Fair und bio: dieses Start-up will die Textilbranche langfristig ändern
Immer wieder hört man in den Medien Berichte über ausbeuterische Praktiken und schwere Arbeitsunfälle in der Textilindustrie. Miriam Henninger, Produktdesignerin und Co-Founderin, wollte davon kein Teil mehr sein und entschloss sich, gemeinsam mit Walter Blauth das Unternehmen fairjeans zu gründen. Wie es dazu kam und was fairjeans anders macht, erfahrt ihr in dieser Gründerstory.
GründerDaily: Hallo Miriam, du hast fairjeans gemeinsam mit Walter gegründet. Wie habt ihr euch kennengelernt?
Miriam von fairjeans: Nach der Elternzeit war ich auf Jobsuche und habe einen Zeitungsartikel gelesen, in dem ein sehr cooles Crowdfunding-Projekt vorgestellt wurde. Es ging darum, eine Jeans aus Bio-Baumwolle in Europa fair herstellen zu lassen und daraus eine Marke zu kreieren. Walter hat mit zu diesem Team gehört. Das war genau mein Ding.
Wir haben uns getroffen und die Chemie zwischen uns hat gleich gepasst. Auch von den beruflichen Fähigkeiten her haben wir uns gut ergänzt. Nach und nach hat sich das ursprüngliche Team verkleinert und wir haben alleine den Schritt gewagt, die Firma fairjeans zu gründen.
GründerDaily: Erkläre uns doch bitte kurz, was das Problem bei der konventionellen Jeansproduktion ist. Was läuft bei euch anders?
Miriam von Fairjeans: Jeans werden heutzutage im großen Stil in Ländern produziert, wo nur geringe Sozialstandards gelten und wo es so gut wie keine Arbeitsschutzgesetze gibt. Von Umweltschutz gar nicht zu reden. Bei der Herstellung von Jeans kommt vom Anbau der Baumwolle bis zur fertigen Hose sehr viel giftige Chemie zum Einsatz. Oft riecht man das, wenn man im Laden mal an einer konventionellen Jeans schnuppert. Die vielen Chemikalien, wie Pestizide und Farbstoffe, die in solch einer Jeans stecken, importieren wir mit diesen Hosen unkontrolliert in unseren Lebensraum. Hier landen sie entweder direkt auf unserer Haut oder werden langsam ausgewaschen und verseuchen unser Wasser.
Jeans bestehen zum Großteil aus Baumwolle, deren Saatgut konventionell angebaut so gut wie immer gentechnisch verändert ist. Das ist im kontrolliert biologischen Anbau nicht erlaubt. Fairjeans nutzt ausschließlich gentechnikfreie Bio-Baumwolle und unsere Jeans sind frei von schädlichen Chemikalien.
GründerDaily: Zwei zentrale Punkte bei Fairjeans sind gute Arbeitsbedingungen und nachhaltige Rohstoffproduktion. Kannst du uns kurz erläutern, was genau das für euch bedeutet?
Miriam von fairjeans: Eine faire Zusammenarbeit mit allen an der Herstellung Beteiligten ist uns wichtig. Deshalb gibt es faire Arbeitszeitregeln mit Beschränkung von Überstunden. Neben einer angemessenen Entlohnung haben die Textilarbeiter die Möglichkeit, Gewerkschaften zu bilden. Die Arbeitsbedingungen sind sicher und hygienisch und Kinderarbeit ist verboten.
Für die fairjeans verwenden wir ausschließlich GOTS zertifizierte Bio-Baumwolle. Bei deren Anbau wird ausschließlich gentechnikfreies Saatgut verwendet, das von den Bauern in Eigenregie vermehrt werden kann. Es kommen weder giftige Pflanzenschutz- noch Entlaubungsmittel zum Einsatz. Das schützt die Bauern und die Umwelt im Anbaugebiet.
Alle Produktionsschritte werden vom Global Organic Textile Standard unabhängig überprüft.
GründerDaily: Die Komponenten eurer Hosen kommen aus der Türkei und Italien, produziert werden sie in Polen. Warum habt ihr euch für diese Länder und dieses Vorgehen entschieden?
Miriam von fairjeans: Unser Ziel war es, so regional wie eben möglich zu produzieren. Da wir in Deutschland nicht fündig geworden sind, haben wir den Radius der Suche eben erweitert. So sind wir dann bei unseren Herstellern gelandet, deren Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis uns überzeugt hat. Die Voraussetzung dafür war natürlich die ökologische und faire Produktion der einzelnen Komponenten.
Die Türkei zum Beispiel ist ein Land, in dem Textilien und die Bekleidungsindustrie noch ein großer Wirtschaftsfaktor sind. Wir haben dort einen Denim-Hersteller gefunden, der uns einen nach GOTS zertifizierten Stoff angeboten hat, der gut zu unseren Vorstellungen passte. Zudem konnten wir dort relativ geringe Mengen bestellen. Denn auch das war zu Beginn ein Kriterium.
Bei unserem ersten Auftrag haben wir nur 300 Jeans bestellt, das ist im Jeansbusiness eine winzige Menge.
GründerDaily: Neben dem Verkauf in eurem eigenen Geschäft sowie einigen anderen Läden betreibt ihr auch einen Onlineshop. Was war die Herausforderung und welchen Anteil an eurem Geschäft hat dieser?
Miriam von fairjeans: Wir verkaufen heute ca. die Hälfte aller Hosen online. Der Rest geht über die Ladentheke. Wir freuen uns natürlich, dass viele unserer Kunden uns direkt im Vauban besuchen. Viele machen sogar extra einen Ausflug oder einen Kurzurlaub in dieses bewusst ökologisch gebaute Stadtviertel Freiburgs, um dann auch bei uns vorbei zu schauen. Allerdings können wir über den Webshop mit Versand viele Kunden erreichen, die nicht die Möglichkeit haben, direkt vorbei zu kommen.
Die Herausforderung ist, dem Kunden im Webshop vergleichbare Möglichkeiten wie bei einer Anprobe im Laden anzubieten.
Wir sind ständig dabei, den Webshop in diese Richtung zu verbessern. Beispielsweise indem wir den Kunden helfen, auf Anhieb das passende Modell in der richtigen Größe zu finden.
GründerDaily: Wer ist eure Zielgruppe und wie erreicht ihr diese?
Miriam von fairjeans: Es ist natürlich einfacher, einem Kunden eine fairjeans zu verkaufen, der sich für Ökologie und fairen Handel interessiert. Das sind ja zum Glück schon einige und es werden immer mehr. Aber natürlich möchten wir so viele Menschen wie möglich erreichen. Es gibt immer wieder Berichte in den Medien über die Umweltverschmutzung durch die Modeindustrie. Dadurch wird bei vielen Menschen ein Bewusstsein dafür geweckt. Durch Onlinerecherche landen diese oft bei uns auf der Website.
Wir haben auch viele Kunden, die die gute Qualität und Paßform der Hose einfach überzeugt. Kunden, die eine gut sitzende Hose suchen, die sie alle paar Jahre nachbestellen können, ohne daß sich der Schnitt verändert. Für diese Kunden ist die bio-faire Herstellung einfach eine Zugabe, die sie sehr begrüßen.
Wir schreiben auch gelegentlich Artikel zum Thema fair Fashion oder verlinken interessante Beiträge auf unsere Website. Grundsätzlich versuchen wir bei der Vermarktung der Jeans so authentisch wie möglich zu sein.
GründerDaily: Euer Sortiment ist seit der Gründung immer weiter gewachsen. Habt ihr momentan etwas in Planung?
Miriam von fairjeans: Neue Pläne haben wir immer. Seit der Gründung haben Kunden immer wieder nach schwarzen Jeans-Modellen gefragt. Jetzt haben wir sie endlich im Verkauf. Im nächsten Jahr möchten wir zwei weitere Modelle für Damen anbieten. Eine mit einem etwas höher geschnittenen Bund und eine aus 100 Prozent Baumwolle, ohne Elasthan. Diese wird von Damen immer wieder nachgefragt. Allerdings muss die Passform dort perfekt sein. Denn niemand kauft eine schlecht sitzende Jeans, nur weil sie bio und fair hergestellt wurde. Außerdem planen wir ein Modell aus einem Stoff mit in Deutschland angebautem Hanfanteil.
GründerDaily: Welche Ziele habt ihr euch für die nächsten drei Jahre gesetzt?
Miriam von fairjeans: Fairjeans als Marke soll bekannter werden. Und zwar als Marke, die für Qualität, gute Paßform und nachhaltige Herstellung steht.
Und die Modellauswahl für Damen soll erweitert werden. Mit den drei Modellen, die wir für Herren momentan anbieten, können wir fast jeden Mann bedienen. Das Gleiche möchten wir auch für die Damen erreichen.
GründerDaily: Vielen Dank für dieses Gespräch, Miriam. Wir drücken die Daumen, dass ihr eure Ziele erreicht!
Keyfacts über Fairjeans OHG
- Gegründet im Jahr: 2015
- Firmensitz in: Freiburg (Stadtteil Vauban)
- Unser aktuelles Team besteht aus: Miriam Henninger & Walter Blauth
- Die erste Finanzierung erfolgte durch/über: Crowdfunding bei Startnext
- Besonders wichtig im Arbeitsalltag sind für mich/ uns folgende:
- Menschen: Familie