Rhetorische Fragen: Beispiele, Wirkung und Konter

Rhetorische Fragen im Führungsalltag von Start-up-Gründern

Rhetorische Fragen sind Werkzeuge der Gesprächsführung und damit wichtig für die Unternehmensführung. Wie sie funktionieren, welche rhetorischen Fragen typisch sind und wie ihr ihnen Paroli bietet, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Rhetorische Fragen
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1. Was sind rhetorische Fragen?

Rhetorische Fragen sind ein Stilmittel der Rhetorik. Dem Anschein nach ist eine rhetorische Frage eine Frage wie jede andere auch – mit einem wesentlichen Unterschied: Der Fragesteller erwartet keine Antwort, sondern stellt durch die Frage selbst eine Behauptung in den Raum. Die rhetorische Frage ist also eine Scheinfrage, durch sie möchte der Fragesteller das Gespräch oder die Gedanken des Befragten in die gewünschte Richtung lenken.

2. Welche Wirkung haben rhetorische Fragen?

Rhetorische Fragen kommen sowohl bei Vorträgen und Pitches als auch in Gesprächen mit Mitarbeitern und Kunden zum Einsatz. Mit einer rhetorischen Frage verfolgt der Fragesteller zwei wesentliche Ziele:

Eigene Aussage verstärken

Die rhetorische Frage stellt Behauptungen als Tatsache dar. Durch diesen Kniff möchte der Fragesteller erreichen, dass sich ein Sachverhalt in den Köpfen seiner Zuhörer verfestigt, damit soll die eigene Überzeugungskraft gestärkt werden. Die Frage wird zum Vehikel, um dem Gegenüber eine vermeintliche Tatsache „unterzujubeln“. Dabei handelt es sich in Wahrheit um eine subjektive Wertung, die als objektiv präsentiert wird.

Konfrontation / aktive Beteiligung

Ob als Zuhörer eines Vortrages oder als Gesprächsteilnehmer: Eine rhetorische Frage zwingt uns zur Auseinandersetzung, insbesondere dann, wenn der Redner eine Pause anschließt. Somit bezieht die rhetorische Frage Zuhörer aktiv mit ein, sei es als Denkanstoß oder in Meetings als Behauptung. Wie ihr euch hierbei souverän verhaltet, erfahrt ihr weiter unten im Abschnitt „Wie antworte ich auf rhetorische Fragen?“.

3. Wann setzt man rhetorische Fragen ein?

Immer dann, wenn ihr starke Aufmerksamkeit für eine bestimmte Aussage erhalten wollt.

Aufgrund ihres aktivierenden, konfrontativen Charakters sind rhetorische Fragen ein gutes Mittel, um Vorträge spannend zu gestalten und Langeweile zu vermeiden. Ihr könnt damit auch Meetings und Pitches sprachlich aufwerten.

4. Beispiele und Bedeutung rhetorischer Fragen

Rhetorische Fragen können das Gegenüber beflügeln und ermutigen. Etwa im Gespräch mit einem Mitarbeiter, der sich an euch, die Führungskraft, wendet: „Was könntest du jetzt tun, um das Problem zu lösen?“

Mit dieser Frage motiviert ihr den Mitarbeiter, selbst nachzudenken und sendet zugleich die Botschaft, dass ihr der Person zutraut, das Problem zu lösen. Ansonsten hättet ihr diese Frage nicht gestellt, womit sich der Kreis zur rhetorischen Frage wieder schließt: „Nehmen wir an, du wärst an meiner Stelle: Was würdest du tun?“

Diese Frage klingt so ähnlich wie die erste, lässt aber noch den Perspektivwechsel einfließen. Eure Botschaft lautet dann: „Nimm meine Perspektive als Führungskraft ein, das eröffnet dir neue Lösungsmöglichkeiten.“

Eine rhetorische Frage eignet sich auch für den lockeren Einstieg in einen Vortrag, zum Beispiel so: „Mal ehrlich, wollen wir nicht alle einen schnellen Weg zum Erfolg?“

Auch mittendrin kann eine rhetorische Frage auflockern, etwas Humor ist dabei je nach Publikum effektiv: „Glaubt mir, wenn ich euch sage, dass ich mich ebenso wie ihr mehr auf die After-Work-Party freue als auf irgendeinen der nächsten Vorträge?“

Ihr weckt die Menschen damit auf, bringt sie zum Nachdenken oder Schmunzeln. Auch in Meetings und Mitarbeitergesprächen könnt ihr rhetorische Fragen nutzen, etwa so: „Du selbst hast dich im Vorstellungsgespräch als High Performer beschrieben. Passt das aus deiner Sicht zusammen mit der jetzigen Bitte um mehr Raucherpausen?“

Weiterhin stellen wir euch weitere Alltagsbeispiele für rhetorische Fragen vor, die riskant in der Anwendung sind.

5. Schwarze Rhetorik: Vorsicht vor diesen Formulierungen und dem Subtext

Diese Beispiele sind leider recht beliebt in der Arbeitswelt und werden von Führungskräften an Mitarbeiter gerichtet – meist mit keinem guten Ergebnis, da ein negativer Subtext mitschwingt. Unter die jeweilige Frage haben wir diesen Subtext geschrieben.

  • Habe ich dir nicht klar und deutlich alles im Briefing hinterlegt? Der Fehler liegt auf deiner Seite.
  • Wie lange willst du diese Aufgabe vor dir herschieben? Hör auf zu trödeln und komm endlich in die Gänge.
  • Warum gehst du mit Unlust in unsere Meetings? Du wirkst in den Meetings nicht engagiert genug.
  • Warum ignorierst du meine Bitten? Du musst mit der Fülle an Informationen klarkommen und darfst vor allem meine nicht übersehen.
  • Wieso hat das so lange gedauert? Werde einfach schneller fertig, wie auch immer du das machst.
  • Meinst du das ernst? Ich nehme deinen Einwand nicht ernst.
  • Willst du lieber mehr Freizeit oder im Unternehmen vorankommen? Weniger Arbeit und trotzdem Karriere sind hier nicht möglich.
  • Wollen wir im Dezember nicht alle zufrieden auf das Jahr zurückblicken? Wir müssen uns als Team richtig anstrengen, plant schon einmal Überstunden ein.

Achtung: Wir raten von der Anwendung dieser Fragen ab, da sie zwar im Sinne der schwarzen Rhetorik mächtig in der Gesprächsführung wirken, aber schnell zu einer unangenehmen, angespannten Atmosphäre führen und die Unternehmenskultur beeinträchtigen.

Warum aber gehen so vielen Start-up-Gründern diese rhetorischen Fragen über die Lippen, selbst wenn sie um deren Destruktivität wissen? Oft steckt dahinter eine Unzufriedenheit, die sich aufgestaut hat, beispielsweise über die Leistung eines Mitarbeiters. Schnell rutscht einem dann impulsgeleitet eine der obigen rhetorischen Fragen heraus.

Besser: Ihr solltet das Feedbackgespräch suchen, um Unzufriedenheiten offen anzusprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen – damit es gar nicht erst zu rhetorischen Fragen kommt, welche die Kommunikation durch Doppeldeutigkeiten unnötig erschweren.

6. Wie antworte ich auf rhetorische Fragen?

Gründern und Führungskräften begegnen rhetorische Fragen selten von Seiten ihrer Mitarbeiter. Weitaus häufiger möchten Verkäufer, Kunden und Dienstleister euch mit rhetorischen Fragen lenken. Was antwortet ihr dann darauf? Dazu habt ihr mehrere Möglichkeiten, die wir anhand eines weiteren Beispiels veranschaulichen.

Wie auf eine normale Frage antworten

Das tun reflexartig die meisten Menschen. So werdet ihr etwa von einem Dienstleister gefragt: „Willst du lieber eine langfristige oder eine günstige Lösung?“

Hier würdet ihr zum Beispiel antworten: „Eine langfristige.“

Und schon seid ihr in der Verhandlung in der schlechteren Position, da ihr auf diese Weise die Behauptung akzeptiert habt, dass eine langfristige Zusammenarbeit teurer sein muss als eine kurzfristige. Ihr hättet euch aber auch geschickter verhalten können, indem er die Frage auf die Sachebene holt.

Auf die Sachebene wechseln

Hierbei wird die Schärfe bzw. der Druck aus der rhetorischen Frage genommen. Gemäß dem Beispiel könntet ihr so reagieren: „Mir geht es um eine Lösung, die sowohl langfristig als auch günstig ist. Ich bin mir sicher, dass wir diese finden werden.“

In diesem Fall bleibt derjenige, der mit der rhetorischen Frage konfrontiert wurde, sachlich und bei sich. Die Person lässt sich also von der rhetorischen Frage nicht aus der Reserve locken, weshalb sie auch nicht in die Falle tappt, zwischen einem womöglich konstruierten Entweder-oder-Spannungsfeld eine vorschnelle Wahl zu treffen.

Hierfür braucht es viel Klarheit und mentale Stärke. Außerdem solltet ihr euren eigenen Standpunkt gut kennen. Je gefestigter dieser ist, desto schwieriger wird es, euch durch rhetorische Fragen in eine andere Richtung zu lenken.

Die versteckte Botschaft offenlegen und widersprechen

Das Verborgene in der rhetorischen Frage zu enthüllen, nimmt ihr die Kraft. Das könnte dann so klingen: „Ich habe den Eindruck, dass Sie Langfristigkeit und Preisniveau gegenüberstellen. Dieser Zusammenhang erschließt sich mir nicht. Bitte erklären Sie mir das.“

Schon habt ihr den Ball zurückgespielt und die Gesprächsführung übernommen, denn jetzt ist der andere damit beschäftigt, sich eine gute Antwort zu überlegen. Ihr könnt auch mit einer rhetorischen Frage kontern: „Würden Sie an meiner Stelle einen Abschluss eingehen, wenn Ihnen jemand solch ein schwierig nachvollziehbares Angebot macht?“

Überlegt jedoch vorab, was konstruktiver ist. Sich gegenseitig mit rhetorischen Fragen hochzuschaukeln, führt selten zu befriedigenden Ergebnissen. Es kann aber auch genau der richtige Konter sein, um starken Rhetorikern die Stirn zu bieten, anstatt die Kommunikation komplett aus der Hand zu geben.

7. Rhetorische Frage mit Bedacht einsetzen

Die rhetorische Frage ist ein Stilmittel, das insbesondere bei Vorträgen und Pitches zum Einsatz kommt, um das Publikum wach und aktiv zu halten. Im persönlichen Gespräch kann sie je nach Formulierung nützen oder den anderen in die Ecke drängen. Überlegt euch daher gut, wann ihr welche rhetorische Frage einsetzen möchtet und zu welchem Zweck.

Überlegt euch weiterhin Antworten und Konter für rhetorische Fragen, die an euch gerichtet werden. Einer der effektivsten generellen Tipps hierbei lautet, die verdeckte Botschaft einer rhetorischen Frage klar zu benennen. Bleibt dabei stets bei euch, um Unterstellungen zu vermeiden: „Ich habe den Eindruck, dass ...“

So landet ihr nie wieder in einer defensiven Rolle durch rhetorische Fragen und könnt das Gespräch auf Augenhöhe fortsetzen.