Insolvenzverschleppung vermeiden und Insolvenzantrag stellen

Wenn ein Unternehmen trotz Zahlungsunfähigkeit oder im Fall der übermäßigen Verschuldung keinen Insolvenzantrag stellt, droht der Vorwurf der Insolvenzverschleppung. Hier müssen Unternehmer aufpassen, denn die Insolvenzverschleppung wird strafrechtlich verfolgt und kann mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.

Existenzgründer und Jungunternehmer sollten wissen, was eine Insolvenzverschleppung im Detail ist, wann sie droht und wie die Insolvenzverschleppung verhindert werden kann.

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Chefredakteur: René Klein
Für-Gründer.de Redaktion

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.

Risiko Insolvenz und Insolvenzverschleppung

Innerhalb der ersten drei Geschäftsjahre müssen viele junge Unternehmen ihre Existenzgründung wieder einstellen, doch damit nicht genug. In nicht gerade seltenen Fällen führt die Firmenpleite auch noch zur Insolvenzverschleppung und der Tatbestand der Insolvenzverschleppung wiederrum zur strafrechtlichen Ahndung. Aus diesem Grund ist es auch für Jungunternehmer wichtig zu wissen, ab wann ein von Zahlungsschwierigkeiten betroffenes Unternehmen ein Insolvenzverfahren eröffnen muss, damit es nicht auch noch zur Insolvenzverschleppung kommt.  

Wenn ein Unternehmen trotz vorliegender Insolvenz, also bei absoluter Zahlungsunfähigkeit oder bei übermäßiger Verschuldung, keinen Insolvenzantrag stellt, droht der Tatbestand der Insolvenzverschleppung. Hier ist äußerste Vorsicht geboten: Die Insolvenzverschleppung wird strafrechtlich verfolgt und kann mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Insofern gilt es, trotz aller Euphorie beim Start in die Selbstständigkeit, auch ausreichend Umsicht bei den Themen Unternehmenskrise, Insolvenz und Insolvenzverschleppung walten zu lassen.

Gründe einer Insolvenzverschleppung

Gerade als Existenzgründer hängt man mental an seinem Start-up. Sollten die gerade erst begonnenen Geschäfte ins Stocken geraten, verwendet der Jungunternehmer verständlicherweise seine gesamte Energie zur Lösung der akuten Probleme. Dabei können rechtliche Fristen und Verpflichtungen schnell aus dem Fokus geraten und zu Verstößen und somit auch zu einer Insolvenzverschleppung führen.

Die Insolvenzordnung sieht in Deutschland drei wesentliche Gründe für den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung nach § 15a der Insolvenzordnung vor:

  1. Insolvenzantrag nicht gestellt.
  2. Insolvenzantrag nicht rechtzeitig gestellt.
  3. Insolvenzantrag falsch gestellt.

Insolvenzverschleppung ist keine Seltenheit. So gibt die einschlägige Fachzeitschrift für Insolvenzrecht ZInsO an, dass 66 % aller Gesellschaften in Deutschland, die verpflichtet waren einen Insolvenzantrag zu stellen, diesen Antrag zu spät stellten (ZInsO 28/2009).

In der gleichen Ausgabe, wurden Angaben von 124 Entscheidungsträgern, zum Anlass der Insolvenzverschleppung, durch die verspätete Abgabe des Insolvenzantrags veröffentlicht. Die häufigsten Gründe, die zur Insolvenzverschleppung führten, waren:

  • 96% der Befragten gaben an, dass sie Hoffnung eines Turnarounds hatten
  • 95% der Befragten hatten Bedenken bezüglich der Reputation in der Branche
  • 88% der Befragten haben die Situation als Krise aber nicht als Insolvenz eingeschätzt
  • 58% der Befragten hatten unzureichende Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen

Ab wann liegt eine Insolvenzverschleppung vor?

Laut Insolvenzordnung müssen in Deutschland ansässige Unternehmen, umgehend nach Erkennen der Zahlungsunfähigkeit, jedoch spätestens drei Wochen nach Feststellung des Insolvenzgrunds, ein Insolvenzverfahren beantragen. Anderweitig liegt bereits eine Insolvenzverschleppung vor. Die Gründe für die Insolvenz werden n der Insolvenzordnung wie folgt definiert:

Zahlungsunfähigkeit § 17 II InsO

„Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat."

Überschuldung § 19 II InsO

„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn die Fortführung des Unternehmens ist nach den gesetzlichen Umständen überwiegend wahrscheinlich."

Beim Tatbestand des falsch gestellten Insolvenzantrags ist es nicht ganz so eindeutig. Streng ausgelegt, kann ein kleiner Formfehler zur Insolvenzverschleppung führen. Damit es hier nicht zu überdehnten Handlungen seitens der Staatsanwaltschaft kommt, greift der Vorwurf der Insolvenzverschleppung erst dann, wenn der gestellte Insolvenzantrag mit Fehlern, die vom fachkundig Insolvenzgericht festgestellt wurden, innerhalb einer gesetzten Frist nicht korrigiert werden. Nehmen Sie aber den Tatbestand des falsch gestellten Antrags nicht auf die leichte Schulter. Es kann schneller zur Insolvenzverschleppung kommen, als man denkt. Legen Sie größtmögliche Sorgfalt bei der Antragstellung an den Tag oder lassen Sie den Antrag direkt von einem Fachanwalt erstellen, damit sorgen Sie einer möglichen Beschuldigung der Insolvenzverschleppung vor.

Dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung können aber nur Kapitalgesellschaften in Deutschland ausgesetzt sein, da nur diese der strikt geregelten Insolvenzordnung unterliegen. Insolvenzantragspflichtig sind Vertreter juristischer Personen ohne natürliche Person als Gesellschafter. Dazu zählen folgende Gesellschaftsformen: AG, GmbH, GmbH & Co.KG.

Bei den Kapitalgesellschaften wird allerdings vom Gesetzgeber auch noch eine mögliche fahrlässige Begehung einer Insolvenzverschleppung geprüft und ggf. unter Strafe gestellt. Dieser Tatbestand ist dann erfüllt, wenn der geschäftsführende Unternehmer die Insolvenz vorhersehen hätte können. Dies tritt meist dann zu Tage, wenn ein Gläubiger den Insolvenzantrag stellt. Gerade in wirtschaftlich turbulenten Situationen wird die Gefahr einer Insolvenzverschleppung schnell unterschätzt. Und so führt die Insolvenzordnung auch die drohende Zahlungsunfähigkeit auf.

Drohende Zahlungsunfähigkeit § 18 II InsO

„Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen"

Tipp

Finden Sie zur rechtzeitigen Krisenbewältigung einen geeigneten Berater. Oder, bei fortgeschrittenen Problemen, einen fachkundigen Rechtsvertreter, damit Sie nicht zu spät oder übereilt Ihrer Insolvenzantragspflicht nach kommen und einen formvollendeten Insolvenzantrag stellen. So vermeiden Sie in jedem Fall den Vorwurf der Insolvenzverschleppung.

Krisenberatung beantragen

Insolvenzverschleppung droht, was tun?

Ein rechtzeitiges und professionelles Handeln bei möglichen Zahlungsschwierigkeiten oder einer Überschuldung ist nicht nur im Sinne der Vermeidung einer Insolvenzverschleppung geboten, sondern auch im Sinne der besseren Gestaltungsmöglichkeit in der dann folgenden Sanierungsphase.

Bei dem Feststellen des Tatbestands einer Insolvenzverschleppung geht es dann nämlich um eine andere Dimension. Dann ist nicht nur die Existenz des eigenen Unternehmens bedroht, sondern auch die persönliche Existenz des Unternehmers oder Geschäftsführers. Bei der Insolvenzverschleppung ermittelt die Staatsanwaltschaft strafrechtlich und der Unternehmer kann eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bekommen. Die Staatsanwaltschaft allerdings ermittelt prinzipiell bei einer Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Darüber hinaus sollten Sie wissen, dass bei jedem Insolvenzantrag, auch die Insolvenzverschleppung Gegenstand der Prüfung ist, selbst wenn das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt wird.

Um sich als Unternehmer vor dem möglichen Vorwurf der Staatsanwaltschaft bezüglich einer Insolvenzverschleppung von vornherein zu schützen, empfiehlt es sich schon vor der Beantragung eines Insolvenzverfahrens mit einem Fachanwalt Kontakt aufzunehmen. Auch wenn das Gericht den Insolvenzverwalter schlussendlich bestellt.

Chefredakteur: René Klein

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.