Curated Shopping im Trend: Was aus rechtlicher Sicht unbedingt zu beachten ist
Auch wenn noch nicht jeder unbedingt etwas von Curated Shopping gehört hat, deren bekannteste Vertreter sind den meisten sicherlich geläufig. Ob Zalon (Zalando), Outfittery oder Modomoto, alle bedienen sich bei ihrem Geschäftsmodell des "betreuten Einkaufens", indem sie die Auswahl für den Kunden übernehmen und diesen regelmäßig mit neuen Produkten versorgen. Was Curated Shopping genau ist und auf welche rechtlichen Besonderheiten Gründer dabei unbedingt achten sollten, erfahrt ihr in diesem Gastbeitrag von Rechtsanwältin Alia von Werder.
Was ist Curated Shopping überhaupt genau?
Das Geschäftsmodell „Curated Shopping“ stammt ursprünglich aus den USA und steht im wahrsten Sinne des Wortes für „betreutes Einkaufen“. Danach wählt der Kunde des Online-Shops die Ware nicht mehr selber aus, sondern lässt sich durch einen fachkundigen Berater beim Einkauf unterstützen. In der Regel hat der Kunde auf der Curated Shopping Plattform dazu vorab ein Formular mit spezifischen Angaben zu sich bzw. seinen Vorstellungen und Wünschen ausgefüllt, die es dem Berater ermöglichen, für den Kunden eine individuelle Auswahl an Artikeln zu treffen.
Das Prinzip des Curated Shopping Service lautet „back to the roots“. Der im stationären Handel übliche Service- und Dienstleistungsgedanke, bei dem die Beratung durch Verkäufer erfolgt, soll in Zukunft auch im Onlinehandel nicht mehr fehlen. Zu den bekanntesten Curated Shopping Plattformen gehören u.a. Zalon (Zalando), Outfittery und Modomoto. Dazu gesellen sich einige weitere Start-ups, so dass die Anzahl der Plattformen für Curated Shopping stetig steigt. Da verwundert es auch nicht, dass sich laut einer Studie des Kölner Instituts für Handelsforschung derzeit jeder 4. Online-Shopper vorstellen kann, eine Plattform für Curated Shopping zu nutzen.
Was aus rechtlicher Sicht beim Curated Shopping zu beachten ist
Rechtlich gesehen gibt es natürlich bei dieser speziellen Form des Online-Shoppings ein paar Besonderheiten. Welche konkreten Unterschiede existieren und was das für die Gestaltung der Curated Shopping Plattform im konkreten bedeutet, zeigt die folgende Übersicht.
#1 Vertragsart
Die Bestimmung des maßgeblichen Vertragstypus ist deshalb so wichtig, weil sich je nach Vertragstyp unterschiedliche Anforderungen und Rechtsfolgen ergeben. So ist es beispielsweise nur dann möglich, sinnvolle und vor allem wirksame AGB zu erstellen, wenn eine rechtlich korrekte Einordnung der einschlägigen Vertragsart vorgenommen wurde.
Bei näherer Betrachtung des Curated Shopping Geschäftsmodells liegen sowohl kaufvertragliche als auch dienst- bzw. werkvertragliche Elemente vor. Letztlich besteht das Ziel aber darin, die Ware zu verkaufen. Die Beratung durch den Experten ist zwar kein unmaßgeblicher Bestandteil, bildet aber im Gegensatz zur Verkaufsabsicht eine untergeordnete Rolle, so dass in der Regel ausschließlich Kaufrecht zur Anwendung gelangt.
Praxistipp: Es empfiehlt sich dennoch, jedes Curated Shopping Modell einer rechtlichen Prüfung und individuellen Einordnung zu unterziehen. Insbesondere bei Entwicklungen des klassischen Curated Shopping Services ist eine Einordnung in eine andere Vertragsart durchaus möglich.
#2 Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags
Im „gewöhnlichen“ Online-Shop kommt der Kaufvertrag dadurch zustande, dass der Kunde durch Bestellung der Ware ein Angebot zum Kauf abgibt und der Verkäufer die Annahme des Angebotes erklärt. Genau in diesem Punkt besteht jedoch der kleine, aber feine Unterschied beim Curated Shopping. Denn hier wählt der Kunde seine Ware nicht selbst aus, sondern der Experte, so dass der Kunde erst beim Erhalt der Ware Kenntnis vom Inhalt und Preis und somit von den wesentlichen Vertragsbestandteilen erlangt. Juristisch betrachtet liegt das Angebot des Verkäufers auf Abschluss eines Kaufvertrages erst zu dem Zeitpunkt vor, an dem er die Ware, die der Berater zuvor ausgewählt hat, dem Kunden zusendet.
#3 Annahme des Vertragsangebots
Schlussendlich bedarf es jedoch für das Zustandekommen des Kaufvertrags noch der Annahme des Angebots durch den Käufer. Auch diesbezüglich gibt es beim Curated Shopping spezifische Besonderheiten, die es in der Ausarbeitung der juristischen Gestaltung des Portals zu beachten gilt.
a) Kauf auf Probe
Einige Curated Shopping Portale regeln den Kaufvertrag als Kauf auf Probe i.S.d §§ 454 ff. BGB. Gemäß § 455 Satz 2 BGB gilt das Schweigen des Kunden als Billigung, sofern ihm die Ware zum Zwecke der Probe übergeben wurde. Allerdings stellt die stillschweigende Billigung der Ware nicht gleichzeitig auch eine juristische Annahmeerklärung durch den Kunden dar, es sei denn, in den AGB wird wirksam vereinbart, dass das Schweigen des Kunden eine Annahme darstellt. Dadurch wird die Annahme durch den Kunden ausnahmsweise durch Schweigen bewirkt, obwohl normalerweise dem Schweigen gerade keine Erklärungswirkung beigemessen wird.
Praxistipp: In den AGB sollte klar und verständlich mitgeteilt werden, zu welchem Zeitpunkt der Kaufvertrag zustande kommt.
Die Vorgaben des § 308 Nr. 5 BGB sind zwingend zu beachten. Dies erfolgt, indem der Kunde ausdrücklich auf die Folgen seines Schweigens hingewiesen und ihm eine angemessene Frist zur Erklärung eingeräumt wird. Anderenfalls besteht das Risiko, dass ein Kaufvertrag nicht zustande kommt und der Curated Shopping-Betreiber sein gesetztes Ziel, nämlich den Verkauf der Ware, nicht rechtsverbindlich verwirklicht.
b) Konkludente Annahme
Alternativ können die AGB des Curated Shopping Betreibers auch so gestaltet werden, dass der Kunde darüber informiert wird, dass die Annahme des Angebots konkludent dadurch erfolgt, dass der Kunde die Ware entweder gar nicht oder nur zum Teil zurücksendet und den Rest bei sich behält.
Selbstverständlich liegt eine konkludente Annahme auch in der Bezahlung der Rechnung durch den Kunden.
Der Kunde signalisiert somit schlicht durch schlüssiges Verhalten, dass er das Angebot annimmt. Diese Vorgehensweise birgt die durchaus charmante Überlegung, dass eine entsprechende Regelung in den AGB geringeren Anforderungen hinsichtlich ihrer wirksamen Vereinbarung unterliegt, als der Kauf auf Probe, bei dem die strengen Vorgaben des § 308 Nr. 5 zu berücksichtigen sind. Der Nachteil besteht dagegen darin, dass der Betreiber des Curated Shopping-Portals über längere Zeit keine Gewissheit darüber hat, ob ein Vertrag mit dem Kunden letztlich zustande gekommen ist oder nicht.
#4 Der „Berater“ als Dritter im Bunde
Eine weitere Besonderheit des Curated Shopping besteht darin, dass es einen weiteren Akteur gibt, nämlich den Berater. Daher sind nicht nur die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Betreiber des Curated Shopping Portals und dem Kunden zu beachten, sondern auch das Rechtsverhältnis, welches den Curated Shopping-Portalbetreiber mit dem Berater verbindet. Zur Auswahl steht zum einen den Berater als Arbeitnehmer anzustellen, so dass insbesondere arbeitsrechtliche Aspekte zu beachten sind. Zum anderen kann sich der Betreiber des Curated Shopping-Portals aber auch freier Mitarbeiter bedienen und diese auf Provisionsbasis für sich arbeiten lassen. Beide Möglichkeiten sind sowohl mit Vorteilen als auch mit Nachteilen verbunden. In der Regel ist die Variante des freien Mitarbeiters die für den Curated Shopping Betreiber vorteilhaftere Variante. Allerdings gilt es auch, Vorsicht walten zu lassen. Denn häufig sind freie Mitarbeiter de facto Scheinselbstständige, so dass der Curated Shopping-Betreiber im Zweifel u.a. Sozialversicherungsbeiträge in oftmals nicht unbeträchtlicher Höhe nachzuzahlen hat.
Praxistipp: Bei der Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern ist bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass der Berater nicht dazu verpflichtet wird, alle Anfragen vom Curated Shopping Betreiber annehmen zu müssen.
Des Weiteren sollte im Vertrag explizit betont werden, dass der Berater hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes gänzlich frei ist und Weisungen vom Curated Shopping Betreiber nicht unterliegt. Dieser Vertrag muss dann aber in der Praxis auch entsprechend gelebt werden. Widersprüche zwischen der Vertragsgestaltung und der tatsächlichen Vertragsdurchführung gehen zu Lasten des Curated Shopping Betreibers.
Fazit
Das Geschäftmodell Curated Shopping ist unternehmerisch betrachtet sehr spannend. In juristischer Hinsicht gleichzeitig aber auch Neuland, so dass bei der Gründung einer solchen Plattform nicht automatisch alle für den klassischen E-Commerce-Handel geltenden Regelungen übernommen werden können. Hier lohnt sich ein vertiefter Blick auf die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, um das für den Curated Shopping-Betreiber optimale Ergebnis zu erzielen.
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