Taschen-Anwalt: Start-up digitalisiert Rechtsberatung zum Festpreis
Die fortschreitende Digitalisierung betrifft immer mehr Branchen - so auch die Rechtsberatung. Auch wenn das bei der einen oder anderen Kanzlei erst langsam ankommt, überzeugt das Angebot immer mehr Kunden. Welche Hürden sich dem LegalTech advocado bislang in den Weg stellten, berichtet Unternehmensgründer Maximilian Block in dieser Gründerstory.
GründerDaily: Hallo Maximilian, laut einer aktuellen Umfrage habt ihr die höchste Weiterempfehlungsquote im Bereich Online-Rechtsberatung. Welche drei Punkte sind deiner Meinung nach für eine hohe Kundenzufriedenheit ausschlaggebend?
Maximilian von advocado: Das Produkt oder die Dienstleistung muss sich grundsätzlich immer am Kunden beziehungsweise Kundenbedürfnis orientieren, Stichwort „User Experience“. Zum einen fällt bei uns darunter die einfache Bedienung und „Customer Journey“ unserer Plattform, die wir fortlaufend verbessern. Zum anderen muss alles sehr schnell gehen. Besonders bei Rechtsproblemen möchte man sofort Gewissheit und es gibt oft Fristen, die eingehalten werden müssen. Deshalb meldet sich ein Anwalt innerhalb von zwei Stunden nach Eingang der Rechtsfrage beim Rechtsuchenden und führt mit ihm ein kostenfreies Erstgespräch.
Natürlich erwarten Kunden auch im Internet seriöse und kompetente Hilfe. Aus diesem Grund prüfen wir alle Juristen, die mit uns zusammenarbeiten. Sollte es doch mal zu einem Problem kommen, gibt es eine Geld-zurück-Garantie.
GründerDaily: Kundenzufriedenheit ist eine Sache, tatsächliche Weiterempfehlungen eine andere. Aber genau diese Mundpropaganda spielt für euch eine große Rolle. Wie motiviert ihr zufriedene Kunden, euch weiterzuempfehlen?
Maximilian von advocado: Die meisten Mandanten sind wirklich überrascht, wie einfach und schnell sie eine fundierte Antwort auf ihre Anfrage bekommen. Auch die Tatsache, dass sie bei Fragen oder Problemen immer auf unser Service-Team zukommen können, trägt zu ihrem Wohlbefinden bei. Unter diesen Gesichtspunkten muss man sie gar nicht motivieren. Sie sind einfach dankbar und teilen ihr positives Erlebnis mit ihren Verwandten, Freunden und Bekannten.
GründerDaily: 2014 hast du gemeinsam mit Jacob Saß die advocado GmbH gegründet. Wie kam es dazu und was hat sich seither bei euch getan?
Maximilian von advocado: Jacob und ich haben uns als Studenten beim UNIQUE Ideen- und Businessplan-Wettbewerb der Universität Greifswald kennengelernt. Die 1.000 Euro Preisgeld, die wir dort für die Idee von advocado bekommen haben, waren unser Startkapital. Mit dem großen Ziel, den Zugang zum Recht zu erleichtern, gründeten wir 2014 unser Unternehmen und bezogen ein 18 Quadratmeter kleines Büro. Mittlerweile arbeiten wir auf mehr als 500 Quadratmetern, beschäftigen knapp 50 Mitarbeiter an zwei Standorten und haben über 350 Partnerkanzleien in ganz Deutschland.
GründerDaily: Ihr vermittelt Rechtsanfragen an Partnerkanzleien. Worin besteht die Besonderheit eures LegalTech?
Maximilian von advocado: advocado ist viel mehr als die reine Vermittlung von Mandanten an Anwälte. Das deckt nur einen kleinen, aber wichtigen Teilbereich unseres Services ab. Wir verstehen uns als Generalist. Das heißt, wir stehen Rechtsuchenden von der Anfrage bis zur Lösung des Problems zur Seite bei, also entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das beinhaltet zum Beispiel die Suche nach einem passenden Anwalt über unseren datenbasierten und selbstlernenden Matching-Algorithmus.
Aber nicht nur die Kontaktaufnahme, sondern auch die gesamte Kommunikation, der oft benötigte Dokumentenaustausch und die Zahlungsabwicklung finden einfach, schnell und sicher digital statt. Damit erleichtert unsere Software die Arbeit der Anwälte wesentlich. Sie können sich auf ihr Spezialgebiet, die Rechtsberatung, konzentrieren, während wir den Rest nach höchsten Servicestandards übernehmen – wie eine Art digitales Sekretariat. So realisieren wir schon heute eine orts- und zeitunabhängige Rechtsberatung für beide Seiten.
GründerDaily: Wie viele andere Start-ups auch, hattet ihr es zu Beginn nicht leicht, mit eurer neuen Geschäftsideen bestehende Strukturen aufzubrechen. Wie habt ihr eure jetzigen Partner trotzdem von der Zusammenarbeit überzeugt?
Maximilian von advocado: Noch immer sehen viele Juristen keine Notwendigkeit in der Weiterentwicklung des Anwaltsberufs – unter anderem aus Unwissenheit darüber, was die Digitalisierung für sie bedeutet. Zudem hemmen (noch) bestehende veraltete berufsrechtliche Regelungen die Motivation. Andere haben aber erkannt, dass sich der Markt und damit auch die Bedürfnisse der Mandanten verändert haben. In anderen Lebensbereichen sind sie es gewohnt, schnell und digital Produkte oder Dienstleistungen kaufen zu können.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich also auch Anwälte anpassen.
GründerDaily: Wie wurde das Modell zu Beginn angenommen im Vergleich zu heute?
Maximilian von advocado: Allgemein kann man sagen, dass sich der Legal-Tech-Bereich in Deutschland derzeit noch in den Kinderschuhen befindet.
Daher mussten wir am Anfang nicht nur viel Aufklärungsarbeit leisten, sondern uns auch immer wieder neu behaupten. Und das müssen wir auch heute noch, aber das Thema ist jetzt viel präsenter.
Ich denke, unsere bisherigen Erfolge sowie bisherigen zufriedenen Mandanten zeigen, dass wir eine Daseinsberechtigung haben. Ein Beispiel: Während wir früher auf die Anwälte zugehen und sie von advocado überzeugen mussten, ist es heute umgekehrt.
GründerDaily: Wie verdient advocado an diesem Geschäftsmodell Geld?
Maximilian von advocado: Wir erheben verschiedene Gebühren auf der Anwaltsseite. Diese setzen sich aus einer festen und einer transaktionalen Komponente zusammen. Letztere beträgt derzeit 25 Prozent des Bruttotransaktionsvolumens eines bei uns aktiv tätigen Anwalts. Der Mandant zahlt für unsere Leistungen nichts.
GründerDaily: Ihr konntet bereits mehrere Finanzierungsrunden erfolgreich abschließen. Wie habt ihr euch zu Beginn finanziert?
Maximilian von advocado: Wir haben am Anfang gebootstrapped. Wie gesagt haben wir mit den 1.000 Euro Preisgeld aus dem Ideen- und Businessplan-Wettbewerb die erste Gesellschaft gegründet. Seitdem konnten wir weitere Business-Angel, nationale und internationale Investoren überzeugen, die die Idee mit mehreren Millionen Euro unterstützen.
GründerDaily: Auf welche anderen Herausforderungen seid ihr bislang gestoßen?
Maximilian von advocado: Die Rechtsbranche tut sich mit Veränderungen grundsätzlich sehr schwer, da der Markt stark reguliert ist. „Nein, das geht nicht“, „Das wird sich nicht durchsetzen“, „So etwas brauchen wir nicht“. Solche Sätze haben wir früher andauernd gehört. Davon darf man sich aber nicht entmutigen lassen – im Gegenteil:
Konstruktive Kritik ist extrem wichtig.
Wenn man solche Hürden dann überspringen und Personen vom eigenen Konzept überzeugen kann, ist das ein tolles Gefühl.
GründerDaily: Gib uns doch bitte einen Ausblick: Wo wird advocado in drei Jahren stehen?
Maximilian von advocado: Wir werden unser Hauptziel weiterverfolgen: den Zugang zum Recht global zu erleichtern. In den nächsten Jahren wollen wir uns zum ersten Ansprechpartner in allen rechtlichen Angelegenheiten entwickeln. Schon heute bieten wir zu fast jedem Rechtsproblem einen spezialisierten Anwalt. Außerdem planen wir die Internationalisierung des advocado-Konzepts, sodass auch in anderen europäischen Ländern jeder zu seinem Recht kommt.
GründerDaily: Maximilian, vielen Dank für diese Einblicke. Wir wünschen euch weiterhin viel Erfolg!
Keyfacts über advocado GmbH
- Gegründet im Jahr: 2014
- Firmensitz in: Greifswald
- Unser aktuelles Team besteht aus: Knapp 50 MitarbeiterInnen
- Die erste Finanzierung erfolgte durch/über: Ideen- und Businessplan-Wettbewerb der Universität Greifswald
- Besonders geholfen haben mir/uns bisher: Konstruktives Feedback von unseren Kunden, Partner-Anwälten und Investoren
- Besonders wichtig im Arbeitsalltag sind für mich/ uns folgende:
- Menschen: Jeder einzelne Mitarbeiter
- Tools: LinkedIn, Slack, Trello