Merz-Regierung Koalitionsvertrag: Aktivrente, Förderungen, Pflichten

|
Inspiration

Die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat ihren Koalitionsvertrag unter dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ vorgestellt. Für Gründer:innen, Start-ups und Selbstständige enthält das 144-seitige Dokument zahlreiche Vorhaben, die den Gründungsstandort Deutschland stärken sollen. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

Start-Up-Gründer sitzt am Schreibtisch und denkt nach
Start-Ups: die neue Regierung birgt Herausforderungen und Chancen für Gründer.

Steuerpolitik und Finanzierung: Entlastung und Investitionsanreize

Die Koalition plant, die Körperschaftsteuer von derzeit 15 % ab 2028 in fünf jährlichen Schritten um jeweils einen Prozentpunkt zu senken. Dies soll die Steuerlast für etablierte Unternehmen und Start-ups mittelfristig reduzieren.

Zudem wird geprüft, ob ab 2027 gewerbliche Einkünfte neu gegründeter Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform der Körperschaftsteuer unterliegen können. Außerdem soll die neue Rechtsform „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ eingeführt werden, um Unternehmen mit sozialem oder nachhaltigem Fokus zu fördern.

Für die Jahre 2025 bis 2027 wird eine degressive Abschreibung von 30 % für Ausrüstungsinvestitionen als Innovations-Booster eingeführt. Dies soll Unternehmen ermöglichen, Investitionen schneller steuerlich geltend zu machen und somit ihre Liquidität zu verbessern. Die geplanten steuerlichen Maßnahmen der neuen Bundesregierung zielen darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu erhöhen und Investitionen zu fördern.

Zur Schließung von Finanzierungslücken plant die Regierung einen „Deutschlandfonds“ mit mindestens zehn Milliarden Euro Bundesmitteln. Durch private Co-Investments soll das Volumen auf bis zu 100 Milliarden Euro anwachsen. Ziel ist es, insbesondere Scale-ups und technologiegetriebene Unternehmen zu unterstützen.

Bürokratieabbau & Digitalisierung: Schnellere Gründungen, schlankere Prozesse

Ein zentrales Ziel der Koalition ist die Vereinfachung von Gründungsprozessen. Geplant ist ein digitaler „One-Stop-Shop“, der Unternehmensgründungen innerhalb von 24 Stunden ermöglichen soll. Eine Gründerschutzzone zielt darauf ab, für junge Unternehmen in der sensiblen Anfangsphase bestimmte bürokratische Pflichten auszusetzen oder zu vereinfachen. Notarielle Vorgänge sollen vereinfacht und ein automatischer Datenaustausch zwischen Notariat, Finanzamt und Gewerbeamt eingeführt werden.

Bürokratieabbau soll auch in Verwaltung und Vergaberecht spürbar werden. Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge werden durch vereinfachte Regeln beschleunigt. Künftig gilt eine beantragte Erlaubnis als erteilt, sofern nicht innerhalb der Frist ausdrücklich anders entschieden wird. Um Planungs- und Bauzeiten zu verkürzen, wird ein Beschleunigungsgesetz angekündigt.

Der Mittelstand, das Handwerk und Start-Ups sollen durch den Abbau von Dokumentationspflichten von ausufernden Nachweispflichten befreit werden. Speziell im Handwerk wird auf den Generationswechsel reagiert: In den kommenden Jahren suchen ca. 125.000 Handwerksbetriebe einen Nachfolger. Die Koalition will Betriebsübergaben erleichtern und Existenzgründungen im Handwerk fördern – etwa durch Beratung und finanzielle Anreize bei Übernahmen.

Die Koalition will den Breitbandausbau und 5G vorantreiben. Ein Beschleunigungsgesetz für den Mobilfunk- und Breitbandausbau soll zügig kommen, um die Versorgung mit schnellem Internet gerade in ländlichen Räumen voranzutreiben.

Deutschland soll zur „KI-Nation“ und einem Top-Standort für Zukunftstechnologien werden. Daher sind massive Investitionen in digitale Schlüssel-Infrastrukturen geplant, z.B. in den Aufbau einer souveränen Cloud- und KI-Infrastruktur.

Elektromobilität: Förderung für Selbstständige und Unternehmen

Zu den wichtigsten Maßnahmen zählt die Ausweitung der steuerlichen Förderung für Dienstwagen: Die 0,25-%-Regelung für die private Nutzung soll künftig bis zu einem Listenpreis von 100.000 Euro gelten – ein Anreiz für Gründer:innen mit höherem Mobilitätsbedarf. Gleichzeitig wird eine Sonderabschreibung für gewerblich genutzte E-Fahrzeuge eingeführt, die sich vor allem für Unternehmen mit Fuhrpark lohnen dürfte.

Für kleinere und mittlere Einkommen plant die Regierung ein neues Förderprogramm (sogenanntes „Social Leasing“) – ideal für Selbstständige mit begrenztem Budget. Zusätzliche Impulse liefert der geplante Ausbau der Ladeinfrastruktur, insbesondere im Bereich gewerbliches Depotladen, sowie die Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung bis 2035.

Altersvorsorge und soziale Sicherheit für Selbstständige, Rentner & Beamte

Alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem angehören, sollen verpflichtend in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Andere Altersvorsorgeformen, die eine verlässliche Absicherung gewährleisten, sind weiterhin möglich. Ziel ist es, die Altersvorsorge von Selbstständigen zu stärken und Altersarmut vorzubeugen.

Um den Verbleib älterer Arbeitnehmer im Berufsleben zu fördern, wird die sogenannte Aktivrente eingeführt. Ab dem 1. Januar 2026 können Personen, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben und freiwillig weiterarbeiten, bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen. Das gilt sowohl für Angestellte, als auch für Selbstständige.

Beamte bleiben (vorerst) außen vor: Obwohl eine einheitliche Rentenversicherung für alle Erwerbstätigen – inklusive Beamte und Abgeordnete – im politischen Diskurs steht, wurde sie im Koalitionsvertrag nicht beschlossen. Ein entsprechender SPD-Vorstoß stößt auf Widerstand bei CDU/CSU und dem Beamtenbund. Die Debatte wird in einer Rentenkommission weitergeführt.

Dachdecker im Rentneralter am Arbeiten.
Aktivrente: Personen, die über das gesetzliche Rentenalter hinaus freiwillig weiterarbeiten, dürfen bald bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen.

Arbeitsrecht und soziale Sicherung

Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar.

Die Schriftform soll, wo möglich, durch digitale Verfahren ersetzt werden. Dies wird z.B. beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge möglich sein. Die Schriftformerfordernis im Arbeitsrecht wird somit abgeschafft.

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, sollen Arbeitsvisa und Anerkennungen schneller erteilt werden. Die Regierung will zudem ein Work-and-Stay-Programm aufbauen, um ausländischen Absolventen deutscher Hochschulen den Verbleib zur Gründung oder Arbeit zu erleichtern (Fachkräftesicherung).

Die Koalition will Rechtssicherheit für Selbstständige und ihre Auftraggeber schaffen. Dazu wird das Statusfeststellungsverfahren – also die Prüfung, ob jemand wirklich selbstständig ist oder faktisch wie ein Angestellter arbeitet – grundlegend reformiert. Ziel ist, Scheinselbstständigkeit zu verhindern, ohne echte Unternehmer unnötig zu verunsichern.

Erstmals soll es einen Mutterschutz für Selbstständige geben. Die Koalition will für selbstständig tätige Frauen vergleichbare Schutzfristen rund um die Geburt einführen wie für Arbeitnehmerinnen. Auch beim Elterngeld werden Selbstständige bessergestellt: Die Berechnungsgrundlage für das Elterngeld bei Selbständigen wird flexibilisiert, sodass z.B. unregelmäßige Einkünfte oder Gewinnphasen besser berücksichtigt werden können. Damit sollen selbstständige Eltern ein gerechteres Elterngeld erhalten.

Innovation und Technologieförderung

Besonderes Augenmerk legt der Koalitionsvertrag auf die Förderung von Schlüsseltechnologien wie KI, Biotechnologie und Raumfahrt. Der Staat soll verstärkt als Ankerkunde für digitale Wirtschaft auftreten. Zudem sind spezielle Förderprogramme für Gründerinnen geplant, um die Diversität in der Start-Up-Szene zu erhöhen.

Um Innovation zu fördern, wird die steuerliche Forschungszulage verbessert. Der Förderprozentsatz und die maximale Bemessungsgrundlage werden deutlich angehoben und das Antragsverfahren vereinfacht.

Der Transfer von Forschung in die Praxis soll außerdem weiter gestärkt werden. Hochschulen erhalten zusätzliche Mittel zur Förderung von Ausgründungen, das EXIST-Programm wird fortgeführt und ausgebaut. Zudem sollen regionale Innovationscluster weiterentwickelt und gefördert werden. Der neue Investitionsfonds II hat einen starken Fokus auf Ausgründungen im Deep-Tech- und Biotech-Bereich.

Bonpflicht und Registrierkassen

Ab dem 1. Januar 2027 soll die bisherige Bonpflicht abgeschafft werden. Die Bonpflicht umfasst bislang die Pflicht zur unaufgeforderten Ausgabe eines Kassenbelegs bei jedem Verkauf. Diese Maßnahme zielt darauf ab, Bürokratie abzubauen und insbesondere kleinere Betriebe zu entlasten.

Gleichzeitig wird eine Registrierkassenpflicht für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 100.000 Euro eingeführt, um die digitale Erfassung von Umsätzen sicherzustellen.

Fazit: Chancen nutzen, Umsetzung abwarten

Der Koalitionsvertrag 2025 enthält zahlreiche Maßnahmen, die den Gründungsstandort Deutschland stärken könnten. Besonders die geplanten Erleichterungen bei Gründungen und die finanziellen Förderungen bieten Chancen für Start-Ups und Selbstständige. Auch in zentralen Zukunftsfeldern wie Mobilität, Digitalisierung und Altersvorsorge sind wichtige Weichenstellungen vorgesehen. Allerdings bleibt abzuwarten, wie schnell und effektiv die Umsetzung erfolgen wird.

Wer bereits jetzt von Förderungen profitieren will, erhält auf unserer Seite einen umfassenden Überblick über aktuelle Fördermittel.

Im "Besser gründen"-Podcast geht Für-Gründer-Chefredakteur René Klein detaillierter auf die Pläne der Regierung Merz ein. Außerdem erklärt er, was für Selbstständige und Gründer viel hilfreicher ist, als auf die Politik zu hoffen.

Quellen:

zurück