Das Lean-Startup in 3 Schritten: Schnell zum perfekten Produkt

Viele Start-ups entwickeln ein Produkt, das am Ende niemand kaufen möchte. Um diesen fehlenden Product-Market-Fit zu vermeiden, eignet sich bei der Produktentwicklung die Vorgehensweise nach der Lean-Startup Methode. Dabei wird das Produkt nahe am Markt entwickelt und Kundenfeedback direkt eingearbeitet.

Erfahren Sie nachfolgend, wie Sie als Existenzgründer Ihr eigenes Lean Startup in drei Schritten aufbauen und lernen Sie die Lean-Startup Methode anhand eines anschaulichen Beispiels besser zu verstehen.

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Chefredakteur: René Klein
Für-Gründer.de Redaktion

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.

Lean-Startup Methode zur Verbesserung des Product-Market-Fit

Wussten Sie schon, dass 80 bis 90 % aller Start-ups scheitern? Diese Quote liegt deutlich über der der klassischen Existenzgründer, die beispielsweise ein Einzelhandelsgeschäft oder einen Gastronomiebetrieb eröffnen. Doch was sind die Ursachen für das häufigere Scheitern von Start-up-Unternehmen?

Start-ups unterscheiden sich von klassischen Existenzgründungen insbesondere in zwei Eigenschaften, die für die höhere Ausfallquote verantwortlich sind:

Macht man sich als Unternehmensberater selbstständig oder eröffnet man ein Restaurant, dann handelt es sich hierbei um Geschäftskonzepte, die bereits vielfach am Markt vertreten sind. Der Bedarf an diesen Produkten oder Dienstleistungen ist bewiesenermaßen vorhanden, die Erfolgschancen sind hauptsächlich personen-, nicht aber produktabhängig.

Start-ups hingegen bewegen sich in einem viel unsicheren Umfeld: Ihre Idee ist innovativ und am Markt in der Regel noch nicht erprobt. Aufgrund des schnellen Strebens nach Wachstum müssen Entscheidungen mit vielen unbekannten Variablen in kürzester Zeit getroffen werden. Dabei ist oft weder die genaue Zielgruppe bekannt, noch können die Bedürfnisse der Kunden konkret vorhergesagt werden. Am Ende wird nicht selten ein Produkt verkauft, das niemand möchte: Der Product-Market-Fit fehlt. Dass hier viele Start-ups scheitern, liegt also auch in der Natur der Sache.

Die Lean-Startup Methode nimmt sich dieser Problematik an und bietet innovativen Start-ups einen effizienten Weg, den Produktentwicklungszyklus zu optimieren und so auf eine schnelle Art und Weise den Product-Market-Fit zu erreichen.

Die Lean-Startup Methode in 3 Schritten umsetzen

Der Produktentwicklungszyklus klassischer Existenzgründer und etablierter Unternehmen sieht in der Regel eine lange Planungsphase vor, bis dann letztlich das Produkt oder die Dienstleistung am Markt eingeführt wird. Bei dieser Methode sind Start-ups oft zum Scheitern verurteilt, da der Product-Market-Fit häufig nicht gegeben ist und das Produkt so keinen Absatz beim Kunden findet.

Das Lean-Startup nach dem amerikanische Entrepreneur und Autor Steve Blank sieht einen komplett anderen Ansatz vor: Durch einen schnellen Markteintritt mit einem „schlanken" (deutsch für „lean") Prototyp kann auf Basis des Kundenfeedbacks das suboptimale Produkt verbessert werden und durch mehrere Entwicklungszyklen dann zu einem Produkt heranreifen, das am Markt akzeptiert wird.

Die Lean-Startup Methode kann demnach in drei Schritte unterteilt werden:

  1. Die „leane" Produktentwicklung basierend auf einer Ausgangshypothese
  2. Feedbackgewinnung von Kunden durch einen frühen Markteintritt
  3. Feedbackanalyse und Aufstellung neuer Hypothesen

Dieser Zyklus wiederholt sich bei Lean-Startups mehrere Male, bis das Produkt vom Kunden am Markt angenommen wird, also ein Product-Market-Fit besteht.

Der Vorteil dieser Methodik: Durch wiederholtes intensives Feedback vom Kunden kann das Produkt nicht am Markt vorbei entwickelt werden. Millionen von Euro Entwicklungsbudget für ein Produkt, das am Ende niemand möchte, sind mit der Lean-Startup Methode unwahrscheinlich. Durch den engen Kontakt zur Zielgruppe können bereits von Beginn an Kunden gewonnen und eine Kundenbeziehung gepflegt werden.

Die Lean-Startup Methode bietet innovativen Start-ups also die Möglichkeit, kosteneffizient die Tauglichkeit einer Geschäftsidee am Markt zu prüfen und die Produktentwicklung schnell voranzutreiben. Die detaillierte Vorgehensweise der Lean-Startup Methode beschreiben wir nachfolgend beginnend mit Schritt 1.

Schritt 1: Schlanke Produktentwicklung basierend auf ersten Ausgangshypothesen

Bei einem Lean-Startup sollte wie bei jeder anderen Existenzgründung auch zu Beginn ein Problem im Vordergrund stehen, das es zu lösen gilt. Als Gründer eines Start-ups macht man sich daraufhin Gedanken, welches Produkt oder welche Dienstleistung hierfür geeignet sein könnte. Dieser Produktentwicklungsprozess basiert zu Anfang auf verschiedene Annahmen, die später noch am Markt bestätigt werden müssen.

Um dabei die Produktentwicklung möglichst schlank zu halten, genügt die Erstellung eines Business Model Canvas häufig aus. Ein aufwendiger Businessplan ist für ein Lean-Startup in der Regel nicht notwendig.

Wurde das Konzept erstellt, durchdacht und für schlüssig befunden, wird im nächsten Schritt das Produkt bzw. ein entsprechender Prototyp erstellt. Dieser sollte für sich alleine bereits einen Mehrwert bieten, dabei allerdings auf die wesentlichsten Funktionen und Eigenschaften reduziert sein. So kann auf das Aussehen beispielsweise weniger Wert gelegt und auf unnötige Zusatzfeature verzichtet werden. Bei Dienstleistungen wiederum werden die einzelnen Prozessschritte so weit wie möglich vereinfacht.

Ein solches Produkt in seiner minimalen Form wird als Minimum Viable Product, kurz MVP, bezeichnet.

Schritt 2: Der frühe Markteintritt und das schnelle Feedback vom Kunden

Sobald das MVP – basierend auf den Ausgangshypothesen – umgesetzt wurde, führt im nächsten Schritt der Lean-Startup Methode der Weg raus auf die Straße: Der Prototyp wird der potenziellen Zielgruppe vorgestellt und die ersten Kundenmeinung eingeholt. Das positive Feedback aus einer Befragung sollte allerdings nicht zu hoch gewichtet werden – letztlich zählt nämlich das tatsächlichen Kaufverhalten, das sich von den Umfrageergebnissen deutlich unterscheiden kann. Daher sollte der Prototyp oder die Dienstleistung in ihrer ersten Version den potenziellen Kunden bereits zum Kauf angeboten werden, sodass man das Produktinteresse noch besser beurteilen kann.

Durch die Variation des Produktpreises kann auch gleich die Zahlungsbereitschaft der Kunden geprüft werden. Ist man sich noch nicht über den optimalen Vertriebsweg einig, können auch hier kleine Tests durchgeführt werden. Denn bei einem Lean-Startup sollte nicht nur das Produkt selbst, sondern auch alle anderen unbestätigten Hypothesen auf Marktseite geprüft werden.

Im Rahmen des Verkaufsprozesses sollte man übrigens wie auch bei der Produktentwicklung möglichst „lean" vorgehen:

Schritt 3: Analyse des Kundenfeedbacks und Aufstellung neuer Hypothesen

Nachdem Sie Ihren ersten Markttest durchgeführt haben, gilt es nun das eingesammelte Kundenfeedback im Detail zu analysieren. Die Auswertung sämtlicher Daten soll insbesondere dazu dienen, die zu Beginn der Lean-Startup Methode aufgestellten Hypothesen zu bestätigen oder eben zu entkräften. So sollten nach dem ersten Test beispielsweise folgende Fragen mit einer mehr oder weniger hohen Genauigkeit beantwortet werden können:

  • Besteht das anfangs definierte Problem überhaupt?
  • Ist es ausreichend groß, um die Menschen zum Handeln zu bewegen – also für mein Produkt Geld auszugeben?
  • Habe ich überhaupt die korrekte Zielgruppe adressiert?
  • Ist der Vertriebsweg der richtige?
  • Muss der Verkaufspreis noch angepasst werden?

Einige Ihrer zu Anfang der Lean-Startup Methode aufgestellten Annahmen werden sich vermutlich als falsch herausstellen. Das ist aber gar kein Beinbruch und sollte eher als Erfolg gesehen werden, da Sie nun neue, verbesserte Hypothesen aufstellen können.

Machen Sie bei diesem Schritt als Lean-Startup übrigens nicht den Fehler und treffen Sie Entscheidungen basierend auf einer unzureichenden oder invaliden Datenmenge. Nichts ist ärgerlicher, als eine Hypothese zu entkräften, die sich bei einem späteren Markttest dann doch als valide herausstellt.

Und wie gehen Sie bei der Lean-Startup Methode nun weiter vor? Auf Basis Ihrer Analyse des Kundenfeedbacks können Sie Ihre Annahmen nun bestätigen, verwerfen oder neue Hypothesen aufstellen. Diese müssen Sie wiederum am Markt testen und das Kundenfeedback abwarten. Der Prozess beim Lean-Startup wiederholt sich also mehrere Male, bis man das gewünschte Feedback vom Markt erhält: Das optimale Produkt wurde geschaffen und kann nun in großen Mengen am Markt seinen Absatz finden.

Tipp

Greifen Sie auf einen Gründercoach zurück, der Sie bei der Konzeptentwicklung unterstützt.

Die Lean-Startup Methode: Ein Beispiel

Um das Konzept der Lean-Startup Methode besser nachvollzuziehen zu können, beschreiben wir nachfolgend die Vorgehensweise an einem praxisbezogenen Beispiel.

Die Idee: Projektmanagement-App für Handwerker

Informatiker Markus hat eine Idee für eine mobile Applikation. Er möchte Handwerkern eine einfache Möglichkeit bieten, die an einer Baustelle gearbeiteten Stunden und das eingesetzte Material schnell und einfach per Smartphone zu dokumentieren und dann automatisiert per App die Rechnung erstellen zu lassen. Er ist sich jedoch nicht sicher, ob die Software von den Handwerkern angenommen wird und möchte dies daher als Lean-Startup schnell und ohne zu großen Aufwand prüfen.

Schritt 1: Entwicklung eines Prototyps

Markus Vermutung ist es, dass Handwerker ihr Projektmanagement bisher noch häufig in schriftlicher Form durchführen und so wenig effizient arbeiten. Seine mobile App soll die Lösung dafür sein. Er entwickelt einen äußerst simplen Prototyp auf Android-Basis und stellt diesen in den Google App-Store zum kostenfreien Download ein. Die Funktionen sind auf das Minimum beschränkt und das Design ist sehr schlicht gehalten, dennoch bietet die App einen gewissen Mehrwert.

Schritt 2: Erste Downloads erzielen

Markus möchte im Rahmen der Lean-Startup Methode herausfinden, ob überhaupt Interesse an der App besteht und sie von seiner Zielgruppe heruntergeladen wird. Also bewirbt er die App mit einem Budget von wenigen hundert Euro per Google AdWords und FacebookAds. Gleichzeitig ruft er einige Handwerksfirmen an, stellt seine kostenlose App vor und bittet um Feedback.

Die Downloadzahlen überraschen Markus, denn sie fallend erfreuend hoch aus. Das Feedback der Handwerksfirmen ist allerdings ernüchternd, da der Funktionsumfang einfach zu gering ist. Diese Rückmeldung spiegelt sich auch im Nutzerverhalten der App wieder: Fast 90 % aller Handwerker deinstallieren die App innerhalb einer Woche. Die kontaktierten Handwerksfirmen nennen ihm jedoch diejenigen Funktionen, die ihnen ihre tägliche Arbeit deutlich erleichtern würden.

Schritt 3: Feedback analysieren und App verbessern

Für Markus hat sich der Einsatz der Lean-Startup Methode gelohnt: Er hat anhand der Downloadzahl erkannt, dass Handwerker tatsächlich Interesse an der Verwendung einer solchen Software haben. Durch das Feedback der Handwerksfirmen, weiß er auch, welche Funktionen unbedingt notwendig sind.

Markus erweitert seine App um wesentliche Funktionen, stellt sie wieder in den Google App-Store ein und schaltet Online-Werbung. Die deutlich geringere Deinstallations-Rate von 30 % gibt ihm Recht und er entwickelt seine App weiter. In der nächsten Version integriert er kostenpflichtige Premium-Features und testet dabei unterschiedliche Preismodelle. Das Ergebnis ist zufriedenstellend: Rund 20 % der aktiven Nutzer schließen ein bezahltes Abonnement über 12 Monate ab. Damit hat Markus bestätigt, dass Bedarf am Markt besteht und lässt von einem iOS-Entwickler nun auch eine App für alle iPhone-Nutzer programmieren. Denn er weiß, dass diese Investition sich in einem doppelten Umsatz widerspiegeln wird.

Durch sein Lean-Startup konnte Markus ohne zu hohen Entwicklungsaufwand die Markttauglichkeit seiner Idee feststellen. Hätte er zu Beginn direkt zwei App-Varianten mit womöglich dem falschen Funktionsumfang und einem ungeeigneten Bezahlmodell entwickelt, wäre er vermutlich aufgrund der hohen Initialkosten und dem nicht vorhandenen Product-Market-Fit gescheitert.

Fazit zur Lean-Startup Methode

Wer sein innovatives Produkt schnell und möglichst kostengünstig auf den Markt bringen möchte und dabei nicht den fehlenden Product-Market-Fit riskieren will, der sollte sich unbedingt an der Lean-Startup Methode orientieren. Diese eignet sich für Start-ups aus den meisten Branchen und kann die Chancen einer erfolgreichen Gründung deutlich erhöhen.

Selbst wenn das Markt-Feedback nach mehreren Test-Durchläufen weiterhin negativ ausfällt, kann eine krasse Richtungsänderung – der sogenannte Pivot – immer noch eine gute Lösung für ein Lean-Startup sein. Wir wünschen viel Erfolg beim Prüfen Ihrer Geschäftsidee!

Tipp

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Chefredakteur: René Klein

René Klein verantwortet als Chefredakteur seit über 10 Jahren die Inhalte auf dem Portal und aller Publikationen von Für-Gründer.de. Er ist regelmäßig Gesprächspartner in anderen Medien und verfasst zahlreiche externe Fachbeiträge zu Gründungsthemen. Vor seiner Zeit als Chefredakteur und Mitgründer von Für-Gründer.de hat er börsennotierte Unternehmen im Bereich Finanzmarktkommunikation beraten.