Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut: warum Meilensteine so wichtig sind
Erfolgsgeschichten à la "vom Tellerwäscher zum Millionär" hat wahrscheinlich jeder schon einmal gehört. Dass dabei niemand über Nacht zum Millionär wird, sondern Gründen bedeutet, einen langen Weg zurückzulegen (und man nicht immer dabei Millionär wird), ist aber auch klar. Weshalb Meilensteine auf diesem Weg daher essenziell sind, erfahrt ihr in dieser Leseprobe aus dem Startup Navigator von Frankfurter Allgemeine Buch.
Eyes on the target!
Gründer kennen den Gedanken: Sie haben ein klares Ziel, aber (noch) keine genaue Vorstellung davon, wie sie diesen Punkt am Horizont erreichen sollen. Das Ziel liegt mit der erarbeiteten Problemlösung (Problem-Solution Fit aus dem Profiling) und dem am Markt getesteten Product-Market Fit (Prototyping) auf dem Tisch.
Um nun die gewonnenen und noch fehlenden Ressourcen zusammenzutragen und auf das dominante Ziel auszurichten, gilt es, Meilensteine zu definieren, den Umsetzungsfahrplan mit einer Transformation Map zu bauen und das Team mit »Objectives and Key Results« (OKRs) in die gleiche Richtung zu führen.
Milestones along the Road
Deine Roadmap ist wie eine Straßenkarte; sie steht für einen Plan, der die unternehmerische Reise in einzelne Teiletappen (Meilensteine) unterteilt. Mit einer Roadmap beschreibst Du für Dich selbst und Deine Stakeholder, auf welchem Weg Du von A nach B gelangen möchtest und welche Zwischenziele Du dabei auf jeden Fall erreichen musst. Auch wenn Meilensteine rein planerischer Natur sind und im dynamischen Startup-Umfeld verfehlt werden können, sind sie wichtige Wegweiser, an die man seine Ressourceneinsätze knüpfen kann.
Mit diesem schrittweisen Sourcing kannst Du Dein Risiko bis zum nächsten Meilenstein begrenzen. Nur wenn Du diesen erreichst, investiere weitere Zeit und Kapital für die nächste Etappe.
Je weiter Du auf dem Weg voranschreitest, desto unwichtiger mögen die Meilensteine für Deine Anspruchsgruppen werden. Wenn Du bei den Finanzkennzahlen als spätere Meilensteine ankommst, mündet die Roadmap in ein klassisches Reporting an Deine Investoren.
Die Kommunikation von Meilensteinen weckt natürlich Erwartungen bei Deinen Stakeholdern. Versprich daher lieber weniger und überrasche positiv mit dem erzielten Ergebnis. »Underpromise and overdeliver!«
Wichtig ist, dass Du die Meilensteine am Beginn Deiner Reise qualitativ testen oder quantitativ messen kannst – ansonsten wird es Dir schwer fallen, sie auf der Roadmap für Dein Startup zu markieren. Für ein E-Commerce-Modell wie Amazon.com, das sich von Beginn an zwischen der Online-Welt seiner Plattform und der Offline-Welt der Warenlieferung bewegt hat, lassen sich exemplarisch die Meilensteine für die Anfangsphase mit der Frage ermitteln: Was braucht es, damit Amazon ein wirtschaftlicher Erfolg wird? Die Antwort lieferten die Meilensteine und Testkriterien.
Umsetzungsfahrplan mit der Transformation Map
Der Call to Action richtet die Ressourcen auf ein gemeinsames Ziel (oder eine Vision) aus. Für die Strategie zur Umsetzung entwickelst Du mit Deinem Team eine Transformation Map, die die Hauptaktivitäten und Meilensteine zum Erreichen dieses Ziels auf der Zeitachse erfasst.
Wie Sonnenstrahlen knüpfen diese für die einzelnen Bereiche, zum Beispiel Services, neue Produkte, Prozesse, Organisationen an das gemeinsame Ziel (die Vision) an. Auf diese Weise baust Du im Zeitverlauf die Brücke zwischen dem Hier und Jetzt sowie der Vision am Horizont und priorisiert Deine Aktivitäten und Meilensteine in einer klaren Roadmap.
Dazu solltest Du die Transformation Map gemeinsam mit Deinen Mitarbeitern (und gegebenenfalls Board-Mitgliedern) im Rahmen eines Workshops entwickeln. Dadurch schärfst Du nicht nur das Gefühl für eine gemeinsame Vision.
Die Transformation Map bietet auch eine gute Grundlage dafür, die Meilensteine in Einzelziele (Objectives) und Schlüsselergebnisse (Key Results) für die handelnden Akteure im Startup abzuleiten.
Dieser Ansatz, seine Mitarbeiter auf diese Weise zu führen und die Zielerreichung zu kontrollieren, nennt sich OKR und wird unter anderem von MyMuesli, Google, Zynga, Spotify, Facebook, LinkedIn und Twitter als Leadership-Tool eingesetzt.
Leadership mit Objectives and Key Results (OKR)
Können sich Startup-Teams am Anfang noch auf Basis persönlicher Interaktion managen, wird dies ab einer zweistelligen Teamgröße unmöglich. So berichtet Lars Hinrichs, Gründer von OpenBC (heute Xing), dass der persönliche Austausch zwischen sieben bis acht Personen noch problemlos möglich war, aber ab 30 Personen ein einstündiges Meeting jeden Freitag (10–11 Uhr) notwendig wurde, bei dem jeder berichtete, woran er gerade arbeitete. Nach weiterem Wachstum mit zunehmender Mitarbeiterzahl berichteten dann ganze Abteilungen in der Freitags-Session, woran sie während der Woche gearbeitet hatten.
Geht es so weiter auf dem Weg nach oben, lesen sich die OKRs von Google wie folgt: Objective – der weltweit dominierende Anbieter für den Zugang von Informationen zu werden. Die Key Results dazu aus dem Q4 2013 lauteten konkret: Google wird (1.) die führende Plattform für Video-Recherche im Internet, (2.) der führende Anbieter für ortsgebundene Informationen im Internet, (3.) führend für Informations-Tools auf mobilen Plattformen.
Vom Gesamtunternehmen lassen sich die OKRs auf die Ebene der Abteilungen, Gruppen und einzelnen Mitarbeitern herunterbrechen. Statt eines »Command and Control«, wie es noch vermehrt in Corporates anzutreffen ist, gilt beim Einsatz von OKRs im Startup die »Guided Self-Control« als Gebot der Stunde.
Mitarbeiter setzen sich selbst die Ziele und kontrollieren ihre Ergebnisse. Dabei gilt:
Wenn Du Dir sicher bist, ein Ziel zu erreichen, ist es noch nicht ambitioniert genug.
Als Gründer eines wachsenden Startups musst Du Dich auf den Job einer Führungskraft vorbereiten und beachten, dass die OKR-Zielerreichungsgrade Deiner Mitarbeiter einen Sweet Spot von 60–70% haben. Lasse also Luft nach oben, um eine ambitionierte Entwicklung vorzugeben.
Insgesamt solltest Du die Anzahl an Objectives für jeden Mitarbeiter auf maximal fünf pro Quartal beschränken. Jedes Objective wird in mindestens einem und höchstens vier Key Results – also messbare Schlüsselergebnisse – mit den Mitarbeitern diskutiert und bestenfalls von ihnen selbst vorgeschlagen.
OKR-Prinzipien
- Fokus: Die Beschränkung auf maximal fünf Objectives und je vier Key Results sichert Dir und Deinen Mitstreitern die notwendige Aufmerksamkeit, um die gesetzten Ziele auch zu erreichen.
- Partizipation: Mehr als die Hälfte der Objectives und Key Results sollten von den Mitarbeitern vorgeschlagen werden. Das sichert Dir das richtige Maß an Engagement und zeigt, dass Du Vertrauen hast.
- Transparenz: Alle OKRs, vom Gründer bis zum Praktikanten, sind für die gesamte Mannschaft öffentlich. Das sorgt dafür, dass sich neue Mitarbeiter schnell orientieren können und eine Selbstregulierung greift.
Damit setzen die OKR in Form der transformationalen Führung an der Transformation Map an, und werden in wöchentlichen oder sogar täglichen Teamsitzungen bottom-up von den einzelnen Mitarbeitern selbstgesteuert mit dem Teamleader besprochen und nach den erzielten Ergebnissen und »Lessons learned« weiterentwickelt.
Buchtipp: Startup Navigator
Mit dem „Startup Navigator“ soll jeder lernen, wie man erste Konzepte erfolgreich in die Tat umsetzt. Das Autorenteam aus erfahrenen Praktikern und Forschern hat ein Handbuch für den direkten Einsatz des Startup Navigators geschrieben. Gründer, die Methoden des Navigators erfolgreich angewendet haben, führen den Leser durch die einzelnen Schritte des Prozesses.
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Quellen:
Butler, Ava S.: Leading Tranformational Change. The Top Ten Tools of Transformation. 2017. www.avasbutler.com
Rick Klau: How Google sets goals: OKRs. Google Ventures. 14. Mai 2013.