Insolvenzverfahren eröffnen und Gläubiger befriedigen

Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eines Unternehmens droht eine Auflösung oder der Schuldenabtrag, lateinisch: die Insolvenz. Um die Gläubiger anteilig zu befriedigen, wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, sofern die Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren erfüllt sind.

Wer sich mit dem Thema der Insolvenz beschäftigen muss, sollte wissen, welche Arten von Insolvenzverfahren es gibt, wie ein ordentliches Insolvenzverfahren abläuft und wie es abgeschlossen wird. Darüber hinaus sollte man die Funktion eines Insolvenzverwalters kennen.

Von
Chefredakteur

Chefredakteur: René Klein
Für-Gründer.de Redaktion

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.

Insolvenzverfahren: nicht nur Schatten, sondern auch Licht!

Ein Insolvenzverfahren bietet neben der Abwicklung des zahlungsunfähigen Unternehmens auch die Chance der Gesundung und damit den Erhalt der eigenen Firma.

Denn ein Insolvenzverfahren hat das Ziel der Entschuldung sowie Sanierung und bietet damit auch die Möglichkeit für jeden gescheiterten Existenzgründer, noch einmal neu anzufangen.

Im Fokus rund um das Insolvenzverfahren steht nachfolgend primär die Unternehmensinsolvenz. Die Besonderheiten einer Verbraucherinsolvenz können an dieser Stelle nicht explizit berücksichtigt werden.

Hauptziele des Insolvenzverfahrens

§1 der Insolvenzordnung formuliert das Ziel des Insolvenzverfahrens wie folgt: „Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien."

Interpretation zum Insolvenzerfahren

Auch wenn es nicht direkt im Wortlaut zu finden ist, steht die gemeinschaftliche Gläubigerbefriedigung im Mittelpunkt eines Insolvenzverfahrens. Insolvenzverfahren dienen somit der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung, soll heißen: kein Verkauf von Massegegenständen unter Wert.

Als weiteres Ziel für das Insolvenzverfahren kann die Sanierung genannt werden. Das Insolvenzverfahren soll nämlich das Schuldnerunternehmen sowie dessen Arbeitsplätze erhalten. Die entscheidende Frage der Insolvenzverwalter, ob das Unternehmen saniert werden kann oder liquidiert werden muss, bleibt in erster Linie der Meinungsbildung der Gläubiger bei der ersten Gläubigerversammlung vorbehalten, so steht es in §157 der Insolvenzordnung.

Varianten des Insolvenzverfahrens

1. Regelinsolvenzerfahren

Der Schuldner ist eine juristische Person (GmbH, AG) oder eine Personenvereinigung (OHG, auch GbR). Außerdem greift das Regelinsolvenzverfahren, wenn der Schuldner ein Einzelunternehmen (Kleingewerbe, freie Berufe, etc.) führt.

  • Regelverfahren: Verwertung der Insolvenzmasse nach gesetzlichen Regelvorschriften der Insolvenzordnung (InsO)
  • Insolvenzplanverfahren: Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse aufgrund einer vom Gericht bestätigten Einigung unter den Gläubigern (Vertrag zwischen den Beteiligten)
  • Die Eigenverwaltung ist für den Fall der Beantragung durch den Schuldner nur abzulehnen, wenn konkrete Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu konkreten Nachteilen für die Gläubiger führt.

2. Verbraucherinsolvenzverfahren

Der Schuldner ist ein natürliche Person (Verbraucher oder aber auch ehemals selbstständig Tätige)

3. Sonderfall

Nachlassinsolvenzverfahren

Ablauf für das Insolvenzverfahren

Schritte beim Normal-Verfahren:

  1. Insolvenzantrag
  2. Gläubigerausschuss
  3. Insolvenzverwalter

Schritte beim Eigenverwaltungsverfahren:

  1. Insolvenzantrag + Antrag auf Eigenverwaltung
  2. Gläubigerausschuss
  3. Sachverwalter

Schritte beim Schutzschirmverfahren (max. 3 Monate):

  1. Insolvenzverfahren + Antrag auf Eigenverwaltung + "nur" drohende Zahlungsunfähigkeit
    oder Überschuldung + Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos
  2. Gläubigerausschuss
  3. Sachverwalter = Ziel: Eigenverwaltung und Insolvenzplan

Insolvenzplan im Insolvenzverfahren

(Regel-) Insolvenzverfahren: Hier werden die Verwertung des Schuldenvermögens sowie die Verteilung des Erlöses aus der Insolvenzmasse angestrebt. Dabei kann das Unternehmen als Ganzes veräußert werden oder der Insolvenzverwalter startet eine Einzelverwertung der Vermögensgegenstände.

Insolvenzplanverfahren: Vom (Regel-) Insolvenzverfahren abweichende Verfahrensgestaltung, die eine wirtschaftlich vorteilhaftere Lösung als das (Regel-) Insolvenzverfahren darstellt.

  • Liquidation: Liquidation des Schuldenvermögens abweichend von gesetzlichen Vorschriften durch die einvernehmliche Lösung der Beteiligten
  • Sanierung: Erhalt des Unternehmens durch Fortführung sowie sonstiger Plan. Darunter fällt die Bereinigung der Verbindlichkeiten des Schuldners.

Insolvenzerfahren: Ablauf eines Normal-Verfahrens

Antrag

Um eine Insolvenzverfahren in die Wege zu leiten, bedarf es der vorherigen Antragsstellung. Im sogenannten Insolvenzeröffnungsverfahren prüft das Insolvenzgericht die Zulässigkeit des Insolvenzantrags. Ein Antrag auf das Insolvenzverfahren kann sowohl vom Schuldnerunternehmen als auch vom Gläubiger direkt gestellt werden. Häufig werden Insolvenzverfahren auch von Sozialämtern sowie Finanzämtern angestoßen. Man unterscheidet bei der Initiierung der Insolvenzverfahren zwischen Fremdanträgen und Eigenanträgen.

Antragsprüfung

Das Insolvenzgericht prüft den Insolvenzantrag, in der Regel durch Bestellung eines Gutachters. Dieser Gutachter wird aber nur für das Insolvenzverfahren bestellt, wenn sich nicht alle Sachverhalte aus der Akte selbst erschließen. Der Gutachter muss innerhalb einer festgesetzten Frist im Insolvenzverfahren prüfen, ob ein Grund für ein Insolvenzverfahren vorliegt. Ferner muss er sich ein Bild über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens machen und diese Informationen dem Insolvenzgericht umgehend mitteilen. In diesem Stadium des Insolvenzverfahrens wird auch zum ersten Mal Kontakt mit allen Gläubigern im Insolvenzerfahren aufgenommen.

Der vom Gericht bestellte Gutachter schreibt nach eingehender Prüfung aller wirtschaftlichen und rechtlichen Fragestellungen sein Empfehlungsgutachten. In diesem wird auch erörtert, ob die Kosten für ein Insolvenzverfahren aus den verwertbaren Vermögensgegenständen gedeckt werden können. Sollte die sogenannte Insolvenzmasse nicht ausreichen, die Kosten sowie eine halbwegs adäquate Befriedigung der Gläubiger zu erreichen, wird das Insolvenzverfahren mangels Masse abgewiesen beziehungsweise beendet.

Nächster Schritt: Insolvenzantragsverfahren

Sind ausreichend Vermögenswerte vorhanden, prüft das Insolvenzgericht, ob im Insolvenzverfahren sogenannte Sicherungsmaßnahmen eingeleitet werden sollen. Die Sicherungsmaßnahme dient in erster Linie dazu, den laufenden Geschäftsbetrieb im Insolvenzverfahren aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus soll verhindert werden, dass Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen das Insolvenzverfahren beeinträchtigen. Sie dienen somit auch dem Interesse der Gläubigergesamtheit im Insolvenzverfahren. Hier wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter vom Insolvenzgericht für das Insolvenzverfahren bestellt.

Der vorläufige Insolvenzverwalter überwacht den kompletten Zahlungsverkehr über ein Ander- bzw. Treuhandkonto. Er kontaktiert Lieferanten und Kunden, um eine Fortführung der Geschäftsbeziehungen während des Insolvenzerfahrens sicherzustellen. Zudem werden die Mitarbeiter informiert, wie es mit Löhnen- und Gehältern im Insolvenzverfahren weitergeht. Entscheidend ist die Prüfung der Sanierungs- und Fortführungsaussichten des Unternehmens. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird gemeinsam mit der Geschäftsleitung und falls vorhanden mit dem Betriebsrat nach Möglichkeiten einer Restrukturierung des Unternehmens suchen.

Eröffnung des ordentlichen Insolvenzerfahrens

Der vorläufige Insolvenzverwalter wird dem Insolvenzgericht nach der Prüfung ein Insolvenzgutachten vorlegen. Anhand dieses Gutachtens wird das Insolvenzgericht über den Insolvenzantrag entscheiden. Dabei kann das Insolvenzgericht ein Insolvenzverfahren eröffnen, mangels Masse einstellen oder als unzulässig zurückweisen. Hier endet das Insolvenzantragsverfahren und mündet gegebenenfalls in ein ordentliches Insolvenzverfahren.

Bei Eröffnung bestellt das Insolvenzgericht den Insolvenzverwalter für das Insolvenzverfahren. Dabei muss das Insolvenzgericht nicht unbedingt auf den vorläufigen Insolvenzverwalter zurückgreifen, sondern kann eine andere Person bestellen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verfügungsbefugnis des schuldnerischen Vermögens auf den Insolvenzverwalter über. Nun werden Berichts- und Prüfungstermine festgelegt.

Im Prüftermin wird vom Gericht die Grundlage für die spätere Insolvenzquote gelegt. Im Vorfeld werden die Gläubiger gebeten, ihre Forderungen für die Insolvenztabelle anzumelden.

Am Berichtstermin gibt der Insolvenzverwalter den Gläubigern den Status-quo des Insolvenzverfahrens bekannt und verkündet die weiteren Schritte. Dazu werden auch Vorschläge für außergerichtliche Vergleiche gemacht und über die Fortführung des laufenden Betriebes abgestimmt. Die Abstimmung wird in der ersten Gläubigerversammlung abgehalten.

Das Insolvenzverfahren abschließen

Falls das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit einstellen muss, wird das verbliebene Vermögen verwertet. Es fließt in die Insolvenzmasse und wird nach der sogenannten Insolvenzquote an die Gläubiger verteilt. Der Betrieb des zahlungsunfähigen Unternehmens ist geordnet eingestellt.

Tipp

Bei ersten Anzeichen von wirtschaftlichen Engpässen sollte sich jeder Unternehmer umgehend professionelle Hilfe holen. Finden Sie den richtigen Ansprechpartner in unsere Berater- und Dienstleisterdatenbank.

Chefredakteur: René Klein

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.