Das Minimum Viable Product: So erstellen Sie als Start-up Ihr MVP

Indem Sie ein Minimum Viable Product erstellen, können Sie schnell und ohne großen Aufwand die Markttauglichkeit Ihrer Innovation bewerten. Dabei bietet die Produktentwicklung nach der Lean-Startup Methode mit einem Minimum Viable Product viele Vorteile.

Erfahren Sie, wie Sie Ihre innovative Geschäftsidee per Minimum Viable Product in der Praxis umsetzen und wie Sie dabei zu Beginn ohne einen ersten Prototypen zu entwickeln dennoch rasches Marktfeedback erhalten können.

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Chefredakteur: René Klein
Für-Gründer.de Redaktion

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.

Start-ups scheitern wegen falscher Markteinschätzung

Eine der häufigsten Ursachen für das Scheitern von Start-ups ist das unzureichende Interesse des Marktes am zu kaufenden Produkt. Bei Existenzgründungen mit innovativen Geschäftsideen tritt dieses Problem leider regelmäßig auf, da es bis dato keine oder zumindest kaum Erfahrungswerte über den konkreten Bedarf der angedachten Zielgruppe an dem neuen, bisher nicht am Markt erprobten Produkt gibt.

Die Folgen sind oft drastisch: Start-ups entwickeln und feilen an ihrem Produkt oft über eine sehr lange Zeit – bis sich beim Produktlaunch dann herausstellt, dass am Markt keinerlei Bedarf an der Innovation besteht. Der sogenannte Product-Market-Fit fehlt.

Um besser zu verstehen, was die Kunden vom Produkt erwarten und welche Produkteigenschaften im Fokus der Entwicklung stehen sollten, hilft das Kano Modell.

Als Lean-Startup mit dem Minimum Viable Product den Product-Market-Fit erreichen

Mit der vom amerikanische Entrepreneur und Autor Steve Blank entwickelte „Lean-Startup Methode" wurde für diese Problemstellung eine Lösung gefunden, die sich in der weltweiten Start-up-Szene mittlerweile als geeigneter Weg bei der Entwicklung eines innovativen Geschäftskonzeptes etabliert hat. Die Idee hinter der Lean-Startup Methode ist recht simpel: Anstatt nach einem langen Produktentwicklungszyklus an den Markt zu gehen, führt man bereits einen sehr frühen Markteintritt mit einem sogenannten Minimum Viable Product – kurz MVP – durch.

Beim MVP handelt es sich dabei um die einfachste Version der eigenen Innovation („minimum"), die für potenzielle Kunden aber dennoch einen Mehrwert bietet – also „brauchbar" ist (engl. „viable"). Als Start-up steht man beim Minimum Viable Product also vor der Herausforderung, das optimale Gleichgewicht zwischen der einfachsten Produktvariante und dem notwendigen Kernnutzen zu finden. So einfach das MVP zu Beginn auch sein mag – es muss sich einem Problem widmen, für dessen Lösung die Kunden mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit bereit sind, einen Betrag X zu bezahlen.

Mit dem Minimum Viable Product lässt sich dann durch einen frühzeitigen Markteintritt bereits erstes Feedback von der anvisierten Zielgruppe einholen und das Produkt so in mehreren Zyklen immer weiter verbessern.

Beim MVP handelt es sich um die einfachste Version der eigenen Innovation, die für potenzielle Kunden dennoch einen Mehrwert bietet.

Die Vorteile des MVP: Schnell, günstig und mit geringem Risiko

Das Minimum Viable Product bietet im Gegensatz zum langwierigen klassischen Produktentwicklungsprozess drei entscheidende Vorteile:

  • Die Produktentwicklung ist schnell und einfach. Insbesondere Start-ups müssen in der Regel schnell am Markt sein, denn der First-Mover hat gerade in der digitalen Welt einen deutlichen Vorteil.
  • Die Entwicklung eines MVP ist günstig. Durch den Wegfall teurer Produktkorrekturen kann bei der Lean-Startup Methode das Budget häufig geringer angesetzt werden als bei der klassischen Produktentwicklung.
  • Der Einsatz des Minimum Viable Product bedeutet ein geringeres Marktrisiko. Durch regelmäßige Markttests kann das Scheitern aufgrund fehlendem Marktinteresse weitestgehend vermieden werden.

Sicherlich kann man die Verwendung des MVP auch mit gewisser Skepsis betrachten und sich folgende Fragen stellen:

  • Wie reagieren meine Kunden, wenn ein Produkt noch fehlerhaft ist oder einen zu geringen Mehrwert bietet?
  • Besteht nicht auch die Gefahr, dass der Wettbewerb von meinem Markeintritt erfährt und mein Produkt kopiert?

Diese Fragen sind zwar berechtigt, sollten ein Start-up jedoch nicht zu sehr verunsichern. Haben Sie tatsächlich Angst, dass ein negatives Kundenfeedback sich schädigend auf Ihre Marke auswirken könnte, dann testen Sie Ihr Minimum Viable Product einfach unter einem anderen Markennamen.

Auch wegen des Wettbewerbs sollten Sie sich keine zu großen Sorgen machen: Zum einen ist die Wahrscheinlichkeit gering, in Ihrer Testphase von der Konkurrenz entdeckt zu werden. Zum anderen kann Ihr Wettbewerber in der Regel überhaupt nicht einschätzen, ob Ihre aktuelle Produktvariante überhaupt erfolgreich ist. Sollte er diese dann tatsächlich – in einem langwierigen Produktentwicklungsprozess – nachbauen, haben Sie in der Zeit bereits längst ihr finales Produkt am Markt getestet und Ihr Mitstreiter scheitert womöglich mit der Kopie Ihrer ersten Produktvariante aufgrund eines fehlenden Product-Market-Fit.

Tipp

Greifen Sie auf einen Gründercoach zurück, der Sie bei der Entwicklung Ihres MVP unterstützt.

Das Minimum Viable Product in der Praxis: Testen Sie Ihr MVP direkt am Markt

Genug zur Theorie: Nun wollen wir die unterschiedliche Formen betrachten, in denen ein Minimum Viable Product umgesetzt und auch direkt am Kunden getestet werden kann, ohne dass dabei ein zu großer Aufwand betrieben werden muss. Je nachdem, ob Sie ein digitales Produkt, ein physisches Produkt oder eine innovative Dienstleistung verkaufen möchten, sind nur manche der nachfolgend vorgestellten Techniken geeignet:

Möglichkeit 1: Landingpage-Erstellung und Online-Marketing

Um das Interesse an Ihrem Minimum Viable Product zu testen, müssen Sie dieses Ihren potenziellen Kunden im ersten Schritt präsentieren. Hierzu empfiehlt sich bei vielen Produktinnovationen die Erstellung einer simplen Landingpage, auf welcher das Produkt multimedial beschrieben werden kann. Im zweiten Schritt ist es nun Ihre Aufgabe, das Verkaufspotenzial zu testen. Richten Sie hierzu auf Ihrer Landingpage eine einfache Bestellfunktion ein. Alternativ können Sie Ihren Kunden auch nur die Angabe einer E-Mail-Adresse anbieten, um so beispielsweise weitere Informationen zum Produkt anfordern zu können.

Um möglichst schnell und einfach zu ersten Ergebnissen zu kommen, helfen Ihnen bei der Erstellung und Vermarktung Ihres Minimum Viable Product folgende Tipps:

  • Investieren Sie Ihr Geld nicht in die Entwicklung einer eigenen Website, sondern nutzen Sie einen kostengünstigen Homepage-Baukasten, wie beispielsweise von 1&1 oder Jimdo.
  • Verzichten Sie ggf. sogar komplett auf die Entwicklung eines Minimum Viable Product und binden Sie im ersten Testlauf ausschließlich retuschierte Bilder in Ihrer Produktbeschreibung an. Kommen tatsächlich Verkäufe zustande, können Sie diese im Nachhinein wegen Lieferverzögerungen oder aus anderen ähnlichen Gründen immer noch stornieren. So sparen Sie sich eine Menge an Entwicklungszeit.
  • Führen Sie sogenannte Split-Tests durch, indem die Produktfeatures in Ihrer Produktbeschreibung variiert werden. So können Sie erkennen, welche Features den Kunden einen tatsächlichen Mehrwert bieten.
  • Sorgen Sie für Besucher auf Ihrer Landingpage, indem Sie einige hundert Euro in Marketing bei Google Ads investieren. Dort können Sie zielgenau diejenige Zielgruppe ansprechen, die Sie als Kunden gewinnen möchten. Haben Sie einige Kunden gewonnen, können Sie die ungefähre Conversion-Rate ausrechnen.
Tipp

Die Kundenzufriedenheit messen: was denken Kunden über einzelne Produkteigenschaften?

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Möglichkeit 2: Der Verkauf über eBay und Amazon

Alternativ zur eigenen Landingpage können Sie Ihr tatsächlich vorhandenes Minimum Viable Product – zum Beispiel in Form eines funktionsfähigen Prototyps – über einen der beiden weltweit größten Internet-Marktplätze Amazon oder eBay zum Verkauf anbieten. Ihr großer Vorteil: Sie müssen weder Ihren eigenen Onlineshop erstellen, noch müssen Sie zwingend Marketing betreiben. Sind Sie mit Ihren Abverkäufen zufrieden und erhalten positives Kundenfeedback, dann können Sie nun beispielsweise den Schritt in die Massenproduktion wagen.

Tipp

Erfahren Sie, wie Sie zur Vermarktung Ihres MVP ganz einfach Ihren eigenen eBay Shop eröffnen.

Möglichkeit 3: Crowdfunding

Große Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter oder Indiegogo eigenen sich insbesondere zur Vorfinanzierung innovativer, trendiger Hardware-Gadgets durch die Crowd. Aber auch im Rahmen der Lean-Startup Methode können Gründer ihr Minimum Viable Product oder auch nur das ausgedachte Konzept auf einer solchen Plattform präsentieren. Ist das Feedback der Leser positiv und lassen sich schnell erste Unterstützer finden, lässt dies auf ein Marktinteresse schließen.

Möglichkeit 4: Messebesuche oder Telefonakquise bei B2B-Produkten

Sie haben ein Konzept für ein Produkt entwickelt, das Sie an Firmen verkaufen möchten? Dann sollten Sie den direkten Kontakt mit möglichen Kunden suchen. Stellen Sie hierzu an einem kleinen Stand auf einer für Ihr Produkt relevanten Messe Ihr Minimum Viable Product vor und holen Sie sich Feedback von den Interessenten ein. Alternativ können Sie  potenzielle Kunden auch per Telefonakquise kontaktieren und Termine vor Ort vereinbaren.

Selbst wenn Ihr Minimum Viable Product ausschließlich aus einer Idee besteht, können Sie beim Kunden vor Ort mit einer Präsentation und retuschierten Grafiken ein Gefühl dafür bekommen, ob Sie bei der Produktentwicklung auf dem richtigen Weg sind.

Dropbox: Das perfekte Beispiel für ein funktionierendes MVP

Dass die Produktentwicklung nach der Lean-Startup Methode gelingen kann, hat der amerikanische Cloud-Anbieter Dropbox bei seinem Start im Jahr 2007 bewiesen: Anstatt die komplexe Software komplett zu entwickeln, stellte das Start-up eine Landingpage mit einem Video online, um das Interesse am Markt zu testen. Nach der ersten Videovariante und rund 5.000 angemeldeten Interessenten erneuerte Dropbox sein Video auf der Landingpage, sodass innerhalb eines Tages 70.000 weitere Interessenten ihre E-Mail-Adresse hinterlegten. Daraufhin war klar: Die Cloud-Lösung war auf großes Interesse gestoßen. Dropbox gilt damit als ideales Lehrbeispiel für die Verwendung eines Minimum Viable Product.

So geht es nach dem MVP weiter: Die Lean-Startup Methode

Ihr MVP wurde fertiggestellt und das erste Marktfeedback war positiv? Dann sollten Sie Ihr Minimum Viable Product optimieren und bei den potenziellen Kunden weiteres Feedback einholen. Wie Sie hierzu am besten vorgehen, erfahren Sie auf unserer Seite zur Lean-Startup Methode.

Tipp

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Chefredakteur: René Klein

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.