"Hatte nie den Mut" Nebenberuflich selbstständig als Vater? Jannis Kuhrt im Interview

"Ich saß da und dachte: Das kann ich doch auch!"
René: Hallo, Jannis.
Jannis Kuhrt: Servus René, Hi!
René: Warum bist du so begeistert vom Thema nebenberuflich gründen?
Jannis Kuhrt: Ich glaube, für mich war innerhalb der Konzernkarriere durch das Thema Sicherheit schon immer irgendwie ein Thema, nie wirklich aus dem ganzen Konzern auszusteigen. Dafür hatte ich nie den Mut. Aber Gründung hat mich schon immer interessiert. Hat mich schon immer gekitzelt, was aufzubauen, was funktioniert. Es hat bei mir damals tatsächlich auch so ein bisschen mit der TV-Show Höhle der Löwen angefangen. Ich habe immer wieder Leute gesehen, die etwas Eigenes aufgebaut haben. Ich saß dann da und dachte: Das kann ich doch auch! Das ist doch geil. Lass doch was machen. Und so ging das dann immer in der Kaffeeküche auf der Arbeit. Irgendwann habe ich‘s dann tatsächlich gemacht und gemerkt, wie viel Spaß mir das macht, da selbst zu wirken und zwischen einem Gedanken und der Handlung einfach keinen Platz zu lassen.
"So hat eine siebenjährige Reise angefangen"
René: Dann lass uns gleich darauf eingehen, was du denn dann gegründet hast. Womit ging’s los?
Jannis Kuhrt: Tatsächlich mit Kinderbetten. Ich bin sehr jung Vater geworden, habe eine kleine Tochter und da stand dann im Raum, dass sie irgendwie so ein kleines Spielhaus bekommen sollte – eigentlich wie so ein Kinderbett, aber mit Dach drüber. Man hatte wenig Geld, und dann habe ich gesagt: "Ja, das kann ich auf jeden Fall selber." Hab das gebaut, es hat total Spaß gemacht, und wir haben das Bild bei Instagram hochgeladen. Da war rege Reaktion und es hieß dann: "Wo habt ihr das gekauft?" Ich hab dann meinen Stundenlohn von TenneT genommen und gesagt, wenn ich das wieder reinbekomme, ist das ein cooler Start. Und von zehn Leuten haben es dann fünf tatsächlich gekauft. So hat eine siebenjährige Reise angefangen, Kinderbetten zu bauen.
"4:50 Uhr hat der Wecker geklingelt"
René: Du bist jetzt nicht weiter in der Serienproduktion von Kinderbetten, sondern hast danach noch anderes gegründet.
Jannis Kuhrt: Ja genau, ehrlicherweise wurde das ganze Thema dann irgendwann ein bisschen anstrengend und dreckig. Ich bin am Anfang jeden Tag 10 vor 5 aufgestanden, 4:50 Uhr hat der Wecker geklingelt, ab in den Keller, geschliffen und gesägt. Bin dann immer genauso in die Dusche, direkt dort ausgezogen, mich abgeduscht. Irgendwann war es dann einfach zu viel. Wir hatten super viele individuelle Kundenwünsche, die Betten wurden riesig und schwer. Irgendwann habe ich mehr Steuern und Rohstoffe bezahlt, als ich verdient habe.
Zeitgleich habe ich mich viel mit Sport und Ernährung beschäftigt und wollte mir ein eigenes Low-Carb-Müsli mixen. Alles, was es gab, hat nur noch nach Pappe geschmeckt. Also habe ich mir 50 Zutaten im Bioladen gekauft, mir eine Excel-Tabelle gebaut, um Nährwerte und Geschmack zu optimieren – und Freunde fanden es super. So haben wir eine UG gegründet und das Müsli verkauft. Es hat funktioniert, aber es war ein Cent-Geschäft. Der Bereich ist super undigital – du rufst bei jedem Edeka an, ob sie noch was brauchen. Das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag passte einfach nicht.
"Habe mit dieser Excel-Tabelle 100.000 € Außenumsatz gemacht"
René: Und dann?
Jannis Kuhrt: Ich hab eine Ausbildung zum Ernährungsberater gemacht, einfach um das Thema tiefer zu verstehen. Ich hab mich bei einer kostenlosen Ernährungsberater Software-Testversion angemeldet und mich schon gewundert, warum ich keinen Download-Link bekomme. Und eine Woche später lag eine CD im Briefkasten. Da hab ich gedacht: Wo soll ich die denn jetzt in mein MacBook reinstecken? Da war für mich klar: Ich baue was Eigenes. Ich habe dann eine Excel-Tabelle entwickelt, mit der Ernährungsberater Rezepte und Nährwertpläne erstellen konnten. Die Nährwertdatenbank hatte 20.000 Lebensmittel mit über 150 Attributen. Und am Ende habe ich mit dieser Excel-Tabelle 100.000 € Außenumsatz gemacht. Irgendwann stand ich vor der Entscheidung: Entweder lasse ich es, oder ich professionalisiere das Ganze. Ich habe dann meinen Mitgründer gefunden und daraus eine SaaS-Plattform für Ernährungsfachkräfte aufgebaut.
"Dieses Gefühl ist einfach geil"
René: Wenn du jetzt zurückblickst – was hat dir die nebenberufliche Selbstständigkeit gebracht?
Jannis Kuhrt: Für mich ist es wirklich dieses Thema Selbstwirksamkeit. Ich habe einfach Bock, wenn ich eine Idee habe, das direkt umzusetzen. Das kickt mich. Es gab Menschen, die haben sich entschieden, ihr schwerverdientes Geld mir zu geben und ein Produkt, das mit meinen Händen gebaut wurde, zu kaufen. Und dieses Gefühl ist einfach geil. Das ist die ultimative Belohnung, wenn jemand Geld oder Zeit spendiert für die Dinge, die du aufgebaut hast.
René: Jannis, vielen Dank für deine Einblicke und auch die Erfahrungen, die du geteilt hast, was du so erlebt hast bei der nebenberuflichen Gründung.
Jannis Kuhrt: Danke René.
Wer mehr über Jannis' SaaS-Lösung für Ernährungsfachkräfte erfahren will, kann die Homepage von kcaculator besuchen. Um tiefer in das Thema nebenberuflich gründen einzutauchen und Unterstützung von Jannis zu erhalten, lohnt sich ein Besuch seiner Webseite.
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