Diese deutschen Start-ups wurden für ihre digitalen Lösungen ausgezeichnet
Wir stellen vier Pioniere in Sachen Digitalisierung vor. Sie alle sind Landessieger des KfW Award Gründen 2024. Ihr Innovationen werden in der Modebranche, im internationalen Handel oder in der Abfallsortierung eingesetzt.

KFW Award Gründen: Spannende Start-ups
- Sieger des Publikumspreises: mit Bioprodukten die Einsamkeit bekämpfen
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#1 ito ito: Mode on demand
Die Modeindustrie ist für fünf Prozent der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich. Dabei werden 40 Prozent aller Kleidungsstücke nie oder nur einmal getragen. Jede Sekunde wird das Äquivalent einer LKW-Ladung Kleidungsstücke verbrannt oder auf einer Müllkippe entsorgt.
Das Ehepaar Friederike und Florian Pfeffer hat mit seinem Bremer Start-up ito ito (Ito ist das japanische Wort für Faden) eine Software entwickelt, die die Überproduktion und die damit einhergehende Umweltbelastung eindämmen kann.
Sie automatisiert den gesamten Strickproduktionsprozess von der Designphase bis zu Auslieferung. Somit können Modefirmen on demand, also nach Bedarf, produzieren. „Nicht nur Überproduktionen, auch teure Rabattaktionen werden vermieden, weil nur noch produziert wird, was der Kunde auch nachfragt“, sagt Friederike Pfeffer. Der Endkunde kann sogar Kleidung nach individuellen Wünschen herstellen lassen.
Seit mehr als 20 Jahren betreiben die beiden Kommunikationsdesigner ein Unternehmen, das Strategieberatung anbietet und in dem Zuge auch Software entwickelt. „Durch Zufall sahen wir auf YouTube ein Video, das zeigte, wie eine Strickmaschine funktioniert“, sagt Friederike Pfeffer. „Wir waren überzeugt, dass man damit auch nach Bedarf produzieren könnte.“ Also hat das Paar eine Plattformlösung entwickelt, die genau das möglich macht: Die Plattform vernetzt Modebrands direkt mit Strickereien.
„Die Modefirmen und Designer teilen sich in einer Shared Factory Produktionskapazitäten“, erklärt Friederike Pfeffer. Der Vorteil: Durch die gemeinsame Nutzung der Strickfabriken müssen die Unternehmen keine Mindestmengen mehr abnehmen, sondern nur noch die Stückzahlen, die sie wirklich brauchen. Lagerkosten und Materialverschwendung werden somit auf ein Minimum reduziert.
Aktuell arbeitet ito ito mit mehreren Modebrands und drei Strickereien in Deutschland zusammen. Sobald die Beta-Phase erfolgreich abgeschlossen ist, wollen sie den gesamten europäischen Markt für ihre nachhaltige Lösung gewinnen.

#2 WeSort.AI: Produktgenaue Abfallsortierung
Die Welt erstickt im Müll. Und das Problem verschärft sich. Bis 2050 wird die jährliche Abfallmenge weltweit um rund 70 Prozent auf 3,4 Milliarden Tonnen ansteigen. Doch schon heute kann der Müll nicht nachhaltig entsorgt werden. Ein Großteil wird verbrannt oder verschmutzt die Umwelt.
Die Brüder Johannes und Nathanael Laier sehen den Grund dafür auch in veralteter Sortiertechnologie. Mit ihrem Würzburger Start-up WeSort.AI haben sie eine moderne Sortiertechnologie entwickelt, die die Abfallwirtschaft revolutionieren könnte. Ihre KI-basierte Technologie sortiert Abfälle nicht nur nach Materialien, sondern auch auf Objektebene.
„Unsere KI erkennt verschiedene Produkte, vom Joghurtbecher bis zur Gaskartusche, und kann Details wie die Materialzusammensetzung, den Marktwert, das Gewicht, den CO₂-Fußabdruck und sogar den Hersteller identifizieren“, erklärt Johannes Laier. Die Technologie wird bereits in Anlagen für Gewerbeabfälle, Kunststoffe sowie Elektroschrott eingesetzt und kann, so Laier, flexibel auf andere Abfalltypen angepasst werden.
Besonders gefragt ist die Erkennung und Aussortierung von Batterien und Akkus. Indem gefährliche Stoffe rechtzeitig aussortiert werden, leistet WeSort.AI präventiven Brandschutz. „Das ist ein entscheidender Vorteil gegenüber herkömmlichen Brandbekämpfungsmaßnahmen“, sagt Johannes Laier.
Die Vision der Gründer ist ambitioniert. „Unser Ziel ist es, Abfälle so präzise zu sortieren, dass sie in einem geschlossenen Kreislauf bleiben können“, sagt der Unternehmer. Ein Investor unterstützt dieses Anliegen mit einer Kapitalzuwendung. Die Brüder haben den Finanzier aber nur deshalb ins Boot geholt, um schneller expandieren zu können. Unbedingt nötig war die Finanzierung nicht: Das Start-up arbeitet profitabel. Zu den zahlenden Kunden gehören Betreiber von Abfallsortieranlagen wie etwa Lobbe oder PreZero.
#3 Datenschmiede.ai: Bessere Datenqualität durch KI
Unternehmen haben oft nicht die ausreichende Manpower oder nicht genügend Know-How, um die wichtigen Stammdaten zu pflegen. Das wäre aber elementar. Denn nur mit einer hohen Datenqualität können diese digitalisiert werden – und die Firmen können ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten beziehungsweise verbessern.
Datenschmiede.ai-Gründer Dr. Felix Kruse nennt ein Beispiel aus dem Einzelhandel. „Wenn einer von 50.000 Artikeln ausverkauft ist, muss der Händler ein Ersatzprodukt beschaffen. Mit einer Excel-Tabelle kommt er kaum weiter, das ist zu aufwändig. Eine automatisierte Lösung findet indes in Kürze drei Ersatzprodukte, wohlgemerkt aus einem dauernd wechselnden Sortiment.“
Dr. Felix Kruse hat den Missstand und das Verbesserungspotential im Rahmen seiner Doktorarbeit an der Universität Oldenburg im Fachbereich Wirtschaftsinformatik erkannt und an einer Lösung geforscht. Als das große Marktpotenzial von KI-basierten Data-Management-Projekten absehbar war, hat er gemeinsam mit seinen beiden langjährigen Bekannten und früheren Arbeitskollegen die Datenschmiede.ai gegründet. Ein erster Prototyp bestand zu diesem Zeitpunkt bereits. Auch die ersten möglichen Kunden hatten schon aufgehorcht.
Dr. Felix Kruse schmunzelt: „Von den vier Unternehmen, die sich während der Forschungsphase für unser Data-Management interessiert hatten, ist bis heute noch keiner unser Kunde.“ Dafür klappte es anderweitig, etwa mit DB Schenker, dem Transport- und Logistikdienstleister der Deutschen Bahn AG. Kruse hatte ein Beitrag auf LinkedIn gepostet. So wurde ein Manager des Unternehmens auf Datenschmiede.ai aufmerksam. Ein weiterer großer Kunde aus Norddeutschland, der namentlich noch nicht genannt werden kann, wurde über eine Start-up-Veranstaltung akquiriert.
Auch die Finanzierung haben Kruse und seine beiden Mitgründer sichergestellt. Sie wurden vom Exist-Gründerprogramm sowie dem High Tech Inkubator Oldenburg unterstützt. Im nächsten Jahr, so Kruse, strebt das erst 2023 gegründete Start-up die schwarze Null an. Im selben Jahr will das Unternehmen mit aktuell fünf Mitarbeitern expandieren – und mehr und mehr skalieren.

#4 SmartLoC: Digitale Zahlungslösung im internationalen Handel
Es ist kaum zu glauben, aber wahr: Im Jahr 2024 werden im internationalen Handelsverkehr Dokumente wie zum Beispiel Bankakkreditive in Papierform rund um den Globus geschickt. Britta Balden, die schon vor mehr als 20 Jahren ein Start-up zur Digitalisierung von Rechnungen gegründet hatte, bietet nun mit SmartLoC (Smart Letter of Credit) eine Alternative zu den herkömmlichen papierbasierten Zahlungsprozessen an.
Das Bad Oldesloer Start-up hat eine moderne, digitale B2B-Zahlungslösung für internationale Handelsunternehmen entwickelt. „Die innovativen, digitalen Lösungen machen den internationalen Handel effizienter und sicherer“, sagt Balden. Es reiche nicht aus, Papierdokumente zu digitalisieren. „Damit die Prozesse wirklich verbessert werden, haben wir ein IoT-basiertes Monitoring der Fracht integriert, welches eine nahtlose und sichere Zusammenarbeit über den gesamten Order-to-Cash-Prozess ermöglicht.“
Unternehmen weltweit können jederzeit während des Transports sowohl den Standort der Waren als auch Umgebungsbedingungen wie Temperatur oder Feuchtigkeit überwachen. „Außerdem werden Zahlungen nur dann ausgelöst, wenn die zuvor festgelegten Bedingungen erfüllt sind“, sagt Balden. „Das ist eine entscheidende Vertrauensmaßnahme.“
Die Idee, Lieferketten transparenter zu gestalten, kam Balden während ihrer langjährigen Tätigkeit in Griechenland. Als sie dann Alessandro Vaglini und Thomas Kuhlke kennenlernte, setzte das Trio das Vorhaben gemeinsam um und gründete SmartLoC. Mehrere Venture-Capital-Geber aus Deutschland und Griechenland haben das Unternehmen seit der Gründung im Jahr 2021 unterstützt.
„Der Markt ist riesig“, sagt Balden. Und SmartLoC will ein ganz großes Stück vom Kuchen. Die ersten Umsätze hat das Start-up mit aktuell rund 15 Mitarbeitern bereits generiert. Doch das soll nur der Anfang gewesen sein. „In zwei, drei Jahren“, so Balden, „sind wir der Tonangeber im B2B Payment-Service im internationalen Handel“ sagt sie. „Wir wollen das Paypal des International Trade werden.“ Als einen der wichtigsten Märkte benennt Balden Indien.
KfW Award Gründen
- Das sind die 16 besten Start-ups Deutschlands 2024.
- Bundessieger: Farming Revolution
- Seit 25 Jahren zeichnet die KfW Bankengruppe Unternehmen in den ersten fünf Jahren ihrer Geschäftstätigkeit mit dem KfW Award Gründen (ehemals GründerChampions) aus. Für den renommierten Preis können sich Unternehmen aller Branchen bewerben, die ihren Sitz in Deutschland haben. Die Preisträger werden von einer Jury aus erfahrenen Vertreterinnen und Vertretern aus der KfW, Politik und Wirtschaft ausgewählt. Die Preisverleihung fand am 7. Oktober statt.
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