| Welche Gewerke sind meisterpflichtig?
Gründer, die ihre Existenzgründung mit einem eigenen Handwerksbetrieb verwirklichen wollen, prüfen im ersten Schritt, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Einige Handwerksberufe dürfen selbstständig nur ausgeübt werden, wenn man die Meisterprüfung erfolgreich abgelegt bzw. den Meistertitel erhalten hat.
In der Handwerksordnung (HWO), die Voraussetzungen und gesetzliche Regelungen für Handwerker festlegt, wird in verschiedenen Anhängen zwischen
- Handwerksberufen mit Meisterpflicht,
- zulassungsfreien Handwerksberufen ohne Meisterpflicht und
- handwerksähnlichen Gewerben unterschieden.
Meisterpflichtige Gewerke von A bis Z
Handwerksberufe mit Meisterpflicht (Anlage A) |
A–C |
D–F Dachdecker, Drechsler und Holzspielzeugmacher*, Elektrotechniker und Elektromaschinenbauer, Estrichleger*, Feinwerkmechaniker, Fliesen-/Platten-/Mosaikleger*, Friseure |
G–I Glasbläser und Glasapparatebauer, Glaser, Glasveredler*, Hörgeräteakustiker, Informationstechniker, Installateur und Heizungsbauer |
K–M Karosserie- und Fahrzeugbauer, Klempner, Konditoren, Kraftfahrzeugtechniker, Kälteanlagenbauer, Landmaschinenmechaniker, Maler und Lackierer |
O–S Ofen- und Luftheizungsbauer, Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker, Orgel- und Harmoniumbauer*, Parkettleger*, Raumausstatter*, Reifenmechaniker, Rollladen- und Sonnenschutztechniker*, Schilder- und Lichtreklameherstelle*, Steinmetzen und Steinbildhauer, Straßenbauer, Stukkateure, |
T–Z Tischler, und Fleischer, Vulkaniseure, Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer, Zahntechniker, Zimmerer, Zweiradmechaniker |
* Bei diesen Berufen wurde die Meisterpflicht 2020 wieder eingeführt.
Bestandsschutz
Zum Jahreswechsel 2020 wurde die Meisterpflicht für zwölf Handwerksberufe wieder eingeführt, nachdem 2004 zuletzt 53 Gewerke dereguliert wurden. Betriebe dieser Gewerke, die nach 2004 ohne Meistertitel gegründet wurden, können aufatmen: Trotz Wiedereinführung der Meisterpflicht erhalten diese einen Bestandsschutz und können ihren Betrieb auch nach dem Jahreswechsel ohne Meistertitel weiterführen.
| Vor- und Nachteile der Meisterpflicht
Die Meisterpflicht in vielen Gewerken bietet Raum für Diskussionen. Während viele Handwerkskammern (HWK) sich für eine stärkere Regulierung der Handwerksberufe aussprechen, um die Qualität der Arbeiten zu sichern, fordern Handwerksverbände die Öffnung des Markts und die Abschaffung der Meisterpflicht. In der Diskussion um die Meisterpflicht sind häufig folgende Punkte zu hören:
| Welche Handwerksberufe benötigen keinen Meister?
Nachdem in Anlage A der Handwerksordnung alle Handwerksberufe mit Meisterpflicht aufgelistet wurden, werden in Anlage B1 und B2 Gewerke, die auch ohne Meisterbrief selbstständig ausgeübt werden können.
Zulassungsfreie Handwerksberufe ohne Meisterpflicht (Anlage B1) |
A–F |
G–K Galvaniseure, Gebäudereiniger, Geigenbauer, Glas- und Porzellanmaler, Gold- und Silberschmiede, Graveure, Handzuginstrumentenmacher, Holzbildhauer, Holzblasinstrumentenmacher, Keramiker, Klavier- und Cembalobauer, Korbmacher, Kürschner |
M–S |
T–Z Textilreiniger, Uhrmacher, Vergolder, Wachszieher, Weber, Zupfinstrumentenmacher |
Handwerksähnliche Gewerbe ohne Meisterpflicht (Anlage B2) |
A–D |
E–G Einbau von genormten Baufertigteilen (z. B. Fenster, Türen, Zargen, Regale), Eisenflechter, Fahrzeugverwerter, Fleckteppichhersteller, Fleischzerleger, Fuger (im Hochbau), Gerber, Getränkeleitungsreiniger |
H Handschuhmacher, Herstellung von Drahtgestellen für Dekorationszwecke in Sonderanfertigung, Holz- und Bautenschutzgewerbe (Mauerschutz und Holzimprägnierung in Gebäuden), Holz-Leitermacher (Sonderanfertigung), Holzblockmacher, Holzreifenmacher, Holzschindelmacher, Holzschuhmacher |
I–M Innerei-Fleischer (Kuttler), Kabelverleger im Hochbau (ohne Anschlussarbeiten), Klavierstimmer, Kosmetiker, Kunststopfer, Lampenschirmhersteller (Sonderanfertigung), Maskenbildner, Metallschleifer und Metallpolierer, Metallsägen-Schärfer, Muldenhauer |
P–S Plisseebrenner, Rammgewerbe (Einrammen von Pfählen im Wasserbau), Requisiteure, Rohr- und Kanalreiniger, Schirmmacher, Schlagzeugmacher, Schnellreiniger, Speiseeishersteller (mit Vertrieb von Speiseeis mit üblichem Zubehör), Steindrucker, Stoffmaler |
T–Z Tankschutzbetriebe (Korrosionsschutz von Öltanks für Feuerungsanlagen ohne chemische Verfahren), Teppichreiniger, Textil-Handdrucker, Theater- und Ausstattungsmaler, Theaterkostümnäher, Theaterplastiker |
| Wie kann ich den Meistertitel erhalten?
Um Meister in Ihrem Handwerksberuf zu werden, haben Gründer zwei Optionen.
1. Meisterschule
Die erste Anlaufstelle für den Meisterbrief ist die Meisterschule der Handwerkskammern. Dort können Lehrgänge zum geprüften Meister für alle gängigen Handwerksberufe absolviert werden. Einige Anforderungen müssen dafür jedoch gegeben sein:
- Erfolgreich abgeschlossene Gesellenprüfung im entsprechenden Gewerk
- Nachweisbare Berufserfahrung als Geselle
Auch für Gewerke ohne Meisterzwang kann man eine Meisterprüfung auf freiwilliger Basis ablegen, etwa um das Ansehen des künftigen Betriebs zu steigern.
Zwar überlappen sich zwei der vier Teile der Meisterschule über alle Gewerke hinweg, die Meisterschule muss aber dem Gewerk entsprechen, in dem man den Meistertitel erhalten möchte, bspw. also Dachdecker-, Fleischer-, Gerüstbau- oder Orthopädietechnik-Meisterschule.
2. Triales Hochschulstudium
Alternativ zur Meisterschule können Sie ein entsprechendes Studium absolvieren. Die Voraussetzungen variieren je nach Studiengang und Hochschule. Studiengänge können bspw. sein:
- Bauingenieurswesen
- Technische Gebäudeausrüstung und Versorgungstechnik
- Kraftfahrzeug-Elektronik
- Elektrische Energie- und Automatisierungstechnik
Mit sogenannten trialen Studiengängen wie etwa dem Handwerksmanagement erreichen Gründungsinteressierte nicht nur den Bachelor-Abschluss und den Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf, sondern erhalten zusätzlich den Meisterbrief. Wer bereits eine Ausbildung in einem Gewerk abgeschlossen hat, kann statt des trialen auch ein normales dem Gewerk entsprechendes Studium aufnehmen.
| Was kostet der Meisterbrief?
Die Kosten für den Meisterbrief, also für die Weiterbildung zum Meister, variieren stark, je nachdem, ob Sie sich für ein Studium oder den Besuch der HWK-Meisterschule entscheiden, und sind auch abhängig vom Gewerk. Die Meisterprüfung zum Friseur zählt bspw. zu den günstigeren; hier fallen etwa 4.000 Euro an. Andere Gewerke können durchaus teurer sein. So kostet die Weiterbildung zum Elektrotechnikermeister rund 12.000 Euro.
Die Kosten bis zum Meisterbrief lassen sich in die vier Teile der Meisterprüfung (nach Gebührenordnung der Handwerkskammer) plus Zusatzkosten aufteilen:
- Teil I: Prüfung der meisterhaften Verrichtung der wesentlichen Tätigkeiten (240 Euro)
- Teil II: Prüfung der erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse (200 Euro)
- Teil III: Prüfung der erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse (156 Euro)
- Teil IV: Prüfung der erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse (156 Euro)
- Je nach Gewerk zusätzliche Kosten (275 bis 815 Euro)
- Kosten für Lernmaterial, Anmeldegebühren, ggf. Unterkunfts- und Fahrtkosten
Viele Handwerker schrecken die hohen Kosten und der große Zeitaufwand zur Erlangung des Meistertitels ab. Dabei können Sie finanzielle Unterstützung wie etwa BAföG (Studium) oder Meister-BAföG (Meisterschule) beanspruchen. Beim Meister-BAföG bezuschusst der Staat die Meisterprüfung mit bis zu 40 Prozent.
| Selbstständig ohne Meister: den Meisterzwang umgehen
Wer seinen eigenen Handwerksbetrieb gründen möchte, aber keinen Meistertitel hat, kann bei einigen meisterpflichtigen Gewerken wie z. B. Bäcker, Heizungsbauer oder Fleischer seit 2004 von Sonderregelungen Gebrauch machen:
- Stellen Sie jemanden mit Meistertitel als Betriebsleiter ein
- Andere Ausbildungen können die Meisterschule ersetzen
- Ausübungsberechtigung / Altgesellenregelung beantragen
- Ausnahmebewilligung beantragen
- EU-Ausländer können ebenfalls eine Ausübungsberechtigung erhalten
Nach § 7 Abs. 2 der HWO können auch andere Weiterbildungen als Ersatz für die Meisterschule akzeptiert werden. So bspw. das Studium des entsprechenden Gewerks mit einem Bachelor-Abschluss.
Um von der Altgesellenregelung gemäß § 7b HWO profitieren zu können, müssen Gründer folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Mindestens sechs Jahre Berufserfahrung in einem entsprechenden Betrieb
- Für mindestens vier Jahre davon muss eine leitende Position ausgeübt worden sein
- Erfolgreicher Abschluss der Gesellenprüfung (oder einer vergleichbaren Prüfung)
- Nachweisbare betriebswirtschaftliche, rechtliche und kaufmännische Kenntnisse, die normalerweise während der Ausbildung zum Meister erlernt werden
Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, können Gründer eine Ausübungsberechtigung bei der zuständigen Handwerkskammer (HWK) beantragen und so in die Handwerksrolle eingetragen werden – auch ohne Meistertitel.
Von der Altgesellenregelung sind allerdings einige wenige Handwerksberufe ausgeschlossen: Augenoptiker, Schornsteinfeger, Zahntechniker, Orthopädietechniker und -schuhmacher oder Hörgerätekustiker können die Ausübungsberechtigung nicht beanspruchen.
Unter besonderen Umständen und in Ausnahmefällen kann die Eintragung in der Handwerksrolle auch ohne Meister erfolgen. Hierfür muss der Antragsteller allerdings nachweislich meisterähnliche Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen. Ein Ausnahmefall liegt laut HWO in folgenden Szenarien vor:
- Wenn die Ablegung der Meisterprüfung zum Zeitpunkt der Antragstellung oder auch danach eine für den Antragsteller unzumutbaare Belastung darstellt
- Fortgeschrittenes Lebensalter (ab ca. 47 Jahren)
- Bestehende und unverschuldete Arbeitslosigkeit
- Kurzfristige Übernahme eines Betriebes in Aussicht
- Andere gesundheitliche Gründe
- Unzumutbare lange Wartezeit, bis die Meisterprüfung abgelegt werden kann
Um nach langjähriger Erfahrung von der Altgesellenregelung profitieren zu können und auch ohne Meisterbrief einen eigenen Handwerksbetrieb gründen zu dürfen, können EU-Bürger ebenfalls die Altgesellenregelung nutzen. Hierfür müssen sie eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
- Sechs Jahre lang den eigenen Betrieb geführt haben
- Sechs Jahre Tätigkeit als Betriebsleiter
- Dreijährige Ausbildung plus drei Jahre als Selbstständiger oder Betriebsleiter
- Dreijährige Ausbildung plus mindestens fünf Jahre leitende Position in einem Handwerksbetrieb
- Drei Jahre selbstständige plus fünf Jahre unselbstständige Tätigkeit im Gewerk
| Wichtige Fragen
In der Handwerksordnung (HWK) unter Anlage A sind alle Handwerksberufe aufgelistet, für deren selbstständige Ausübung man einen Meistertitel benötigt.
Der Unterschied zwischen den Handwerksberufen in Anlage A und Anlage B der HWO besteht also einzig darin, dass für die in Anlage A aufgeführten Gewerke ein Meisterzwang besteht und für die anderen nicht. Bei Handwerksberufen und ähnlichen Gewerben aus Anlage B können Sie also auch ohne Meisterbrief einen eigenen Handwerksbetrieb gründen.
Wenn Gründer selbst keinen Meistertitel haben, sich aber im entsprechenden Handwerksberuf selbstständig machen möchten, können verschiedene "Umwege" genutzt werden, um dennoch einen Handwerksbetrieb gründen zu können:
- Jemanden mit Meistertitel als Betriebsleiter einstellen
- Ersatz der Meisterschule durch andere Ausbildungen
- Beantragung einer Ausübungsberechtigung
- Beantragung einer Ausnahmebewilligung
Die Handwerksrolle ist ein von den HWKs geführtes Verzeichnis, in das selbstständige Handwerker mit ihren Betrieben eingetragen werden.
Wenn Sie die Bedingungen, die an den Eintrag in die Handwerksrolle geknüpft sind, erfüllen (§ 1 HWO), können Sie sich bei der Handwerkskammer eintragen lassen. Wichtig ist, dass bei der Eintragung die entsprechenden Nachweise für die Qualifikationen vorhanden sind.
Ist der Handwerksberuf, in dem Sie sich selbstständig machen möchten, meisterpflichtig, muss bei der Gewerbeanmeldung die Handwerkskarte, also die Bestätigung über die Eintragung in die Handwerkstolle, beigefügt werden. Im Formular zur Gewerbeanmeldung ist dafür auch ein Feld vorgesehen.