründern zu lernen.
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