Leitfaden Zeiterfassung für Selbstständige und Unternehmen

Zeiterfassung ist grundsätzlich für jeden Unternehmer interessant, der Mitarbeiter beschäftigt oder der Leistungen an Kunden über Stundensätze verrechnet. Damit können Sie geleistete Arbeitszeiten überwachen und Rechnungen auf die Sekunde genau abrechnen. Wir informieren, wie Zeiterfassung funktioniert und welche rechtlichen Grundlagen es gibt und wägen Vorteile und Nachteile ab. 

Übrigens sind Zeiterfassungssysteme auch Bestandteil professioneller Lohnabrechnungssysteme.

Von
Chefredakteur

Chefredakteur: René Klein
Für-Gründer.de Redaktion

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.

1. Was ist Zeiterfassung?

Zeiterfassung im Unternehmen heißt, Zeiten aufzuzeichnen: von Mitarbeitern, von bestimmten Tätigkeiten, um Abläufe zu verbessern oder von Maschinen für die Kostenrechnung.

Zeiterfassung für Selbstständige und Gründer gibt es grundsätzlich in zwei Formen. Einmal als Zeiterfassung für Ihre Mitarbeiter, mit der Sie Arbeitszeiten, Abwesenheitszeiten und Fehlzeiten verwalten. Zum anderen gibt es die Zeiterfassung für Aufgaben und Projekte, die Ihnen bei der Rechnungsstellung und beim Projektcontrolling hilft.

Die Tabelle zeigt Ihnen die wichtigsten Sachverhalte in einer groben Übersicht.

Zeiterfassung für Selbstständige
  Arbeitszeiterfassung Projektzeiterfassung
Was wird erfasst? Arbeitszeiten von Mitarbeitern Dauer von Tätigkeiten
Ziel? Korrekte Personalverwaltung und Lohnabrechnung Tätigkeiten für Kunden richtig abrechnen und Abläufe optimieren
Gibt es rechtliche Bestimmungen? Ja Nein
Welche Schnittstellen sind wichtig? Lohnabrechnung Rechnungssoftware, Buchhaltungssoftware, ERP-Software
Tipp

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2. Gibt es eine gesetzliche Pflicht zur Zeiterfassung?

Folgende gesetzliche Regeln haben mit dem Thema „Zeiterfassung“ zu tun. Wir listen diese Regelungen hier kurz auf:

  • DSGVO: Sobald Sie personenbezogene Daten erfassen, müssen Sie dafür sorgen, dass die Daten sicher gespeichert sind. Das betrifft insbesondere sensible Daten von Arbeitnehmern, so etwas Fehlzeiten aufgrund von Krankheiten.
  • Arbeitszeitgesetz: Laut Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmer nur eine bestimmte Anzahl pro Woche leisten.
  • Schutzgesetze für Azubis und Schwangere: Auch hier gibt es Vorschriften, die eine maximale Stundenzeit pro Tag und Woche regeln. 
  • Minijobber und Teilzeitbeschäftigte: Hier ist die Arbeitszeiterfassung bereits jetzt schon verpflichtend, um gegen Schwarzarbeit vorzugehen.

Zeiterfassung ist bei bestimmten Personengruppen jetzt schon Pflicht und kann bald zur generellen Pflicht werden. Auch wenn Arbeitszeitgesetz und Schutzgesetze für Arbeitnehmer eine systematische Zeiterfassung jetzt noch nicht fordern, ist es im Streitfall vor dem Arbeitsgericht gut, wenn der Arbeitgeber Daten aus der Zeiterfassung als Beweismittel vorlegen kann.

Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung

Ab 2023 wird auch die elektronische Zeiterfassung Pflicht. Die gesetzlichen Grundlagen aktuell sind:

  • EUGH Urteil vom Mai 2019
  • Urteil vom Bundesarbeitsgericht (BAG) vom April 2022: Hier verlangte das BAG, dass Unternehmen ein System zu elektronischen Zeiterfassung einführen
  • Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums: Unternehmen ab zehn Mitarbeitern sind verpflichtet, Arbeitszeiten elektronisch zu erfassen.

Diesem Referentenentwurf wird ein Gesetz folgen, und zwar im Laufe des Jahres 2023. Worauf sollten sich Unternehmen einstellen? 

Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung: Checkliste

Welche Zeiten müssen erfasst werden?

Erfasst werden müssen:

  • Beginn und Ende der Arbeitszeit
  • Pausen
  • Überstunden
Welche Personen müssen Arbeitszeiten erfassen?
  • Grundsätzlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
  • Leitende Angestellte müssen keine Arbeitszeiten erfassen

Ein bestellter Geschäftsführer einer GmbH beispielsweise muss keine Arbeitszeiten erfassen. Führungskräfte wie Gruppenleiter aber schon.

Welche Rechte hat der Betriebsrat?

Der Betriebsrat darf bei der Umsetzung und Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems mitbestimmen. Etwa, welches System verwendet wird, wie die Regeln der Zeiterfassung für die Mitarbeiter sind.

Gibt es Übergangsfristen?

Je nach Größe eines Unternehmens gibt es unterschiedliche Übergangsfristen. So lange haben Unternehmen Zeit, ein System der elektronischen Zeiterfassung einzuführen:

  • 1 Jahr: Unternehmen ab 250 Mitarbeiter
  • 2 Jahre: Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern
  • 5 Jahre: Unternehmen zwischen 10 und 50 Mitarbeiter

 

Was passiert bei Verstößen gegen die Pflicht zu elektronischen Zeiterfassung?

Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 30.000 €.

3. Zeiterfassung: Trends im Markt

Im Markt gibt es aktuell eine Vielzahl von Systemen, vom der einfachen Zeiterfassung für Tätigkeiten bis zu hochkomplexen Architekturen mit einer Vielzahl an Schnittstellen.

Die mechanische Stempeluhr hat ausgedient. Selbst das Zeiterfassungsterminal findet sich nur noch in größeren Unternehmen. In der Regel werden Zeiten am Desktop oder über mobile Endgeräte erfasst. Dabei gibt es häufig mobile Apps. Die führenden Systeme bieten eine Kombination aus Terminal, Desktop und mobiler App an. 

Systeme zur Zeiterfassung lassen sich häufig an Rechnungssoftware oder Buchhaltungssoftware koppeln oder sind Teil dieser Programme. Auch ERP-Systeme oder Kassensysteme im Handel oder in der Gastronomie bieten Zeiterfassungsmodule an. 
 

Tipp

Die besten Zeiterfassungssysteme im Überblick.

Lernen Sie Zeiterfassungssysteme kennen

4. Funktionen einer elektronischen Zeiterfassung

Zeiterfassung im Unternehmen ist mittlerweile digitalisiert. Daher sprechen wir von elektronischer Zeiterfassung oder von Onlinezeiterfassung. Die Systeme zur Zeiterfassung haben folgende Funktionen.

Arbeitszeiterfassung

Um Anwesenheit und Abwesenheit von Mitarbeitern zu verwalten braucht ein System zur Zeiterfassung folgende Module:

  • Online Stempeluhr: Hier loggt sich der Mitarbeiter ein und aus, zu Beginn und Ende des Arbeitstages und wenn er Pausen nimmt.
  • Fehlzeitenverwaltung: Ist der Mitarbeiter krank, auf Dienstreise oder im Urlaub, müssen diese Fehlzeiten eingegeben werden können. 
  • Pausenverwaltung: Oft werden geregelte Pausenzeiten automatisch vom System gesetzt. Bei manchen Zeiterfassungsprogrammen sind dabei sogar die aktuellen gesetzlichen Regeln hinterlegt.
  • Online Dienstplan und Urlaubsplan: Bieten manche Systeme, um den Vergleich von Soll-Arbeitszeiten und geleisteten Arbeitszeiten zu erleichtern.
  • Arbeitszeitkonten: Arbeitszeitkonten zeigen die gearbeiteten Stunden und die aktuellen Überstunden pro Mitarbeiter.
  • Schnittstelle Lohnabrechnung: Die Schnittstelle zur Lohnabrechnung ist wichtig für Unternehmen, um Überstunden, Zuschläge für Nachtarbeit oder für die Arbeit an Feiertagen mit einem Klick zu verrechnen.

Funktionen der Projektzeiterfassung

  • Zeiterfassung von Tätigkeiten als Grundmodul: Hier gibt der Mitarbeiter geleistete Tätigkeiten ein sowie die Zeit, die er für diese Tätigkeit gebraucht hat. 
  • Projektverwaltung: Häufig lassen sich diese Tätigkeiten zu Projekten zusammenfassen
  • Schnittstelle Rechnungsstellung: Hier sind den einzelnen Tätigkeiten Stundensätze hinterlegt. Damit lassen sich dann erfasste Zeiten in die Rechnungsstellung überführen. 

Stammdaten

Damit eine Zeiterfassung ordentlich arbeiten kann, gibt es eine Stammdatenverwaltung. Hier hinterlegen Sie folgende Daten:

  • Arbeitszeitmodelle
  • Abwesenheitsgründe
  • Mitarbeiter mit Arbeitszeitmodell und Urlaubsanspruch
  • Projekte und Tätigkeiten bzw. Dienstleistungen mit Stundensätzen

Berichte

Eine gute Zeiterfassung hat auch ein Berichtsmodul. Normalerweise gibt es

  • Projektberichte
  • Fehlzeitenberichte
  • individuelle Mitarbeiterberichte
     

5. Vorteile und Nachteile einer Zeiterfassung

Grundsätzlich soll eine Zeiterfassung Transparenz schaffen und Abläufe erleichtern. Sie schafft aber auch zusätzliche Arbeit.

Vorteile

Hier die Vorteile im Überblick.

  • Exakte Aufzeichnung der Anwesenheiten vereinfacht Personaleinsatzplanung und Urlaubsplanung, insbesondere wenn das Unternehmen wächst
  • Bei Kopplung mit Lohnbuchhaltung werden komplizierte Abrechnungsmodelle (Überstunden, Zuschläge) vereinfacht
  • Bei Arbeitszeitmodellen wie Arbeitszeitkonten geht es ohne ZE gar nicht
  • Projekteinsatzplanung, Erfassung von Tätigkeiten: vereinfachten die Abrechnung von Projekten; es wird keine Zeit mehr verschenkt
  • Optimierung von Arbeitsabläufen möglich durch Auswertung von Tätigkeiten
  • Unterstützt die Einsatzplanung, 

Nachteile

Die Nachteile von Zeiterfassung im Unternehmen dürfen nicht verschwiegen werden.

  • Zeiterfassung schafft zusätzliche Komplexität und Arbeit; insbesondere, wenn das System komplex und schwierig zu bedienen ist.
  • Manche Systeme sind gerade für Kleinunternehmen überdimensioniert.
  • Mitarbeiter fühlen sich beobachtet und überwacht. Gefahr der Demotivation (Big-Brother-Effekt)
  • Umständliche Zeiterfassungsmethoden führen zu Fehlern bei der Erfassung; entweder, es wird gar nicht oder fehlerhaft aufgezeichnet.

Vorteile nutzen und Nachteile mildern

Wie können Sie eine Zeiterfassung so einsetzen, dass Sie Ihnen hilft, anstatt zu schaden?

  • Das zum Unternehmen passende System wählen: Welche Prozesse sind kritisch? Beispiel: Startup mit 4 Mitarbeitern; hier reicht eine Projektzeiterfassung, die Anwesenheitszeiten können händisch geführt werden.
  • Das System muss einfach zu konfigurieren und zu bedienen sein.
  • Zeitstempeln muss einfach gehen: mobil, online mit selbsterklärender Nutzerführung.

6. Zeiterfassung im Unternehmen einführen

Damit eine Zeiterfassung gute Dienste leistet, sollten Sie bei der Anschaffung eines Systems systematisch vorgehen.

Bedarfsanalyse

Machen Sie eine gründliche Bedarfsanalyse. Dabei helfen Ihnen diese Leitfragen

  • Welche Arbeitszeitmodelle herrschen vor (Vollzeit, Teilzeit, Gleitzeit)?
  • Brauchen Sie eine stationäre, eine mobile Zeiterfassung oder beides?
  • Wollen Sie Zeiten über ein Terminal, am Desktop oder über ein mobiles Endgerät (App) erfassen?
  • Wie viele Mitarbeiter haben Sie?
  • Für wie viele Standorte brauchen Sie die Zeiterfassung?
  • Ist eine Schnittstelle zur Lohnbuchhaltung erforderlich?
  • Brauchen Sie die Zeiterfassung für Fakturierung und Projektmanagement?

Zielgerichtete Suche

Gehen Sie mit diesen Leitfragen auf die Suche. Denken Sie auch an Branchenlösungen. Vielleicht gibt es in Ihrer Branche ein bewährtes System. Tauschen Sie sich auch mit anderen Unternehmerkollegen aus.
Für komplexe Anforderungen gibt es auch professionelle Beratung. Nutzen Sie bei Bedarf diese Möglichkeit. Ziel ist es, eine Vorauswahl von 10 Systemen durch intensive Abwägung von Vorteilen und Nachteilen auf 3 Systeme zu reduzieren.

Testphase nutzen

  • Nutzen Sie die Testphase für die Zeiterfassungssysteme, die in Frage kommen. Gehen Sie dabei systematisch vor:
  • Konfigurieren Sie die Arbeitszeitmodelle in Ihrem Unternehmen: Geht das einfach?
  • Simulieren Sie bestimmte Fälle: Einbuchen und Ausbuchen, das Buchen von Pausen, Abwesenheitszeiten, die Zeiterfassung von Aufgaben. Die Überführung von erfassten Zeiten in Rechnungen oder für die Lohnabrechnung.
  • Prüfen Sie die Nutzerfreundlichkeit? Sind die Abläufe selbsterklärend oder hakt es irgendwo?
  • Welche Auswertungen gibt es
  • Wie ist die Datenübergabe bei den Schnittstellen? Funktioniert das alles fehlerfrei? Gerade für die Lohnbuchhaltung wichtig.

Kauf und Implementierung

Anschließend bestellen Sie den Testsieger. Ist die Testphase gut gelaufen, führen Sie das System systematisch ein. Dabei ist es wichtig, alle Mitarbeiter einzubeziehen und in der Einführungsphase systematisch zu schulen und zu motivieren.

Fazit

Egal ob Arbeitszeiterfassung oder Projektzeiterfassung, moderne Zeiterfassung läuft heute digital über stationäre Desktops, Terminals oder mobile Apps. Nutzerfreundlichkeit und die richtige Dimensionierung des Systems sind entscheidend. Das System muss zu Ihren Anforderungen passen, spielerisch bedienbar sein und nicht zu viele, aber auch nicht zu wenige Funktionen haben. Sollte eine gesetzliche Pflicht zur Zeiterfassung in Unternehmen kommen, sind Sie gewappnet.

Informieren Sie sich jetzt über eine Beratung zum Thema „Zeiterfassung“.
 

Chefredakteur: René Klein

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.