Nach EuGH-Urteil: Muss ich meine Facebook-Fanpage nun abschalten?

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Am 5. Juni 2018 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Betreiber von Unternehmensseiten auf Facebook für die Einhaltung des Datenschutzes auf dem sozialen Netzwerk mitverantwortlich sind. In der Unternehmerwelt wird nun diskutiert, ob die Abschaltung der Facebook-Fanpage die einzig rechtskonforme Lösung nach diesem Urteil ist. Wir fassen den aktuellen Stand zusammen und gehen der Frage auf den Grund, was nun zu tun ist.

 

Worum geht's?

Hintergrund des Verfahrens ist ein Konflikt aus dem Jahr 2011 zwischen dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) und der Wirtschaftsakademie Schleswig Holstein, der bereits mehrere Gerichte beschäftigte. Hierbei kam die Frage auf, ob Unternehmen mit für den Datenschutz bzw. potenzielle Datenschutzverstöße verantwortlich sind, wenn sie durch eine Facebook-Fanpage beispielsweise zum Setzen von Cookies beitragen. 2016 wurde der Fall an den Europäischen Gerichtshof weitergeleitet. Rund zwei Jahre später, am 5. Juni 2018, fiel nun das Urteil.

Facebook-Fanpage Ist die Ära Facebook für Unternehmen mit diesem Urteil vollends beendet?

Das Urteil...

...kann hier in seiner Gänze nachgelesen werden (wir haben das getan und empfehlen einen Kaffee vorab!). Wichtigste Erkenntnis ist jedoch: Ja, Unternehmen sind mitverantwortlich! So heißt es in dem Urteil:

Der Umstand, dass ein Betreiber einer Fanpage die von Facebook eingerichtete Plattform nutzt, um die dazugehörigen Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, kann diesen nämlich nicht von der Beachtung seiner Verpflichtungen im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten befreien.

Was bedeutet das in der Praxis? Abmahnungen oder Untersagungsverfügungen können sich nun auch an Unternehmen richten, die eine Facebook-Fanpage bei dem US-Konzern eingerichtet haben - vom Großkonzern wie Adidas bis zum Blumenladen um die Ecke.

Wie geht es jetzt weiter?

Das Urteil muss erst einmal noch durch die deutschen Gerichte umgesetzt werden. Außerdem ist davon auszugehen, dass Facebook in Sachen europäisches Recht ordentlich nachrüsten wird. Dr. Thomas Schwenke erklärt in diesem Beitrag auf allfacebook.de:

Ob Facebook tatsächlich Datenschutzverstöße begangen hat, darüber musste der EuGH nicht entscheiden. Diese Fragen werden nun vom Bundesverwaltungsgericht im zweiten Schritt geprüft. Kommt das Gericht jedoch zu der Überzeugung, dass Facebook gegen die Datenschutzvorgaben verstößt und es ermessensgerecht ist, sich gegen die Facebook-Seitenbetreiber zu richten [...], dann werden die Verbote der Facebook-Seiten bestätigt. Bis zu diesem Urteil können noch mehrere Monate vergehen.

Etwas Luft bleibt also noch. Doch was, wenn...

Expertenstimmen: Facebook-Fanpage abschalten?

Die Frage ist hier - wie schon bei der gesamten DSGVO-Thematik - vermutlich viel eher: Wie risikofreudig seid ihr? So sagt Rechtsanwalt Christian Solmecke in einem Interview auf MEEDIA über die Abschaltung:

Meiner Auffassung nach ist das strenggenommen tatsächlich derzeit die einzige rechtskonforme Lösung. Das gilt zumindest für alle Betreiber von Fanpages.

Er betont weiter, dass Datenschutzverstöße ernsthafte Konsequenzen haben und teuer geahndet werden können. Und auch Rechtsanwalt Dr. Thomas Schwenke sagt in erwähntem Beitrag auf allfacebook.de:

Die Facebookseite abzuschalten wäre natürlich die sicherste Lösung.

Zugleich empfiehlt er aber auch, Ruhe zu bewahren. Sicherlich sei es auch eine individuelle Abwägungssache:

Ich persönlich empfehle abzuwarten und zu prüfen, ob sich der Betrieb von Facebook-Seiten oder die Nutzung anderer Onlinedienste trotz des Risikos nicht dennoch lohnt [...]. Letztendlich könnte es sogar passieren, dass das Urteil dazu führt, dass die Nutzung von Facebook und anderen Diensten am Ende sicherer wird als vorher. Das zumindest, wenn die Anbieter sich dem EU-Datenschutzrecht fügen.

Datenschutzrechts-Experte der internationalen Kanzlei Clifford Chance, Günter Roland Barth, macht ebenfalls Mut. So sagte er in diesem Artikel der FAZ:

Man muss nicht komplett schwarz und weiß sehen und komplett ausschalten [...] Aber: Immer, wenn man fremde Strukturen nutzt, dann sollte man sich tunlichst kundig machen, was genau der fremde Anbieter macht, und das in einer eigenen, umfassenden Datenschutzerklärung für die eigene Fanseite darstellen.

Ähnliche Meinungen ziehen sich auch durch weitere aktuelle Beiträge.

Was also nun tun?

Eine rechtsverbindliche Aussage dürfen wir an dieser Stelle zwar nicht treffen. Diese Schritte helfen euch aber dabei, die Entscheidung für euch zu fällen:

  1. Kühlen Kopf bewahren und abwägen: Dabei helfen diese FAQs von Dr. Thomas Schwenke.
  2. Falls ihr vorerst "live" bleibt: Auf jeden Fall in eurer Datenschutzerklärung auf die Nutzung eurer Facebook-Fanpage hinweisen (auch wenn das allein den Einsatz nicht rechtmäßig macht.)
  3. Falls ihr offline geht: Fans informieren und auf Alternativen hinweisen, wie sie mit euch in Kontakt bleiben können.

Übrigens: Wir haben uns stichprobenartig bei 20 deutschen Großkonzernen (wir reden hier von Audi oder der Deutschen Telekom) umgeschaut - sie alle hatten ihre Facebook-Fanpage noch am Start.

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