An Wunder glauben: In Deutschland verboten, international durchgestartet
Auf der diesjährigen KfW Projektreise haben wir das Hamburger Start-up Wunder besucht. Das Unternehmen wurde kurz nach seiner Gründung von den Behörden verboten und ist seither im Ausland erfolgreich. Die nachfolgende Gründerstory veranschaulicht: Never give up - denn schon bald soll das erweiterte Geschäftsmodell nun doch in Deutschland auf den Markt kommen.
Einmal im Jahr lädt die KfW Bankengruppe zur traditionellen Projektreise ein. Diese führt nicht nur zu verschiedenen Akteuren, die durch Förderinstrumente der Bank unterstützt werden, sondern auch zu einem spannenden Austausch über das Gründergeschehen in der jeweiligen Stadt. Bereits in den Vorjahren durften wir in Frankfurt und Berlin teilhaben und innovativen Start-ups einen Hausbesuch abstatten. Dieses Jahr hieß es: Moin, Hamburg! Ein Unternehmen, das dabei uns besonders fasziniert hat, war dabei Wunder, das unter anderem den Berliner Venture Capital Fonds Cherry Ventures zu seinen Investoren zählt. Die KfW ist mit einem ihrer Förderinstrumente in den Cherry Ventures Fund II investiert und als einer der größten Investoren auch als Teil des Beirats im Fonds. Somit unterstützt die KfW Cherry Ventures nicht nur mit Kapital, sondern auch in strategischen Fragen. Lukas Loers von Wunder erzählt uns im Folgenden mehr über das nachhaltige Geschäftsmodell sowie Höhen und Tiefen im Wachstumskurs.
Für-Gründer.de: Hallo Lukas, Wunder ist Deutschlands größtes unabhängiges Mobilitäts-Start-up – erzähle unseren Lesern doch kurz, was genau hinter eurer Geschäftsidee steckt.
Lukas von Wunder: Gerne, wir vertreiben drei verschiedene Software-Lösungen.
- Erstens, Carpooling, also ein Marktplatz für Mitfahrgelegenheiten, den wir selber als Operator in sechs Städten weltweit betreiben.
- Zweitens, Fleet Software Lösungen, die wir für Carsharing & Scooter Sharing-Anbieter als SaaS-Modell anbieten.
- Und drittens Smart Shuttles oder auch Rufbusse, die wir für ÖPNV-Anbieter oder größere Kunden wie Zulieferer ebenfalls als SaaS-Modell anbieten.
Wichtig ist, dass wir in keinem Modell selber die Assets, also Autos, Roller oder Busse besitzen, sondern durch ein SaaS-Modell als Softwareanbieter schnell skalieren können.
Für-Gründer.de: Nachdem euer Geschäftsmodell 2014 kurz nach der Gründung von den Behörden in Deutschland verboten wurde, seid ihr zunächst in Budapest, Warschau und Prag durchgestartet. Was war passiert?
Lukas von Wunder: Leider wurde unser erstes Geschäftsmodell, ein Lyft ähnliches Ridesharing in dem Privatpersonen anderen Privatpersonen bestellte Fahrten per App angeboten haben, relativ schnell im deutschen Markt verboten. Daher haben wir dann die App in Osteuropa eingesetzt und sind auf weniger regulatorische Hürden gestoßen. In Budapest, Warschau und Prag waren wir dann sehr erfolgreich am Markt aktiv.
Für-Gründer.de: Erfolg hattet ihr aber dennoch: Ihr beschäftigt inzwischen über 70 Mitarbeiter, habt 2017 eine Series B Finanzierungsrunde abgeschlossen und die 2-millionste Fahrt verbucht. Stand die Option „aufgeben“ denn jemals im Raum?
Lukas von Wunder: Nein, natürlich nicht.
Wir müssten natürlich mehrmals unser Geschäftsmodell den Marktgegebenheiten anpassen, haben aber auch sehr viel Erfahrung sammeln könnten, ein Top-Team aufgebaut und sind heute führend im Markt für Mobilitätsdienstleistungen in Deutschland.
Das ist natürlich auch nicht erst gestern entstanden, aber mit der Zeit haben wir uns etabliert.
Für-Gründer.de: Welche Herausforderungen musstet ihr in anderen Ländern meistern?
Lukas von Wunder: In anderen Märkten haben wir natürlich mit anderen Kulturen zu tun, z.B. haben Fahrer, die Mitfahrgelegenheiten in Indien und auf den Philippinen anbieten, ganz andere Anreize. Auf den Philippinen teilt unsere Community sehr gerne Sitzplätze, weil der Sharing-Gedanke weit verbreitet ist und man zusammen den Verkehr lösen will. In Indien möchte der Fahrer an erster Stelle seine Fahrtkosten decken. Natürlich müssen wir daher unsere Story und das Marketing den Märkten anpassen.
Für-Gründer.de: Mit Smart Shuttles wollt ihr nun zurück in den deutschen Markt: Was ist die Idee dahinter?
Lukas von Wunder: Smart Shuttles sind intelligente Rufbusse, d.h. geteilte Busse mit bis zu sechs Sitzplätzen, die mit optimierten Pooling-Algorithmen durch die Stadt gesteuert werden. Die Fahrgäste bestellen den Bus per App und werden dann vor der Haustür oder an einer virtuellen Bushaltestelle eingesammelt und ans Ziel gebracht. Diese Pooling-Algorithmen für geteilte Fahrten, die unseren Nutzern der Mitfahrgelegenheit weltweit ermöglichen, als Fahrer ohne große Umwege Mitfahrer mitzunehmen, sind die Grundlage für das Smart Shuttle. Der größte Unterschied ist, dass wir die Mitfahrgelegenheit selbst als Operator betreiben, aber unser Smart Shuttle als SaaS-Modell größeren Unternehmen zur Verfügung stellen.
Für-Gründer.de: Das Konzept habt ihr in der philippinischen Millionenstadt Manila getestet. Was macht euch sicher, dass es auch im Geburtsland des Autos, das nur wenige Millionenstädte zählt, funktionieren kann?
Lukas von Wunder: Wir konzentrieren uns darauf, als urbane Mobilitätsplattform aufzutreten. Wir haben drei verschiedene Produkte, die alle einen anderen Bedarf abdecken.
Mitfahrgelegenheiten funktionieren vielleicht sehr gut in Millionenstädten wie Manila, aber ein Carsharing oder Smart Shuttle Model eignet sich auch für eine Stadt wie Hamburg oder München, obwohl wir ebenfalls in Manila Smart Shuttles aktuell mit Partnern testen.
Für-Gründer.de: Und zum Abschluss: Wie geht es weiter – was sind eure Ziele bis 2020?
Lukas von Wunder: Wir möchten eine führende Mobilitätsplattform aufbauen, mit mehreren Hundert Mitarbeitern, einer weltweiten Präsenz und einer hohen neunstelligen Bewertung.
Für-Gründer.de: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!
Keyfacts über Wunder
- Gegründet im Jahr: 2014
- Firmensitz in: Hamburg (Headquarter) sowie Büros in Manila (Philippinen), Bangalore (Indien) und Rio de Janeiro (Brasilien)
- Unser aktuelles Team besteht aus: 70 Personen
- Die erste Finanzierung erfolgte durch / über: 2014, Seed Investment
- Besonders geholfen haben mir/uns bisher: Gute Ratschläge von anderen erfolgreichen Gründern
- Besonders wichtig im Arbeitsalltag sind für mich/uns folgende:
- Menschen: Christian Vollman, Sven Rawe und Stefan Uhrenbacher als Berater
- Tools: Slack, Deepl.com, Upwork
- Internetseiten: Techcrunch, NY Times