Abmahnung als Belehrung
Aus einem Arbeitsverhältnis folgen sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber die verschiedensten Verpflichtungen. Kommt der Arbeitnehmer einer seiner Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nicht nach, kann der Arbeitgeber aber nur in den seltensten Fällen direkt eine Kündigung aussprechen. Vor einer Kündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grundsätzlich abmahnen. Nicht jede Rüge durch den Arbeitgeber stellt dabei eine Abmahnung im Rechtssinne dar. Oft handelt es sich lediglich um eine Ermahnung oder Belehrung. Wie ein Arbeitgeber seine Rüge bezeichnet ist dabei unwesentlich. Wichtig ist, dass sie bestimmte Anforderungen erfüllt, denn nur dann kann von einer Abmahnung im rechtlichen Sinne gesprochen werden.
Drei zentrale Anforderungen an eine Abmahnung
Die Abmahnung unterliegt drei wesentlichen Voraussetzungen. Diese sind:
1. Beschreibung des abgemahnten Verhaltens
2. Rüge des vertragswidrigen Verhaltens
3. Androhung einer Kündigung im Wiederholungsfall
Ziel einer Abmahnung ist es, den Arbeitnehmer auf sein vertragswidriges Verhalten hinzuweisen und ihm die Möglichkeit einzuräumen sich besser zu verhalten. Dies ist die sogenannte Warnfunktion einer Abmahnung. Der Arbeitgeber muss deshalb das Verhalten seines Arbeitnehmers möglichst genau beschreiben. Hierzu sollte er Datum, Ort und Uhrzeit aber auch das konkrete vertragswidrige Verhalten nennen. Eine pauschale Rüge, etwa wegen häufigen Zuspätkommens, reicht für eine wirksame Abmahnung nicht aus.
Der Arbeitnehmer muss ferner darauf aufmerksam gemacht werden, welches Verhalten falsch war und wie er gegen seine vertraglichen Arbeitspflichten verstoßen hat. Der Arbeitnehmer ist an seine vertraglichen Pflichten zu erinnern und aufzufordern sich vertragsgemäß zu verhalten. Zuletzt muss er vor einer erneuten Vertragsverletzung gewarnt werden. Für eine wiederholte Vertragsverletzung muss ihm daher mit einer Kündigung gedroht werden. Erst wenn eine Rüge diese Anforderungen erfüllt, kann von einer Abmahnung auch im Rechtsinne gesprochen werden.
Vorlage Abmahnung
Wenn ein Arbeitnehmer seinen Pflichten nicht nachkommt, kann er durch eine Abmahnung ermahnt werden. Bei der Abmahnung sind zwingend formelle Anforderungen zu beachten, die in den Vorlagen für die Abmahnung enthalten sind.
Formelle Voraussetzungen der Abmahnung
Eine bestimmte Form ist für die Abmahnung nicht vorgeschrieben. Sie ist deshalb auch wirksam, wenn sie mündlich, per Email oder etwa per SMS erteilt wird. Allerdings muss der Arbeitgeber, etwa im Fall einer späteren Kündigung, das Vorliegen einer bereits erteilten Abmahnung beweisen. Auch für den Zugang der Abmahnung ist der Arbeitgeber beweispflichtig. Es wird deshalb empfohlen, eine Abmahnung immer schriftlich zu erteilen und sich den Zugang vom Arbeitnehmer bestätigen zu lassen. Bei einer mündlich erteilten Abmahnung sollte ein Zeuge hinzugezogen werden. Wird eine Abmahnung vom Gericht als unwirksam oder nicht zugegangen angesehen, zieht das meist die Unwirksamkeit der darauf erfolgten Kündigung nach sich.
Verhältnismäßigkeit der Abmahnung
Eine Abmahnung muss verhältnismäßig sein. Das heißt, die Nachteile die der Arbeitnehmer durch die Abmahnung erleidet, dürfen nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen, die sie für den Arbeitgeber bewirkt. Unverhältnismäßig ist eine Abmahnung beispielsweise, wenn dem Arbeitnehmer ein Fehler unterläuft, der jedem hätte leicht passieren können. Je geringfügiger ein Fehler war, desto eher wird eine Abmahnung unverhältnismäßig sein. Die Entscheidung darüber fällt allerdings der Richter.
Wie viele Abmahnungen rechtfertigen eine Kündigung?
Oft wird immer noch davon ausgegangen, eine Kündigung könne erst nach drei Abmahnungen ausgesprochen werden. Dies ist ein weit verbreiteter Irrtum, denn bereits eine Abmahnung rechtfertig den Ausspruch einer Kündigung, wenn der Arbeitnehmer dieselbe Vertragspflichtverletzung erneut begeht. Bei besonders schwerem Fehlverhalten kann eine Kündigung sogar ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden. Dies ist insbesondere bei Sachverhalten der Fall, die einen Vertrauensbruch verursachen. So zum Beispiel etwa bei Diebstahl, Betrug oder Untreue.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hielt bereits 1984 eine Kündigung ohne Abmahnung für rechtens, bei dem die Arbeitnehmerin ein Stück Bienenstich aus der Theke nahm und dieses aß, ohne zu bezahlen. Auch in dem bekannten Fall einer Verkäuferin aus dem Jahr 2009, die zwei Leergutbons im Wert von insgesamt 1,30 Euro einsteckte, hielt das LAG die Kündigung ohne vorherige Abmahnung für gerechtfertigt. Allerdings hob das BAG die Entscheidung auf. Zwar sei auch die Entwendung einer geringwertigen Sache geeignet eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung zu rechtfertigen, allerdings könne die geringe Verfehlung in diesem Fall ein in 31 Jahren erarbeitetes Vertrauen nicht aufzehren. Wird also durch ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien so erschüttert, dass es auch durch eine Abmahnung nicht mehr hergestellt werden kann, ist eine Abmahnung entbehrlich.
Kommt eine Abmahnung in die Personalakte?
Eine Abmahnung muss nicht in die Personalakte aufgenommen werden. Möchte der Arbeitgeber dies aber tun, so muss er zuvor den Arbeitnehmer anhören. Dadurch soll dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, sich zu dem Sachverhalt zu äußern. Wird der Arbeitnehmer nicht angehört, hat dies aber auch keine Konsequenzen für eine spätere Kündigung. Es liegt dennoch eine wirksame Abmahnung für die eventuell folgende Kündigung vor, sofern die oben genannten drei Voraussetzungen einer Abmahnung erfüllt sind.
Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte
Wenn eine unberechtigte Abmahnung vorliegt, kann der Arbeitnehmer deren Löschung verlangen. Jeder Arbeitnehmer hat auch das Recht seine Personalakte jederzeit einzusehen. Für das tatsächliche Vorliegen der Vertragspflichtverletzung durch den Arbeitnehmer ist der Arbeitgeber gegebenenfalls beweispflichtig. Kann er nicht oder nicht mehr nachweisen, dass der Arbeitnehmer den Verstoß begangen hat, muss die Abmahnung aus der Personalakte gelöscht werden.
Ein Anspruch auf Löschung besteht auch, wenn bereits einige Zeit ohne eine erneute Verletzung der Vertragspflicht vergangen ist. Bei leichteren Verstößen gelten sechs Monate, bei schwereren Verstößen etwa zwei Jahre als angemessen. Eine Regelfrist gibt es hierfür allerdings nicht. Ist eine Abmahnung für die weitere Beurteilung des Arbeitnehmers überflüssig geworden, etwa durch Zeitablauf, überwiegt in der Regel das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und die Abmahnung ist aus der Personalakte zu entfernen.