Alles auf eine Karte gesetzt: Die Erfolgsgeschichte eines Gründerpaares

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Inspiration

Aus Kunden Fans machen – dieses Kunststück haben Stefan Lemcke und seine Frau Anne vollbracht. Und das im hart umkämpften Markt für Gewürze. Wie macht man ein solches Produkt für Kunden attraktiv? Welche Rolle spielen dabei Social-Media-Kanäle und welches Budget stellt das Start-up für Social Media Marketing bereit? Wir sprachen darüber mit Ankerkraut-Gründer Stefan in dieser Gründerstory.

 

GründerDaily: Hallo Stefan, ihr habt eure Gewürze zu Beginn ausschließlich über euren Online-Shop verkauft, mittlerweile setzt ihr verstärkt auf Listungen im Einzelhandel und sogar auf eigene Shops. Weshalb dieser neue Fokus?

Stefan von Ankerkraut: Wir haben als „pure online Player“ angefangen, da wir - fast - „digital Natives“ sind, das Internet lieben und ich lange im Online Bereich im Marketing und in der Programmierung gearbeitet habe.

Ankerkraut Stefan und Anne Lemcke haben ihre Jobs aufgegeben, um sich mit ihrem Gewürz-Start-up Ankerkraut selbstständig zu machen. Ein Risiko, das sich ausgezahlt hat. (Foto: Ankerkraut)

Daher war es für uns nie eine Frage, dass wir Online als Hauptkanal sehen. Nach und nach kamen dann Einzelhändler mit dazu, irgendwann Ketten und heute sind wir in 5.000 Supermärkten, Baumärkten und Spezialitätengeschäften. Wieso wir das machen?

Wenn man eine echte, große Consumer-Brand sein will, dann muss man verstehen, dass sich alle Kanäle gegenseitig befruchten und es daher der einzige logische Schritt ist, alle Märkte und Outlets, die es gibt, zu nutzen und zu bespielen.

Der erste eigene Shop in Hamburg war für uns ein Test-Ballon, wir waren wirklich sehr überrascht, wie gut dieser binnen kurzer Zeit angenommen wurde. Daher arbeiten wir im Moment auch aktiv am Ausbau dieser Sparte. Ein eigenes Ladengeschäft ist zusätzlich aber auch ein sehr gutes Mittel, um in Kontakt mit seinen Kunden zu treten.

GründerDaily: Neu in das Sortiment größerer Lebensmittelgeschäfte aufgenommen zu werden, ist nicht leicht. Wie habt ihr da einen Fuß in die Türe bekommen? Welche Tipps könnt ihr anderen Food-Gründern hierzu geben?

Stefan von Ankerkraut: Eine feste und dauerhafte Listung im LEH beziehungsweise Supermarkt zu bekommen, ist sehr schwer. Viele namhafte Marken und Hersteller „streiten“ sich hier um die Regalmeter. Als Start-up hat man einen kleinen Bonus, da man „neu“ ist und so etwas spannender für den Markt. Diesen Bonus muss man nutzen:

Am besten geht man in einzelne, inhabergeführte Supermärkte und versucht, den Marktleiter davon zu überzeugen, die Produkte aufzunehmen.

Ankerkraut hat sich aber nach vielen Jahren „zu Fuß“ in 2017 dazu entschieden, den LEH-Vertrieb nicht mehr selber zu machen und hat sich einen starken Partner, die Firma „Rila Feinkost“, gesucht. Rila fährt heute mit einem 70-Mann starken Team in der Republik umher und vertreibt und liefert Ankerkraut in den deutschen LEH.

GründerDaily: Was zeichnet eure Gewürze gegenüber der Konkurrenz aus? Was ist euer USP?

Stefan von Ankerkraut: Unser wichtigstes Gut ist unser Rohstoff. Dies ist und war für uns immer schon am wichtigsten. Ich habe in den ersten zwei Jahren alle Gewürze selber ausgesucht und alle Rezepturen selbst erstellt. Unser USP ist unsere Qualität und unsere eigenen Mischungen. Außerdem arbeiten wir komplett ohne Zusatzstoffe, was auch die wenigsten Gewürzunternehmen machen.

Ankerkraut Auf Qualität und ausgeklügelte Rezepturen legt Gründer Stefan besonderen Wert. (Foto: A. Hufnagel)

Zu guter Letzt ist noch unser gutes Design ein Grund für unseren Erfolg – wir haben neben vielen anderen Preisen sogar zwei “Red Dot Awards“ gewonnen. Unsere Kunden werden regelrecht zu Fans unserer Marke, was uns wahnsinnig stolz macht.

GründerDaily: Welches waren bislang die größten Herausforderungen eurer Gründer-Karriere?

Stefan von Ankerkraut: Aller Anfang ist schwer. Ich habe für Ankerkraut einen sehr guten Job aufgegeben und wir haben fast unsere kompletten Ersparnisse in Ankerkraut investiert.

Das erste Jahr war wirklich hart. Man hat eigentlich noch keine Kunden, setzt aber alles auf die eine Karte.

Am Ende hat uns unser Durchhaltevermögen und das Vertrauen in uns selber jedoch recht gegeben. Wir hatten auch andere Herausforderungen, insbesondere die Liquidität ist des Öfteren ein Problem gewesen.

Kein Geld auf dem Konto haben und Ware liefern zu müssen, ist ein großes Problem.

Auseinandersetzungen hat man auch oft mit den Behörden, dem LEH, schwierigen Kunden oder manchmal auch mit Mitarbeitern. Zum Glück können wir aber stolz sagen, die Firma nie in eine echte Schieflage manövriert zu haben.

GründerDaily: 2016 wart ihr in der TV-Show Die Höhle der Löwen und habt einen Deal abgeschlossen. Wie hat sich das auf euer Geschäft ausgewirkt? Würdet ihr auf den Deal so noch einmal eingehen?

Stefan von Ankerkraut: Den Deal würden wir immer wieder so machen, in die Show gehen auch! Frank hat uns weit mehr als Geld gebracht, er hat Know-how und Kontakte eingebracht und ist ein erfahrener Unternehmer, der einem immer zur Seite steht und mit Tat und Rat hilft, wenn er kann.

Ankerkraut "Die Höhle der Löwen ist eine Chance. Diese muss man jedoch auch für sich nutzen", sagt Stefan Lemcke zum Auftritt in der TV-Sendung. (Foto: A. Hufnagel)

Die Höhle der Löwen ist eine tolle Chance für Gründer, um ihr Unternehmen bekannt zu machen. Für uns gab es auf jeden Fall einen ordentlichen Push-Effekt in der Öffentlichkeit. Aber wir sagen auch immer:

Die Höhle der Löwen ist eine Chance. Diese muss man jedoch auch für sich nutzen.

Wir haben mit Frank einen tollen Löwen an Board, welcher mittlerweile eher ein freundschaftlicher Berater für uns ist.

GründerDaily: Ihr habt euch selbst zum Gesicht eurer Marke gemacht. Das bedeutet für euch wahrscheinlich einen großen Mehraufwand, kommt aber gut an. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Stefan von Ankerkraut: Menschen kaufen gerne von Menschen. Gesichter kann man sich viel besser merken als Logos. Das wir unsere Gesichter auf den Displays platzieren, war eigentlich die Idee von Frank Thelen.

Erst haben wir gedacht „das ist doch völlig verrückt“, letztendlich glauben wir, dass dies ein wichtiger Punkt bei der Weiterentwicklung der Marke war.

Wir sind also unsere eigenen Testimonials. Natürlich ist dies teilweise sehr aufwendig, aber wir machen dies auch wahnsinnig gerne. Wir stehen wirklich zu 100 Prozent hinter unserem Produkt.

GründerDaily: Ankerkraut ist gerade in den sozialen Medien sehr präsent: Auf Facebook folgen euch über 200.000 Personen, auf Instagram knapp 60.000. Welche Rolle spielen soziale Medien für euren Erfolg?

Stefan von Ankerkraut: Social Media spielte von Anfang an eine sehr große Rolle. Wir geben Einblicke in unser Unternehmen, geben aber auch unseren Kollegen ein Gesicht und zeigen ganz klar: Ankerkraut sind nicht nur Stefan und Anne, sondern ganz viele wunderbare Menschen, die mit sehr viel Herzblut dabei sind. Zusätzlich sind wir durch sämtliche Social-Media-Kanäle im direkten Austausch mit unseren Kunden - das war uns immer schon sehr wichtig.

GründerDaily: Welches Budget stellt ihr für eure Social-Media-Auftritte bereit? Welchen Anteil hat das an eurem insgesamten Marketing-Budget?

Stefan von Ankerkraut:

Wir allokieren aktuell jährlich eine niedrige siebenstellige Summe für unser Marketing. Die Social-Media-Ausgaben machen etwa 70 Prozent dieses Betrages aus.

GründerDaily: Ihr habt Kinder zu Hause und, du hast es vorhin bereits angesprochen, habt die Sicherheit eurer bisherigen Jobs für Ankerkraut aufgegeben. Davor schrecken viele angehende Gründer und Gründerinnen zurück. Wie managt man Familie und Business, sodass keines davon zu kurz kommt?

Stefan von Ankerkraut: Das ist wirklich ein sehr schmaler Grat. Ohne Struktur und Organisation sowie ein gutes Netzwerk funktioniert das nicht. Unsere Kinder sind jedoch in diese Rolle hineingeboren. Lio war knappe 10 Monate alt und Ida gerade „unterwegs“, als ich Ankerkraut gegründet habe. Unsere Kinder waren von Anfang an dabei. Auch heute nehmen wir die Kinder immer wieder mit ins Büro oder sie helfen auch mal im Versand oder in der Produktion. Allerdings haben wir unsere Außentermine – Reden, Vorträge, Messen, Termine, etc. – im letzten Jahr umgestellt, sodass wir heute in den seltensten Fällen gemeinsam unterwegs sind, denn eigentlich ist es unser Prinzip, dass immer einer von uns bei den Kindern bleibt.

GründerDaily: Welche Ziele habt ihr euch für die kommenden drei Jahre gesetzt?

Stefan von Ankerkraut: Wenn wir ehrlich sind, hätten wir 2013 niemals erwartet, dass Ankerkraut jemals so groß wird. Dies war niemals unser Ziel und vielleicht ist das auch ein bisschen das Geheimnis hinter unserem Erfolg. Wir versuchen bodenständig und bescheiden mit Aussagen zum Wachstum umzugehen. Natürlich wollen wir in den nächsten Jahren weiterhin größer werden. Auf dem deutschen Gewürzmarkt ist noch eine Menge zu holen. Daran arbeiten wir stetig, sodass 2025 vielleicht in jeder deutschen Küche Ankerkraut vertreten ist. Das wäre toll!

GründerDaily: Vielen Dank, Stefan. Wir wünschen euch weiterhin alles Gute!

Keyfacts über Ankerkraut

  • Gegründet im Jahr: 2013
  • Firmensitz in: 21266 Jesteburg
  • Unser aktuelles Team besteht aus: 95 Menschen
  • Die erste Finanzierung erfolgte durch/über: Bootstrapping, danach Seedfinanzierung DHDL
  • Besonders geholfen haben mir/uns bisher: Gesunder Menschenverstand, Fleiß und Liebe zum Detail!
  • Besonders wichtig im Arbeitsalltag sind für mich/ uns folgende:
    • Menschen: Alle Mitarbeiter
    • Tools: Google Analytics, Magento, Sistrix, MS Teams, One Drive
    • Internetseiten: Alle Social Media Seiten
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