Start-up entwickelt smartes Wassersystem - und erhält 10,6 Millionen US-Dollar
Aktuelle Studien zeigen, dass die Qualität des Trinkwassers weltweit abnimmt. Immer mehr Schadstoffe, allen voran Mikroplastik, findet man in unserem Lebenselixier. Moritz Waldstein, CEO und Mitgründer der mittemitte GmbH, erklärt in dieser Gründerstory, wie er das Problem angeht und was die Lösung des Mitte-Teams gegenüber anderen Ansätzen auszeichnet.
GründerDaily: Hallo Moritz, mit Mitte habt ihr ein smartes Wassersystem entwickelt. Erkläre uns doch kurz euer Produkt.
Moritz von Mitte: Mitte ist das erste intelligente Hauswassersystem, das jedes Wasser in mineralisiertes Wasser verwandelt. Es funktioniert in zwei einfachen Schritten:
Zuerst wird das Wasser mit einem auf Destillation basierenden Verfahren gereinigt. Unsere Destillationskammer basiert auf dem Prinzip einer thermoelektrischen Wärmepumpe, die von zwei Peltierelementen angetrieben wird. Diese Technologie macht Mitte viermal energieeffizienter als andere Haushaltsbrenner und reinigt das Wasser auf ein beispielloses Niveau.
Dann fügen unsere Mineralienkartuschen alle Mineralien und Spurenelemente, die andere Wasseraufbereiter entfernen, wieder hinzu. Im Endeffekt ist dies genau der gleiche Prozess, mit dem die Natur Mineralwasser produziert. Erst verdampft Wasser, dann regnet es und läuft durch Gestein wie Kalk oder Dolomit. Der Unterschied ist aber, dass das aus der Natur stammende Wasser teurer und meist nicht nachhaltig verpackt beim Konsumenten ankommt.
GründerDaily: Welches Problem willst du mit dem Produkt genau angehen?
Moritz von Mitte: Leitungswasser wird nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in entwickelten Ländern auf der ganzen Welt immer unzuverlässiger. Eine aktuelle Studie ergab, dass weltweit Milliarden von Menschen mit Mikroplastik verunreinigtes Trinkwasser zu sich nehmen.
In Studien wurden 83 Prozent aller Proben als verunreinigt eingestuft. Dies ist ein Beispiel. Ähnliches lässt sich auch bei Hormonen, Nitraten oder medizinischen Rückständen feststellen. Alles Stoffe, die nur sehr schwer durch öffentliche Wasserreinigung beseitigt werden können.
Wir sind der Meinung, dass Unsicherheit rund um Leitungswasser das Wachstum von Wasserflaschen und Wasseraufbereitungsanlagen auf der ganzen Welt antreiben. Beide Lösungen sind jedoch entweder nicht nachhaltig oder ineffektiv bei der Lösung des Problems.
Wir von Mitte haben ein einzigartiges Gerät gebaut, mit dem Benutzer ihr Leitungswasser zu Hause in mineralisiertes Wasser umwandeln können. Wir setzen den Menschen an erste Stelle und haben genau untersucht, welches Wasser das “perfekte Wasser” für verschiedene Zielgruppen ist. Übergreifend wichtig für alle Gruppen ist, dass Wasser frei von Schadstoffen wie Mikroplastik, aber auch voller lebenswichtiger Mineralien.
GründerDaily: Auch bei deutschem Leitungswasser fand man in 72 Prozent der Proben Mikroplastik. Ist das Mitte-Wassersystem dazu geeignet, das Mikroplastik absolut aus dem Wasser herauszufiltern?
Moritz von Mitte: Die europäischen Länder einschließlich Großbritannien, Deutschland und Frankreich hatten die niedrigste Kontaminationsrate, aber diese lag immer noch bei 72 Prozent. Die USA hatten mit 94 Prozent die höchste Kontaminationsrate.
Ja, wir können Mikroplastik aus dem Wasser entfernen. Wir entfernen neben Mikroplastik auch Verunreinigungen wie Bakterien, Viren, organische und anorganische Verbindungen, Pestizide, Arzneimittel, Hormone, und mehr.
GründerDaily: Leitungswasser mit Mineralien zu versetzen, machen auch andere Anbieter wie zum Beispiel SodaStream. Wie unterscheidet ihr euch von der Konkurrenz?
Moritz von Mitte: Das ist ein Missverständnis, aber eines, dem viele Leute vor allem in Deutschland unterliegen und daher danke ich für die Frage. Anbieter wie SodaStream geben dem Wasser keine Mineralien hinzu, sondern nur CO2. CO2 ist ein Gas ohne gesundheitlichen Nutzen. Es macht dafür Spaß im Mund.
Die derzeit auf dem Markt erhältlichen Heim-Wasserreinigungssysteme, die auch oft als Konkurrent genannt werden, sind aus vielen Gründen keine gute Alternative. Erstens sind sie nicht wirksam bei der Entfernung aller Verunreinigungen. Und zweitens entfernen sie während des Filtrationsprozesses nicht nur Verunreinigungen, sondern auch wichtige Mineralien im Wasser.
GründerDaily: Über die Kickstarter-Plattform habt ihr von der Crowd 272.000 Euro eingesammelt. Nun legte der Investor Danone zusammen mit VisVires New Protein Fund und Karcher New Venture noch mal mit einer stattlichen Summe von 10,6 Millionen US-Dollar nach. Welchen Einfluss wird die Beteiligung von Danone & Co haben?
Moritz von Mitte: Zunächst nicht so viel. Nur, dass wir mit mehr Nachdruck unsere Ziele verfolgen können. Klar müssen wir jetzt auch mehr reporten, aber können auch gleichzeitig auf ein starkes Netzwerk zurückgreifen.
Bei der Auswahl der Investoren sind wir extrem vorsichtig und strategisch vorgegangen. Danone Manifesto Ventures ist einer der ersten Investoren, die als B-Corp eingetragen sind. Das heißt, dass sie einen Fokus auf Nachhaltigkeit haben und konkret gab es zunächst eine große Überlappung bei den gemeinsamen Werten. Zudem verfügt Danone über umfangreiche und weltweite Erfahrung mit Premium-Wassermarken und zum Prozess der Mineralisierung weltweit. New Protein hilft uns strategisch und vor allem in Hinblick auf den asiatischen Markt. Kärcher hingegen hilft uns bei der Entwicklung der Maschine und technischen Fragen.
GründerDaily: Eigentlich sollte die Auslieferung des Wassersystems schon im März dieses Jahres erfolgen. Nun heißt es, die Produkte werden erst im Frühling 2019 auf den Markt kommen. Wie ist es zu der Verzögerung gekommen?
Moritz von Mitte: Mitte konzentriert sich auf die Entwicklung einer neuen Technologie, die das Potenzial hat, den globalen Wasserverbrauch zu verändern.
Letztendlich kann man es wohl so zusammenfassen: Es ist alles komplizierter als initial angenommen.
Mitte hat in den letzten 18 Monaten Hunderte von Iterationen durchgemacht, von Skizzen und Ideen über Kartonmodelle bis hin zu 3D-Drucken und dann funktionierenden Prototypen. Ein Premiumprodukt mit diesem Technologiestandard für den Markt zu schaffen, braucht Zeit. Derzeit baut Mitte seine Fertigung zusammen mit weltweit führenden Partnern auf.
GründerDaily: Ein langfristiges Ziel ist es, mit einer veränderten Version des Wassersystems auch Menschen in ärmeren Ländern zu sauberem Trinkwasser zu verhelfen. Wie könnte so ein Produkt aussehen und welche Vertriebsstrategie fährt man da?
Moritz von Mitte: Die Mission von Mitte ist es, das Leben auf der ganzen Welt mit verbessertem Wasser zu verbessern. Wir konzentrieren uns derzeit darauf, unser erstes Produkt in den USA und der EU auf den Markt zu bringen. Später werden wir dasselbe Prinzip anwenden, um Produkte herzustellen, die den Bedürfnissen von Schwellen- und Entwicklungsländern gerecht werden können. Und richtig: Die zum Einsatz kommenden Lösungen werden anders aussehen und auch über eine andere Distribution funktionieren müssen.
Nachdem ich ja selbst auch zwei Jahre in Ostafrika gewohnt habe und dort im NGO-Bereich gearbeitet habe, liegt mir dies sehr am Herzen.
GründerDaily: Schon jetzt wird mit jedem Liter Mitte-Wasser eine Spende an Water.org gemacht. Wie kam es zu der Kooperation?
Moritz von Mitte: Neben der Versorgung einzelner Haushalte wollen wir auch Millionen von Menschen in Not auf der ganzen Welt mit sauberem Wasser versorgen. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, durch eine Partnerschaft mit der amerikanischen NGO Water.org Wirkung zu erzielen. Für jeden Liter Wasser, der von einem Mitte-Kunden verbraucht wird, werden über Water.org zehn Liter sauberes Wasser für die Menschen bereitstellen, die es am meisten brauchen.
Water.org baut Wasserbrunnen, führt Hygieneaufklärung durch und hilft Familien, Zugang zu sauberem Wasser und verbesserter Sanitärversorgung zu erhalten. Wir haben uns hier eine Reihe von NGOs angeschaut und die Effizienz und Fokussierung auf Wasser von Water.org hat uns überzeugt.
GründerDaily: Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg!
Keyfacts über mittemitte GmbH
- Gegründet im Jahr: 2016
- Firmensitz in: Berlin
- Unser aktuelles Team besteht aus: Ingenieuren, Doktoranden, Wasser- und Lebensmittelwissenschaftlern
- Die erste Finanzierung erfolgte durch / über: Atlantic Food Labs
- Besonders geholfen haben mir/uns bisher: Alle unsere Investoren
- Besonders wichtig im Arbeitsalltag sind für mich/uns folgende:
- Menschen: Unsere wichtigsten Projektpartner: Wir versuchen, nicht alles selbst zu machen, sondern mit Leuten zu arbeiten, die unsere Werte teilen und auch viel vom Fach verstehen: von unseren Industrie-Designern PONG bis hin zu unserem Design-For-Manufacture Consultant Onyx
- Tools: Wichtigste Tools sind unsere Projekt-Managment Software MS-Office, Asana, um das ganze zu operationalisieren, Slack für gute Kommunikation im Team
- Internetseiten: Für jedes Sub-Team anders. Wir haben ja eine ziemliche Bandbreite: Maschinenbau, Elektronik, Chemie/Biologie, Software Cloud und App, Business Development, Production Management...
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