Start-ups suchen Kapital: doch was suchen Investoren?

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Welche Branchen liegen bei Investoren gerade im Trend? Welche Hürden gibt es bei der Verhandlung vor der Finanzierung? Wie sieht der perfekte Pitch aus Sicht der Kapitalgeber aus? Diese und weitere Fragen haben wir zwei Investoren anlässlich des fünften Investmentforums des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gestellt.

 

Innovationen suchen Kapital – unter diesem Titel veranstaltet das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) am 28. März in Berlin zum fünften Mal das Investmentforum. Teilnehmen können ausgewählte Start-ups, die bereits von einer EXIST-Förderung profitiert haben. Die Gründer können dort in kurzen Pitches oder einem Speed-Dating ihre Ideen vor einem Publikum, bestehend aus VCs, Business Angels sowie Vertretern von Venture Capital-Fonds und Family Offices, präsentieren.

Bei Veranstaltungsformaten wie dem Investmentforum stehen Gründer immer wieder vor ähnlichen Herausforderungen: Von der Frage, welche Geschäftsmodelle gerade hoch in der Investorengunst stehen über die Ausgestaltung des Pitches bis hin zur Verhandlung mit den Investoren. Über diese Themen haben wir mit den Investoren Daniel Steffen und David Stuck gesprochen.

  • Daniel Steffen ist Investment Manager im Life Sciences-Team der IBB Beteiligungsgesellschaft (IBB Bet.), einem der aktivsten VC-Investoren Deutschlands. Seit ihrer Gründung im Jahr 1997 hat sich die IBB Bet. gemeinsam mit ihren Co-Investoren mit über 1 Mrd. Euro an mehr als 185 Unternehmen beteiligt.
  • David Stuck ist Venture Capital Analyst bei bmp, einem Berliner Early Stage und Growth Investor. Der Hands-on VC investiert aktuell 0,5-10 Mio. Euro je Start-up. Vor seiner Tätigkeit bei bmp war David Co-Founder von zwei VC-finanzierten B2B-Start-ups. Er ist Alumnus der Frankfurt School of Finance and Management und hat neben Deutschland in Kanada, USA und Frankreich gelebt und gearbeitet.

Daniel Steffen (links) und David Stuck (rechts) sind beim Investmentforum 2017 auf der Suche nach spannenden Start-ups (Foto: IBB Bet. & bmp) Daniel Steffen (links) und David Stuck (rechts) sind beim Investmentforum 2017 auf der Suche nach spannenden Start-ups (Foto: IBB Bet. & bmp)

Für-Gründer.de: Bei der Suche nach spannenden Geschäftsmodellen: Welche Trends gibt es derzeit und in welchem Bereich sucht ihr insbesondere motivierte Gründer?

Daniel Steffen, IBB Bet.: Die Digitalisierung ist ohne Zweifel der Megatrend der Gegenwart. Alle Wirtschaftsbereiche müssen Konzepte zur Zukunftssicherung erarbeiten und umsetzen. Investoren stehen vor der Herausforderung, die Innovationen und Geschäftsmodelle mit den größten Wachstumschancen zu identifizieren. Hierbei sehen wir die digitalen Transformationen in der Finanz- und Versicherungsbranche sowie in der Gesundheitswirtschaft derzeit als die dominierenden Trendfelder. Weitere Schwerpunkte liegen zudem in den Bereichen E-Mobilität, Big Data, EdTech, Artificial Intelligence, Cleantech sowie in Geschäftskonzepten für den Pflegemarkt.

David Stuck, bmp: Wir sehen aktuell Trends in den Bereichen Smart Transportation, Digital Health, E-Learning, IoT und 3D-Druck. Hierbei ist es wichtig zu verstehen, dass wir nicht gezielt in Trends investieren. Unser Fokus liegt auf Geschäftsmodellen, die Industriezweige bzw. Prozesse digitalisieren und dadurch neue Anwendungen ermöglichen. Hier suchen wir nach skalierbaren Produkten und Dienstleistungen, innovativen Techniken sowie neuen Marktzugängen und -potenzialen. Prinzipiell tätigen wir keine Investments in Me-Too’s oder in Geschäftsmodelle ohne eindeutigen USP und Abgrenzung zum Wettbewerb.

Für-Gründer.de: Wie geht ihr bei der Bewertung eines Start-ups vor? Und wo gibt es erfahrungsgemäß Stolpersteine oder vermehrt „Redebedarf“ bei der Verhandlung und der Vertragsgestaltung?

David Stuck, bmp: Aufgrund von typischen Start-up Begebenheiten ist das Thema Bewertung kompliziert: fehlende belastbare Vergangenheitsdaten, neue und innovative Produkte oder Dienstleistungen, teilweise noch fehlende Absatzmärkte, hohes Wachstum und negative Cashflows führen zu einer Bewertung, die zu einem Großteil auf Annahmen basiert.

Befindet sich das Start-up noch in der Frühphase, validiere ich die Finanzplanung und wir bewerten das Unternehmen mit einem Mix aus Bauchgefühl, marktorientierter Bewertung, Multiples und Peergroup-Analyse. Dabei fließen auch (technische) Alleinstellungsmerkmale und Barrieren gegenüber Wettbewerbern ein. Macht das Start-up bereits relevante Umsätze und hat belastbare Daten, stützt sich die Bewertung zusätzlich auf Benchmarks, DCF-Methode und Branchenmultiples.

Leider liest und hört man viel zu selten: wichtiger als die Einstiegsbewertung ist der Exit-Erlös für die Gründer!

Wir achten auf eine faire Verteilung der Anteile von Gründern und Investoren, einfache und unverzinste Liquidation Preference und vermeiden einen starken Wasserfall. Denn letztlich ist nicht eine hohe Einstiegsbewertung, sondern der Geldbetrag, der beim Exit auf das Konto der Gründer überwiesen wird, entscheidend – wobei die Rendite für den Investor natürlich auch stimmen muss. Ich sehe Stolpersteine, wenn Gründer sich nicht mit den VC-typischen Terms auseinandergesetzt haben, keine Exit-Notwendigkeit sehen oder der Cap-Table nicht finanzierungsfähig ist. Häufiger blockieren auch Vereinbarungen mit dem bestehenden Gesellschafterkreis oder Uneinigkeiten bei der Syndizierung mehrerer VCs die Verhandlungen.

Daniel Steffen, IBB Bet.: Da stimme ich zu! Die Wertermittlung eines Start-ups stellt Investoren vor eine besondere Herausforderung, da klassische Bewertungsmethoden wie beispielsweise die Discounted Cashflow-Methode oder die Multiple-Methode aufgrund fehlender Vergangenheitsdaten der Start-ups, neuer Produkte, negativer Cashflows, hoher Wachstumspotenziale, aber auch schwer bewertbarer Risiken, nicht oder nur sehr eingeschränkt zur Anwendung kommen können.

Abhilfe können Annahmen oder auch Benchmarks zu vergleichbaren Start-ups schaffen, um sich einer Bewertung anzunähern. Folglich resultiert hieraus nicht der einzig richtige Unternehmenswert, sondern eine Bewertungsbandbreite, innerhalb derer der Wert des Start-ups gemeinsam zwischen Investor und Gründern festzulegen ist.

VCs mögen zwar eine Menge Geld haben - leichtfertig geben sie es aber nicht heraus

Für-Gründer.de: Vor welchen besonderen Herausforderungen stehen Hochschulgründer im Vergleich zu anderen Gründern?

David Stuck, bmp: Universitäts- bzw. institutsnahe Spin-offs und Hochschulgründungen zeichnen sich größtenteils durch eine hohe technische Expertise aus. Oftmals fehlen aber organisatorische und betriebswirtschaftliche Fähigkeiten - Stichwort „1x1 der Finanzplanung und Buchhaltung“, Branchenkenntnisse und Marktzugänge. Daher bedarf es häufig etwas länger als bei Start-ups, die von erfahrenen Unternehmern gegründet werden, um die Technologie zu einem marktfähigen Produkt zu entwickeln und Zugänge aufzubauen. Bei Gründern, die aus der Wirtschaft kommen, sind die Herausforderungen dann an anderer Stelle zu finden.

Für-Gründer.de: Habt ihr Beispiele für bisherige Investitionen, die ihr in insbesondere studentische Unternehmen getätigt habt?

Daniel Steffen, IBB Bet.: Beispiele für Beteiligungen an studentischen beziehungsweise hochschulnahen Start-ups sind:

  • eMio, eine Elektroroller Sharing-Plattform mit eigenem Fuhrpark,
  • die Online-Lernplattform sofatutor,
  • der Spezialist für die Leberfunktionsdiagnostik Humedics,
  • stilnest, eine Plattform für 3D-Druckobjekte,
  • machtfit, ein Dienstleister im betrieblichen Gesundheitsmanagement,
  • suitepad, ein Anbieter von tabletbasierten Kommunikationslösungen für die Hotellerie und
  • Scopis, ein Anbieter von klinischen Navigationssystemen.

David Stuck, bmp: Wir haben sehr gute Erfahrungen mit studentischen Unternehmen gemacht und mittlerweile auch in weit über 10 EXIST-Teams investiert. Darunter u.a. komoot, trinckle 3D, METABOLOMIC DISCOVERIES, Kinematics und uninow. Als Hands-on VC investieren wir Smart Money und bieten so den Hochschul-Start-ups das notwendige Mehr an Support.

Für-Gründer.de: Zum Abschluss - Welche Tipps habt ihr für den perfekten Pitch?

David Stuck, bmp: Ich achte bei einem Pitch insbesondere auf das Geschäftsmodell. Das Start-up sollte mir die Geschäftsidee, Marketing- und Sales-Strategie und geplante Roadmap verständlich erklären können. Da VCs stark in Timelines denken, sollte alles auch auf die Finanzplanung abgestimmt sein und Gründer sollten alle relevanten Zahlen im Kopf haben. Ob ein Start-up für uns spannend ist und die Gründer überzeugen, entscheidet sich dann meist relativ schnell.

Daniel Steffen, IBB Bet.: Unabhängig davon, ob der Pitch bei einem Pitching-Event, als spontaner Elevator Pitch oder als persönliche Präsentation vor einem Investor stattfindet, gibt es einige Themen, die der Pitch immer enthalten sollte. Das sind insbesondere die Vorstellung des Gründerteams, die Beschreibung von Produkt/Dienstleistung/Technologie, das Geschäftsmodell, die Markt- und Wettbewerbssituation, daraus hergeleitet die Alleinstellungsmerkmale, die Entwicklungs-Roadmap, der Kapitalbedarf sowie der Finanzplan.

Wenn es gelingt, Informationen prägnant zu kommunizieren, eine realistische Unternehmensplanung vorzustellen, den Investor von der Geschäftsidee zu begeistern und dabei authentisch zu bleiben, dann ist der Pitch perfekt.

Für-Gründer.de: Vielen Dank für den spannenden Einblick!

Wer sich als Investor noch für das Investmentforum am 28. März anmelden möchte, der kann das hier tun. Für alle Gründer empfehlen wir einen Blick in unseren Eventkalender – darin enthalten sind auch zahlreiche Pitching-Events.

Mehr über eine Förderung durch EXIST erfahrt ihr unter www.exist.de.

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