Mikrofinanzierung: Ursprung in Schwellenländern

Bei der Mikrofinanzierung geht es um kleine bis sehr kleinen Kredite. Da die meisten Banken kein Interesse an niedrigen Darlehen haben, hat sich eine Mikrofinanzindustrie entwickelt. Der Ursprung der Mikrofinanzierung ist dabei in den Schwellenländer zu finden. Nach einer fulminanten Entwicklung in den wirtschaftlich schwachen Ländern ist die Mikrofinanzierung aber auch nach Europa und Deutschland gekommen.

Speziell für Existenzgründungen mit geringem Kapitalbedarf stellt die Mikrofinanzierung eine interessante Alternative dar.

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Chefredakteur: René Klein
Für-Gründer.de Redaktion

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.

(Mikro-)Kredit für die Ärmsten der Armen

Mikrofinanzierung liegt im Trend – nicht nur in Schwellenländern, sondern zunehmend auch in den westlichen Nationen, wie etwa in Deutschland. Trotz derselben Bezeichnung in beiden Regionen gibt es signifikante Unterschiede bei der Mikrofinanzierung in den westlichen Ländern und der Vergabe von Mikrodarlehen in den aufstrebenden Ländern.

Nachfolgend stellen wir Ihnen die wesentlichen Faktoren der traditionellen Mikrofinanzierung näher dar.  

Ursprung der Mikrofinanzierung

Oft wird die von Muhammad Yunus gegründete Grameen Bank als Pionier der Mikrofinanzierung genannt. Der Nobelpreisträger hat 1983 die Grameen Bank in Bangladesch gegründet, die Mikrokredite an Menschen, die eine Existenzgründung planen,  ohne Sicherheiten vergibt.

Andere Quellen verweisen auf Wilhelm Raiffeisen, der durch die landwirtschaftliche Genossenschaftsbewegung, die unter anderem gegenseitige finanzielle Unterstützung der selbstständigen Bauern beinhaltet, den Gedanken der Mikrofinanzierung schon weitaus früher prägte. Wieder andere Quellen verweisen auf die Equity Bank aus Kenia, die seit Ende der 1990iger die Mikrofinanzierung aus betriebswirtschaftlicher Sicht revolutioniert hat. 

Fakt ist jedoch, dass alle drei Pioniere - insbesondere die zwei Mikrofinanzinstitute aus den Schwellenländern - die nachfolgenden Faktoren als Grundelemente der Mikrofinanzierung gemeinsam haben.

Idee und Zielgruppe der Mikrofinanzierung

Rund 80% der Afrikaner und etwa 65% der Bewohner Südostasiens verfügen über keine Bankbeziehung und haben somit auch nicht die Möglichkeit, Finanzdienstleistungen, wie Mikrofinanzierung in Anspruch zu nehmen. Die große Mehrheit der Bevölkerung beider Regionen sind für die Banken vor Ort weitgehend uninteressant.

Genau auf diese Mehrheit konzentriert sich jedoch eine immer größer werdende Anzahl von Mikrofinanzinstituten (MFIs), die den Ärmsten der Armen Kleinkredite (Mikrofinanzierung) für die Existenzgründung zur Verfügung stellen. Bei dieser Art der Mikrofinanzierung geht es allerdings nicht um eine Entwicklungshilfe der neuen Generation, sondern um die Finanzierung interessanter Geschäftsideen, die nachhaltig Erträge abwerfen sollen. 

Gemeinschaftsgedanke bei der Mikrofinanzierung

Da die Mikrokredite ohne Sicherheiten gewährt werden, wird die Kreditvergabe vorzugsweise an eine Person getätigt, die in ihrem sozialen Umfeld stark verankert ist und somit zu einer Gruppe oder Gemeinschaft gehört. Damit entsteht direkt oder indirekt ein Gruppendruck; man spricht hier auch von einer moralischen Bürgschaft bei der Mikrofinanzierung. Vorausgesetzt die Gemeinschaft bürgt gemeinsam für einen Mikrokredit. Die Gemeinschaftsbürgschaft ist in den Schwellenländern allerdings üblich bei der Mikrofinanzierung.

Übrigens: Interessant ist, dass sowohl bei der Grameen Bank als auch bei der Equity Bank Mikrokredite vor allem an selbstständige Frauen vergeben werden, da sich diese als zuverlässiger bei Rückzahlung der Mikrodarlehen erwiesen haben als Männer.

Das "Mikro" in Mikrofinanzierung

Wie der Name schon sagt, geht es bei der Mikrofinanzierung um kleine Kreditbeträge, die für die Existenzgründung gewährt werden. Die Grameen wie auch die Equity Bank (Mikrofinanzinstitut des Jahres 2009) vergeben vorwiegend Kleinkredite, die zum Teil deutlich unter 100 US-$ liegen. Bei der Equity Bank liegt beispielsweise die kleinste Mikrofinanzierung bei etwa 10 US-$.

Da enorm viele kleine Kreditbeträge vergeben werden, können die Kreditrisiken dementsprechend stark diversifiziert werden. Das hat für die Mikrofinanzinstitute den Vorteil, dass Sie so die Kreditausfallrate bei der Mikrofinanzierung relativ gering halten, trotz der vergleichsweise höheren Risiken.

Laufzeiten bei der Mikrofinanzierung

Oft wird der Mikrokredit nur für eine relativ kurze Periode zur Verfügung gestellt. Eine „typische" Mikrofinanzierung hat eine Laufzeit von 6 bis 12 Monaten, wobei auch Laufzeiten von 3 oder 18 Monaten keine Seltenheit bei der Mikrofinanzierung sind.

Mikrokredite werden typischerweise in Raten getilgt, die erste Tilgung kann je nach Vereinbarung schon nach einer Woche fällig werden.

Zins bei der Mikrofinanzierung

Generell gilt folgende Regel: Höheres Risiko = höhere Kosten (Zins). Dies spiegelt sich auch bei der Mikrofinanzierung für Existenzgründer aus den Schwellenländern wider.

Da die Mikrokredite ungesichert vergeben werden, verlangen die Mikrofinanzinstitute dem höheren Risiko entsprechend auch höhere Zinsen. Diese liegen bei der Mikrofinanzierung in der Regel zwischen 20 % - 40% p.a., abhängig von der jeweiligen Kreditwürdigkeit.

Geschäftsmodell Mikrofinanzierung

Die zwei großen Mikrofinanzinstitute, die Grameen Bank als auch die Equity Bank, besitzen jeweils eine Bankenlizenz und agieren somit als Bank. Dies hat den wesentlichen Vorteil, dass beide Mikrofinanzinstitute neben "normalen" Krediten und Mikrofinanzierung auch Einlagen entgegennehmen können, um sich so günstig refinanzieren zu können.

Da die Banken auf die Einlagen, im Verhältnis zu den Zinseinnahmen einer Mikrofinanzierung, nur einen sehr geringen Zinssatz zahlen, ist es ihnen möglich, eine erhebliche Zinsspanne von bis zu über 20% über die Mikrofinanzierung zu erwirtschaften. Es ist also kaum verwunderlich, dass beide Banken mittlerweile mehrere Hunderte Millionen Euro wert sind - somit könnte Mikrofinanzierung auch als lukrative Entwicklungshilfe bezeichnet werden.

Volkswirtschaftlicher Nutzen der Mikrofinanzierung

Der ökonomische Nutzen der Mikrofinanzierung ist unbestritten. Da mit der Mikrofinanzierung kleine Unternehmen aufgebaut und sogar weitere Personen eingestellt werden, gelten Mikrokredite in Schwellenländern als Katalysatoren für Wirtschaftswachstum. Durch Kleinkredite der Mikrofinanzierung können Geschäftsideen realisiert und  Existenzgründungen ermöglicht werden.

So kann beispielsweise mit Hilfe von Mikrofinanzierung ein Mini-Kiosk gegründet, eine Waschtrommel gekauft, Dünger zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion finanziert und in die Entwicklung von Medikamenten investiert werden.

Die Mikrofinanzierung erfüllt somit den Nutzen, dass sie ein Angebot finanziert, welches meist noch nicht existiert, das aber auf eine bereits bestehende Nachfrage trifft.

Tipp

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Chefredakteur: René Klein

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.