Green Alley Award: der Wettbewerb für grüne Gründer

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Der Green Alley Award sucht europaweit nach Ideen aus der Recycling- und Abfallwirtschaft. Dass die Branche mehr vorzuweisen hat, als man als Außenstehender erwarten würde, zeigt uns das Interview mit Miriam Kehl. Sie gibt Einblick in den Wettbewerbsverlauf und verrät, worauf es bei einer erfolgreichen Bewerbung ankommt.

 

Für-Gründer: Zusammen mit Seedmatch richtet die Green Alley in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal den Green Alley Award aus. Welches Resümee ziehen Sie aus der allerersten Wettbewerbsrunde 2014?

Miriam Kehl, Green Alley Award: Als wir 2014 mit Seedmatch zum ersten Mal den Green Alley Award organisierten, konnten wir nur ahnen, aus welchem Ideenpotenzial Gründer in dem Zukunftsfeld Recycling und Abfall schöpfen würden. Denn einen Gründerwettbewerb für Start-ups in der Kreislaufwirtschaft gab es bis dahin nicht. Mit über 70 tollen Bewerbungen, die in der ersten Wettbewerbsrunde eingereicht wurden, hat sich unser Gefühl bestätigt: Gründerinnen und Gründer setzen sich intensiv für eine nachhaltige Wirtschaft ein und wollen selbst aktiv eine grüne Zukunft gestalten.

Gerade die Kreislaufwirtschaft, auf die wir uns spezialisiert haben und die von außen oft als unsexy und wenig attraktiv eingestuft wird, birgt vielfältige und spannende Möglichkeiten: Neuartige und teilweise auch unkonventionelle Ideen schärfen das Bewusstsein für unseren Umgang mit Ressourcen und Abfall im Alltag und können auch unsere Wirtschaft voranbringen. Manchmal sind diese Ansätze ganz einfach und doch genial:

Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass wiederverwendbare Versandverpackungen für den Online-Handel erst erfunden werden müssen oder dass sich Abfall der Kakaoproduktion hervorragend als umwelt- und gesundheitsfreundlicher Dünger für Gemüse und Blumen eignet?

Wir sind daher schon sehr gespannt, welche Neuerungen wir diesmal entdecken werden.

Für-Gründer: Gewonnen haben beim letzten Mal die Start-ups RePack, FoodLoop und GreenLab Berlin. Was hat sich bei den Preisträgern in den vergangenen Monaten getan?

Miriam Kehl, Green Alley Award: Nach nicht einmal einem Jahr können wir bereits sehen, wie sich die drei Preisträger weiterentwickelt haben. RePack aus Finnland haben viele neue Kunden in Skandinavien dazugewonnen und bereiten gerade erste Schritte in Richtung Internationalisierung vor. FoodLoop zog es nach dem Green Alley Award erst einmal ins Silicon Valley, nicht nur, weil es hier wertvolles technisches Know-how für die Weiterentwicklung ihrer App und Datenbank gibt, sondern auch, weil der für die FoodLoop App benötigte GS1 DataBar Barcode auf dem amerikanischen Markt bereits eingesetzt wird. Das Team von GreenLab Berlin hat das gewonnene Preisgeld gleich in die Produktion seines Schokodüngers gesteckt. Seit April arbeiten sie in unserem Green Alley Coworking-Space, um von dort das Marketing weiter voranzutreiben. Wir freuen uns, dass wir den drei Gewinnern mit unserer Auszeichnung einen kleinen Schubs in Richtung Erfolgskurs geben konnten.

Miriam Kehl Porträt Miriam Kehl ist Referentin des Vorstands der Landbell AG für Rückhol-Systeme und beim Green Alley Award für das Marketing zuständig

Für-Gründer: Nun geht es in eine neue Wettbewerbsrunde. Welche Neuerungen gibt es?

Miriam Kehl, Green Alley Award: Bereits in der letzten Runde haben wir festgestellt, dass das Engagement junger Ideengeber nicht an Ländergrenzen haltmacht. Einige Bewerbungen aus dem Ausland, unter anderem von RePack aus Finnland, gingen bei uns ein und machten einmal mehr deutlich, dass Abfall eine globale Herausforderung ist. Da lag es nahe, die zweite Runde etwas internationaler auszurichten. Daher suchen wir in diesem Jahr in ganz Europa nach Start-ups mit guten Ideen für eine grüne Wirtschaft.

Unterstützt werden wir von zwei neuen Partnern in UK: Die European Recycling Platform UK mit Sitz in London ist unser Experte für den Elektronikbereich und weiß, wie man wertvolle Rohstoffe aus Handys oder Fernsehern zurückgewinnen und recyceln kann. Unser zweiter Partner, Bethnal Green Ventures, ist unsere Verbindung zur Londoner Start-up-Szene. Mit einem dreimonatigen Accelerator-Programm unterstützt Bethnal Green Ventures Sozial- und Öko-Unternehmer, die die Welt mit Hilfe von Technologien verbessern wollen.

Unter dem Motto „connecting green ideas from Berlin to London" wollen wir gemeinsam Synergien zwischen den beiden wichtigsten Gründerstädten Europas schaffen. Auf diese Weise sollen nicht nur die Start-ups, sondern auch die Wirtschaft von einem europäischen Netzwerk der Green Economy profitieren.

Für-Gründer: An wen richtet sich der Green Alley Award, welche Gründungsideen suchen Sie?

Miriam Kehl, Green Alley Award: Egal ob grobe Idee oder Start-up in der Wachstumsphase, unser Gründerpreis ist offen für Geschäftsideen in jedem Entwicklungsstadium. Das einzige Muss: Die Geschäftsidee sollte etwas mit dem Thema Abfall zu tun haben.

Wir suchen Produkte, Dienstleistungen oder Technologien, die sich mit den Herausforderungen der Wegwerfgesellschaft, der Ressourcenknappheit und der Rückgewinnung von Rohstoffen auseinandersetzen oder Aufmerksamkeit für das Thema Recycling und Kreislaufwirtschaft schaffen.

Dazu zählen Ideen, die Abfall vermeiden oder wiederverwerten, recycelbare Materialien einsetzen, die Lebensdauer von Produkten erhöhen, Materialströme schließen oder einfach unseren Umgang mit Abfall verändern. Die globalen Herausforderungen sind ja bekanntlich vielfältig, von Plastikmüll in den Ozeanen bis zur Rückgewinnung seltener Erden aus Handys. Aber auch für Ideen mit ganz neuen Herangehensweisen oder Lösungen für noch unbekannte Probleme sind wir offen. Kurz zusammengefasst: Wer das Ziel hat, Abfall in eine Ressource zu verwandeln, ist beim Green Alley Award genau richtig.

Für-Gründer: Was kann der Preisträger in diesem Jahr gewinnen?

Miriam Kehl, Green Alley Award: In diesem Jahr erhält der Gewinner des Green Alley Awards ein Paket aus Geld- und Sachleistungen im Wert von bis zu 20.000 Euro. Diese Mischung ist uns sehr wichtig, denn unsere Erfahrung hat gezeigt, dass die meisten Gründer nicht nur wegen des Preisgelds an Gründerwettbewerben teilnehmen, sondern vielmehr Rat von Experten aus der Praxis suchen. Daher gibt es in diesem Jahr noch mehr Gelegenheit, unsere Experten und Know-how Träger zu treffen.

Alle Finalisten nehmen an Workshops mit Mentoren aus der internationalen Wirtschaft und der europäischen Gründerszene teil. Gerade weil wir eine Initiative aus der privaten Wirtschaft sind, haben wir ein großes Netzwerk an Fachleuten und zahlreiche Kontakte zu Unternehmen und potenziellen Kunden. Für Start-ups kann dieses Netzwerk ein Türöffner sein, aber auch dabei helfen, das eigene Geschäftsmodell zu stärken. Schon allein die Qualifikation als Finalist ist daher ein Gewinn. Der Preisträger des Green Alley Awards erhält zusätzlich ein Preisgeld, mietfreie Arbeitsplätze in unserem Coworking-Space in Berlin für sechs Monate und die Chance auf eine weitere Finanzierung durch ein Investment oder Crowdfunding.

Für-Gründer: Wie wird der Wettbewerb ablaufen?

Miriam Kehl, Green Alley Award: Bis zum 15. September können sich Gründerinnen und Gründer online mit ihren Ideen bewerben. Wir wollten, dass die Start-ups ihre Bewerbung so schnell und einfach wie möglich einreichen können: Inhaltlich fragen wir nur Punkte ab, über die sie sich ohnehin Gedanken machen sollten, wenn sie an ihrer Geschäftsidee arbeiten. Diese Punkte haben wir in unseren Application Guidelines zusammengefasst.

Wir akzeptieren klassische Pitch Decks, aber auch andere Bewerbungsformate wie beispielsweise Videos. Haben wir die Bewerbung erhalten, sind unsere Experten gefragt: Alle eingegangenen Bewerbungen werden von unserem Auswahlgremium begutachtet, das dann die Finalisten bestimmt.

Am 4. November laden wir die nominierten Start-ups zum Finale nach Berlin in unseren Green Alley Coworking-Space ein. Morgens geht es mit verschiedenen Workshops los, nachmittags öffnen wir die Türen für Medien und Gäste und schließlich pitchen die Finalisten vor unserer Jury. Noch am gleichen Abend wird der Gewinner des diesjährigen Green Alley Awards bekannt gegeben. Die Preisverleihung geht übrigens fließend in eine Party über und Netzwerken ist dabei äußerst erwünscht.

Für-Gründer: Was muss ein (angehender) grüner Gründer mitbringen, um es ganz weit im Wettbewerb zu schaffen?

Miriam Kehl, Green Alley Award: Wer den Green Alley Award gewinnen möchte, sollte nicht nur eine gute Idee haben, die die Kreislaufwirtschaft voranbringt oder ein Abfallproblem löst. Er oder sie muss auch die Fähigkeit besitzen, die Idee als Geschäftsmodell umzusetzen und zum Erfolg zu bringen. Dabei ist Engagement ganz wichtig und die Gabe, andere von seiner Idee begeistern zu können.

Wir freuen uns immer darüber, wenn Gründer für ihre Idee brennen und dieses Feuer in einem Pitch auch ihrem Publikum vermitteln können. Wichtig ist auch, offen für Ratschläge zu sein, vor allem von potenziellen Kunden oder Experten auf dem Gebiet. Und ein Gründer sollte sich immer bewusst sein, dass er zwar die Idee vorantreibt und die Strategie entwickelt, aber dass er auch ein starkes Team im Rücken braucht, das die Idee mit gleicher Begeisterung umsetzt.

Für-Gründer: Wie entwickelt sich die Green Economy Ihrer Meinung nach in Deutschland?

Miriam Kehl, Green Alley Award: Die Green Economy tritt immer stärker in den Fokus. Das zeigen zahlreiche Initiativen, die dieses Feld stärken. Angesichts knapper werdender Ressourcen müssen Unternehmen und Verbraucher weltweit ihr Verhalten überdenken. Eine grüne Transformation unserer Wirtschaft ist daher eine Notwendigkeit, die von jedem Unternehmen, egal welcher Branche und Größenordnung, vorangetrieben werden sollte.

In diesem Zusammenhang wird auch das Thema Kreislaufwirtschaft immer wichtiger, da im Abfall viele wertvolle Ressourcen stecken. Wir sind stolz darauf, dass die mit dem Green Alley Award ausgezeichneten Ideen einen wichtigen Beitrag zu Green Economy in Europa leisten. Mit unserem Gründerwettbewerb waren wir die ersten auf diesem Gebiet. Andere folgen nun und bestärken damit unser Bestreben, mehr Aufmerksamkeit für grüne Start-ups zu schaffen. Mit unserem speziellen Fokus auf die Kreislaufwirtschaft sind wir immer noch einzigartig in Europa. Wichtig für die Green Economy ist, nicht in Ländergrenzen zu denken, sondern europäisch bzw. international.

Für-Gründer: Welche drei konkreten Tipps können Sie insbesondere grünen Gründern mit auf den Weg geben?

Miriam Kehl, Green Alley Award: Grüne Gründungen haben einen speziellen Förderbedarf, sowohl bei der Finanzierung als auch in der Thematik. Daher sollten sich grüne Start-ups unbedingt an Spezialisten in ihrem Fachgebiet wenden, auch um rechtliche Fallstricke zu umgehen. In der Kreislaufwirtschaft wird dies besonders deutlich, denn hier gibt es strenge gesetzliche Vorgaben, die in jedem Land unterschiedlich sind. Mein zweiter Tipp ist, regelmäßig an Wettbewerben und Gründerpreisen teilzunehmen. Gerade das Feedback, das man hier von Fachleuten erhalten kann, und die öffentliche Aufmerksamkeit sind unbezahlbar und können weitere Türen öffnen. Und zu guter Letzt: Man sollte sich niemals entmutigen lassen!

Für-Gründer: Vielen Dank für das Interview!

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